Eine Betrachtung von Jörg Sutter

In dieser Woche hat die Bundesnetzagentur berichtet, dass der PV-Ausbau im Oktober wieder leicht angestiegen ist, nachdem im Oktober ein neuer Tiefststand von nur unter einem Gigawatt zugebaut wurde. Ein positives Zeichen? Ja, schon ein kleinwenig. Seit Januar bis Ende Oktober wurden aber gerade einmal 13 GW neu angemeldet – man muss also annehmen, dass der Zielwert von 18 GW in diesem Jahr deutlich verfehlt wird.
Gibt es Hoffnung für die Zukunft? Ja, zumindest langfristig. Denn vor einigen Tagen (genauer am 13.11.2025) hat eine Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) den Bundestag in 2. und 3. Lesung passiert. Diese enthält umfangreiche Änderungen, vor allem in der Umsetzung von europäischen Regelungen in nationales Recht. Ich möchte mich hier auf den Aspekt des „Energy Sharing“ konzentrieren.
Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung hatte die DGS im Juli eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben. Aber wurden unsere kritischen Anmerkungen im jetzt beschlossenen Gesetz berücksichtigt? Schauen wir mal genau hin.
Erster Kritikpunkt §3
In §3 bei den Begriffsbestimmungen haben wir ausführlich auf das Problem des Begriffes der „Kundenanlage“ hingewiesen, der vor allem bei Quartierslösungen oder Mieterstromprojekten seit einer BGH-Entscheidung vom Mai 2025 mit großen Fragezeichen versehen ist. Genau dazu hatte der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) und die DGS Franken gemeinsam ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben, wie in den DGS-News berichtet.
Der Gesetzgeber hat zur Kundenanlage nun eine Änderung im EnWG vorgenommen, jedoch nicht in der Art, die das Gutachten vorschlägt. Die nun verwendete Form einer Art eines dreijährigem Bestandschutzes wirft juristisch mehr Fragen auf, als sie beantwortet.
Zweiter Kritikpunkt §5 Abs. 4a
In §5 Absatz 4a sollte im Sommer geregelt werden, dass von Stromlieferanten eine gewisse wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gefordert wird. Hintergrund dazu waren Insolvenzen von größeren Stromanbietern in der Vergangenheit. Die DGS hatte dabei kritisiert, dass sich diese Forderung auch auf Mieterstrom und GGV-Stromlieferanten bezogen werden kann, was hier unnötige Bürokratie und Kosten schafft. Ergebnis: Unser Hinweis wurde nicht berücksichtigt.
Dritter Kritikpunkt Energy Sharing
Der 3., 4. und 5. Kritikpunkt drehten sich um das Energy Sharing, das mit dem Gesetz nun eingeführt wird. Genannt wurde im ursprünglichen Gesetzentwurf der 1.6.2026 als Start der ersten Stufe des Energy Sharing (innerhalb des lokalen Stromnetzes eines Netzbetreibers), gleichzeitig aber eine Frist von einem Jahr nach Verabschiedung des Gesetzes für die Umsetzung der dafür notwendigen IT-Technik.
Ergebnis: Unser Hinweis wurde nur teilweise berücksichtigt. Es wurden zwar noch Änderungen am §42 c vorgenommen, diese beziehen sich aber nur auf eine Klarstellung der Tätigkeit der Gesellschafter (bei einer Personengesellschaft) und auf die zusätzlich ergänzte Möglichkeit einer viertelstündlichen Lastgangmessung beim Verbraucher des geteilten Solarstroms. Der Startpunkt zum 1.6.2026 bleibt erhalten, die konkreten Fristen für die nötige IT soll nun die Bundesnetzagentur festlegen.
Vierter Kritikpunkt Betreibereinschränkung
Im ursprünglichen Gesetzentwurf kritisierten wir die Einschränkung auf Betreiber der PV-Anlage, bei denen der Anlagenbetrieb nicht überwiegend gewerblich ist. Diese Passage im Gesetzestext wurde zwar noch überarbeitet, die wesentliche Einschränkung bliebt nun aber bestehen.
Fünfter Kritikpunkt
DGS forderte in der Stellungnahme eine Steigerung der Attraktivität für Energy-Sharing, zum Beispiel durch die Reduzierung von Netzgebühren. Dies wurde ebenfalls nicht umgesetzt.
Fazit: Großteils Ignoranz, aber trotzdem Hoffnung
Zwar wurde an einigen Stellen der ursprüngliche Gesetzentwurf verändert. Von den Kritikpunkten, die in der DGS-Stellungnahme formuliert waren, wurde aber praktisch nichts ins jetzt beschlossene Gesetz übernommen.
Trotzdem kann man es auch positiv betrachten: Wenn die Spielregeln des neuen EnWG eingehalten werden, können vermutlich schon im folgenden Jahr erste Solaranlagen umgesetzt werden, die Strom teilweise an Dritte weitergeben. Echtes Energy Sharing über das Stromnetz wird also endlich Realität. Und dieses neue Konzept wird zu einem neuen Potential für PV-Projekte und deren Umsetzung. Was uns wieder ein wenig weiter in der Umsetzung der Energiewende bringt.
