Über eine Studienvorstellung berichtet Heinz Wraneschitz

„Ja, aber dann brauchen wir doch noch mehr Kohle- oder Gasstrom.“ Die Verunglimpfung von Wärmepumpen als Heizungsquelle für Häuser oder Wärmenetze kommt von vielen Seiten der Bevölkerung wie auch der Politik. Zu solchen Mythen der Energiewendegegner gibt es heute einen eigenen News-Beitrag. Hier aber geht es um das Gegenteil von mehr Stromverbrauch. In einer Studie – wenn auch im Auftrag des Bundesverband Wärmepumpe (BWP) entstanden – wurde nachgewiesen: „Wärmepumpen im Verteilnetz bringen Flexibilität für Verbraucher und (Strom-)System.“
„Flexible Wärmepumpen (WP) entlasten Stromnetze und senken Kosten für Verbraucher.“ Dieses zumindest auf den ersten Blick sehr überraschende, wesentliche Ergebnis präsentierte Christian Linke von der Beratungsfirma Consentec am vergangenen Montag online vor Pressevertreter:innen. Denn WP könnten Strom vorausschauend dann beziehen und das Haus etwas mehr aufheizen, wenn regional viel Sonnenstrom da ist. Und anschließend kann das Gebäude auch mal ein paar Stunden von der in ihm gespeicherten Wärme zehren.
Doch Linke, einer der Studienautoren, gab auch zu: Damit das wirklich Realität werden kann, braucht es vor allem zwei Entwicklungen:
- Der Ausbau der Erneuerbaren Stromerzeugung muss immer weiter steigen.
- Und: „Damit ein gesamtwirtschaftlich sinnvoll gesteuerter Einsatz der Wärmepumpen funktioniert, müssen Informationen über Stromangebot und Netzkapazitäten zur Verfügung stehen und verarbeitet werden können. Mit der vorhandenen technischen Infrastruktur ist das oftmals noch nicht möglich.“
Smart Meter Rollout unsäglich hinterher
Sprich: der seit vielen Jahren von Verbraucherverbänden immer wieder angemahnte sowie von Politik und Stromnetzbetreibern versprochene „Smart Meter Rollout“ müsse endlich schnell und überall umgesetzt werden. Denn dann könnten die Betreiber:innen von Wärmepumpen jene 15-Minuten-Perioden genau ausnutzen, in denen zu viel Strom in den (Verteil-)Netzen vorhanden ist.
Ab dem nächsten Jahr 2026 gelten genau diese kurzen Börsenstrom-Zeiten auch für Privatleute. Doch die wenigsten Menschen hierzulande haben ein Smart Meter überhaupt gesehen, geschweige denn ein solches Messsystem im Zählerschrank. Hierzulande ist gerade einmal die Hälfte der alten Stromzähler mit Drehscheibe durch „Moderne Messeinrichtungen“ ersetzt, also durch elektronische Zähler. Doch so genannte „Intelligente Messsysteme“, also Smart Meter, sind aktuell sage und schreibe in drei von 100 Kellern vorhanden, wie BWP-Geschäftsführer Martin Sabel vorrechnete. „Bei Großverbrauchern über 10.000 kWh jährlich soll der Rollout beginnen“, verlautete im Jahr 2020 der Netzbetreiberverband BDEW. Da galt die Verordnung aber bereits vier Jahre.
Skandinavien – trotz kälteren Klimas mehr Wärmepumpen
„Tatsächlich sind wir da in Deutschland hinterher – in Skandinavien funktioniert das schon seit zehn Jahren“, erwähnte Sven Kersten vom Industrie-Beirat des BWP. Im Hauptberuf arbeitet er für NIBE. Dieser schwedische WP-Hersteller beheizt dort nach eigenen Angaben „seit 1952 damit Häuser“. Laut Kersten haben aber „alle Hersteller die flexible Steuerung schon lange integriert“. Dank Künstlicher Intelligenz finde die WP selber die nahe Entwicklung von Strompreisen und Netzentgelten heraus, genauso wie die Wettervoraussage und mehr. Alles werde „verarbeitet für Netzdienlichkeit und Komfort. Und an alten Wärmepumpen kann man meist modernes Energiemanagement nachrüsten“, ergänzte er.
Sabel wiederum erläuterte, dass WP einerseits „deutlich weniger Gesamt-Energie verbrauchen und somit deutlich schon beim heutigem Strommix um Faktor Zwei bis Drei klimaneutraler sind als Brennwertheizungen“. Und andererseits „gibt es anders als beim Gas beim Strom für die WP keine Importabhängigkeit. Denn wir haben hierzulande ähnlich viel Elektrizitäts-Import wie Export“, rechnete er vor. Und er vergaß nicht, in seinem Fazit nochmals darauf hinzuweisen, was schon die Einladung zur Präsentation versprach: „Die Strombezüge von Wärmepumpen können flexibel gesteuert werden und damit an den Belangen des Erzeugungssystems und der Stromnetze ausgerichtet werden. Hierdurch lassen sich sowohl Strombezugskosten als auch Netzausbaukosten reduzieren.“
„Mehr machen als immer nur nachdenken, ob man`s machen kann“, schlug deshalb NIBE-Mann Sven Kersten auch den Deutschen vor. Zumindest ein Aspekt lässt hoffen: Im ersten Halbjahr 2025 lag der Anteil der Wärmepumpen an den neu installierten Heizsystemen hierzulande bereits bei 47 Prozent. 2025 waren WP gerade mal ein Viertel der neu installierten Wärmeerzeuger für Gebäude, wie BWP-Geschäftsführer Seibel anhand von Marktdaten erläuterte.
