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Jörg Sutter

Es wird einfacher – Wachstumschancengesetz beschlossen

Investitionen im Baubereich werden nun stärker gefördert. Foto: Sutter

Am vergangenen Freitag hat endlich auch der Bundestag dem lange diskutierten Wachstumschancengesetz zugestimmt. Es schafft etliche Vereinfachungen, von denen die Wirtschaft, in vielen Fällen aber auch die Betreiber von Solaranlagen oder Unternehmen der Solarbranche, profitieren.

Das Ziel des „Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“ – kurz „Wachstumschancengesetz“ – ist, die Liquiditätssituation der Unternehmen zu verbessern. Mehr Geld soll in der Kasse bleiben, weniger steuerliche Ausgaben und Bürokratie erfolgen. Oder wie es im Koalitionsvertrag der Ampel vereinbart wurde: „Wir wollen Abläufe und Regeln vereinfachen und der Wirtschaft, insbesondere den Selbstständigen, Unternehmerinnen und Unternehmern mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben schaffen.“

Auswahl der beschlossenen Änderungen

  1. Geschenke, die nicht an eigene Arbeitnehmer gegeben werden, dürfen nun 50 Euro statt bisher nur 35 Euro kosten und trotzdem steuerlich abgesetzt werden.
  2. Für die steuerliche Betrachtung der Privatnutzung von Elektrofahrzeugen wird die Grenze der Anschaffungskosten von 60.000 auf 70.000 Euro angehoben. Auch teurere Fahrzeuge können nun vereinfacht auch privat genutzt werden.
  3. Die degressive steuerlichen Abschreibung von Investitionen (AfA), die wegen Corona eingeführt wurde und dann bis zum 31.12.2022 verlängert wurde, darf nun noch im Zeitfenster zwischen 31.3.2024 und 31.12.2024 genutzt werden. Als Obergrenze wurde das Zweifache der linearen Abschreibung und maximal 20 % festgelegt, geplant waren ursprünglich 25 %. Eine schnellere steuerliche Abschreibung bedeutet eine Minderung der aktuell abzuführenden Steuerlast für das Unternehmen bzw. den Unternehmer.
  4. Ebenfalls kann eine degressive Abschreibung bis ins Jahr 2029 für die Anschaffung oder Herstellung von Wohngebäuden genutzt werden. Hier wurde der Satz von 6 auf 5 % pro Jahr im Rahmen der Kompromissfindung im Vermittlungsausschuss abgesenkt. Das soll den Baubereich anreizen.
  5. Sonderabschreibungen sind für Betriebe mit Gewinnen unter 200.000 Euro im Vorjahr mit bis zu 40 % möglich, auch das kann die Steuerlast von Unternehmen deutlich reduzieren. Das gilt allgemein für Wirtschaftsgüter, die von Unternehmen angeschafft werden; spezielle Regelungen gelten für die Anwendung bei neuen Mietwohnungen, die damit stärker gefördert werden.
  6. Im Bereich der Gewerbesteuerpflicht steigt für Grundstücksunternehmen bei der erweiterten Kürzung die Unschädlichkeitsgrenze von 10 auf 20 %. Damit soll der Ausbau von PV-Anlagen und der Aufbau und Betrieb von Ladesäulen weiter vorangebracht werden. Grundstücksgesellschaften sind – wenn sie nur vermieten – gewerbesteuerfrei. Bislang bestand das Risiko, durch den Betrieb einer PV-Anlage oder einer Ladesäule diese Gewebesteuerfreiheit zu verlieren. Nun können ab 2023 bis zu 20 % der Einnahmen erzielt werden, ohne den Steuervorteil zu gefährden.
  7. Für Kleinunternehmen wird es ebenfalls einfacher: Ab 2025 sollen erst ab 2.000 Euro jährlicher Steuerzahlung (bisher 1.000 Euro) Umsatzsteuer-Vorauszahlungen und die Abgabe von Voranmeldungs-Erklärungen nötig werden. Und: Die Grenze der Wahl zur Ist-Besteuerung wird wie geplant von 600.000 auf 800.000 angehoben.
  8. Die Buchführungspflicht nach Abgabenordnung (bisher ab 60.000 Euro Jahresgewinn oder 600.000 Euro Jahresumsatz) wird auf höhere Grenzbeträge (80.000 bzw. 800.000 Euro) angehoben. Unterhalb diesen Grenzen genügt eine Gewinnermittlung per Einnahmen-Überschuss-Rechnung (vereinfachte Buchführung).
  9. Auch Privatpersonen können profitieren: So wird die Freigrenze für private Veräußerungsgewinne (durch private Verkäufe) von 600 auf 1.000 Euro erhöht, bei gemeinsam veranlagten Ehepartnern kann jeder zukünftig die Freigrenze bis 1.000 Euro nutzen.
  10. Weitere langfristige Vereinfachungen sind im Rahmen der Einführung der elektronischen Rechnungen zu erwarten, hier wurden im Rahmen des Wachstumschancengesetzes ebenfalls etliche Änderungen vorgenommen, um die „eRechnung“ weiter einzuführen. So sollen allgemein bis Ende 2026 und für Unternehmen bis 800.000 Euro Jahresumsatz bis Ende 2027 noch Papierrechnungen und Rechnungen in pdf-Format erlaubt sein, danach muss die Rechnungsstellung elektronisch erfolgen.

Zu einem noch späteren Zeitpunkt folgt dann noch ein viel weitreichenderer Schritt: Elektronisch ausgestellte Rechnungen müssen dann bei Rechnungsstellung gleich elektronisch an die Behörden übermittelt werden. „Am Finanzamt vorbei“ wird dann nicht mehr gehen, wie es in anderen europäischen Ländern bereits eingeführt ist. Im Moment ist aber noch komplett unklar, wann das – bei der bei uns vorzufindenden Digitalisierungsgeschwindigkeit eher später als früher – kommen wird.

Gestoppte Änderungen

Im Rahmen der Kompromissfindung im Vermittlungsausschuss wurden auch einige geplanten Vereinfachungen und Änderungen verworfen. Dazu gehört zum Beispiel die Erhöhung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.000 EUR netto, sie bleibt also bei 800 Euro netto plus Umsatzsteuer.

Der geplante erweiterte Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 Einkommenssteuergesetz wurde genauso gestrichen wie die vorgesehene Anhebung des Fördersatzes für die steuerliche Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen nach § 35c Abs. 1a EstG. Das betrifft zum Beispiel Maßnahmen der Wärmedämmung, Erneuerung von Fenstern oder Außentüren, aber auch den Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung (Energiemanagementsysteme). Hier bleibt es also auch bei den bisherigen Förderhöhen, aufgrund der Komplexität empfiehlt es sich weiter, hier einen Energieberater einzuschalten.

Weitere kommende Vereinfachungen

Das Wachstumschancengesetz ist aktuell nicht die einzige politische Maßnahme, um Unternehmen und wirtschaftlich Tätige zu entlasten. Mit einem weiteren Gesetz, dem 4. Bürokratieentlastungsgesetz, sollen bald weitere Entlastungen umgesetzt werden. Die Regierung hat den Entwurf am 13. März beschlossen, jetzt folgt hier noch das parlamentarische Verfahren, das wie immer nicht in der Länge abgeschätzt werden kann.

Hierbei sollen beispielsweise die Aufbewahrungsfristen für Belege (steuer- und handelsrechtlich) von 10 auf 8 Jahre verkürzt werden. Das wird dann auch Solaranlagenbetreiber betreffen, die Änderung soll sowohl in der Abgabenordnung als auch im Umsatzsteuergesetz vollzogen werden. Ab wann das gelten wird ist derzeit aber noch unklar.

Weiterhin soll in vielen Gesetzen die „Schriftform“ durch „Textform“ ersetzt werden, so dass später z.B. Vertragsänderungen u.v.m. per Mail auch rechtlich Gültigkeit erlangen – eine große Erleichterung in der täglichen Unternehmenspraxis wird hier die Folge sein.
Und für alle Reisenden (zumindest die mit deutscher Staatsangehörigkeit) wird dann endlich auch der leidige Meldezettel in den Hotels endgültig abgeschafft.

Hinweis zu Beratung

Für alle Hinweise rund um steuerliche Themen gilt: Bevor Sie für sich Entscheidungen treffen, verlassen Sie sich bitte nicht nur auf den hier dargestellten kurzen Überblick, da das Steuerrecht komplex ist. Wichtig sind auch immer die Stichtage, ab wann entsprechende Regelungen gelten und Ausnahmen, die eventuell im „Kleingedruckten“ der Gesetze und Regelungen zu finden sind. Kontaktieren Sie bitte grundsätzlich Ihnen Steuerberater zu Ihren persönlichen steuerlichen Fragen.

Gesetzentwurf des Wachstumschancengesetzes