Eine Zusammenfassung von Jörg Sutter

DNV ist ein international tätiges Unternehmen im Bereich Risiko-Management mit Hauptsitz in Bærum, Norwegen. Über 15.000 DNV-Mitarbeiter:innen beraten Unternehmen in den verschiedensten Bereichen. In der vergangenen Woche (KW 41/2025) hat DNV eine ausführliche Studie zum Stand der weltweiten Umsetzung der Energiewende veröffentlicht, den Energy Transition Outlook 2025. Und nicht nur das: In einer hochkarätig besetzten Runde wurden einige Energieexperten um ihre Einschätzungen dazu befragt. Die DGS war live dabei.
Die wichtigsten Ergebnisse hat gleich zu Beginn Remi Eriksen vorgetragen, der Vorstandsvorsitzende der DNV. So sei der Politikschwenk in den USA im Bereich der Energiepolitik weltweit betrachtet nicht als sehr dramatisch bezeichnet, denn die USA stehen gerade einmal für 15 % des weltweiten Primärenergieverbrauchs. So bitter der Schwenk sei: Am weltweiten Trend hin zu erneuerbaren Energien werde sich dadurch nichts ändern. Denn nach DNV-Prognose wird 2050 inzwischen die Hälfte der weltweiten Energieversorgung aus erneuerbaren Energien gedeckt. Eine zweite Abschätzung: Der Energiehunger der KI-Nutzung werde weitergehen und bis 2040 rund 3 Prozent des weltweiten Strombedarfs (in den USA sogar 12 Prozent) benötigen. Dazu komme der deutlich steigende Verbrauch an Strom für Elektrofahrzeuge und auch Raumklimatisierung (elektrische Klimaanlagen) weltweit, die nach DNV den weltweiten Strombedarf bis 2040 in diesen Sektoren vervielfachen werden.
Hier kann nicht der schleppende E-Auto-Zuwachs in Deutschland als Maßstab genommen werden. Denn weltweit wurde in diesem Jahr bereits der Meilenstein von 50 Millionen E-Fahrzeugen erreicht, davon 60% in China, 13 % in den USA und 21% in Europa.
Eine weitere gute Nachricht: Die Elektrifizierung sei ein Megatrend und zugleich ein großer Schritt wegen der großen Energieeffizienz. Der weltweite Stromverbrauch steige rasch, aber der Anteil der erneuerbaren Stromerzeugung steige noch schneller; DNV erwartet bis 2040 einen weltweiten EE-Anteil von 65 % beim Strom, der Hauptteil davon werde von der Solarenergie getragen
Und ein weiterer Trend breitet sich weltweit aus, den wir in Deutschland schon länger kennen: Die Stromerzeugung „behind the meter“, also privat wie im Gewerbe hinter dem Stromzähler des Stromnetzes, wird laut DNV-Prognose weltweit bis 2060 bei der Solarenergie einen Anteil von 30%, über alle Stromerzeugungen von 13 % haben. Die Dezentralisierung der Energieerzeugung ist also ebenfalls nicht mehr aufzuhalten.
Gedämpft ist hingegen die Aussicht für die Wasserstoffnutzung: Ging DNV vor drei Jahren für das Jahr 2050 noch von einem H2-Anteil von knapp 5 % bei den Energieträgern aus, wurde diese Vorhersage in diesem Jahr auf 3,5% reduziert.
Einschätzungen von Experten
Der Präsentation der Ergebnisse folgten zwei Panels mit Fragen an Energieexperten. Darin wurden besonders einige Änderungen der Rahmenbedingungen diskutiert, die direkt Auswirkung auf die Energiewende weltweit haben. Tom Middendorp aus den Niederlanden betonte den Bedarf nach Resilienz in der Energieversorgung;ein Wunsch, der aufgrund der weltpolitischen Probleme – von der amerikanischen Politik bis zur Rohstoffabhängigkeit von China – durchschlägt. Niels Redeker aus der Klimaabteilung des niederländischen Wirtschaftsministeriums betonte ebenfalls die notwendige Sicherheit der Energieversorgung, aber auch Probleme bei Energiepreisen und Netzausbau.
Manon van Beek als CEO vom Netzbetreiber Tennet machte deutlich: Für den Netzausbau gebe es kein technologisches Problem, sondern vor allen zu lange Genehmigungszeiten (10 Jahre bei 2 Jahren Bauzeit), Probleme bei den Lieferketten und auch bei der Finanzierung. Denn oftmals sei auch der Netzausbau den Hin- und Her-Entscheidungen der Politik ausgesetzt und es lägen kaum richtig langfristige Pläne und Strategien vor.
Letzteres bestätigte auch Karin van Selm, die als CEO Europa von der Rabobank am Panel teilnahm. Am Kapitalmarkt sei zwar viel Geld verfügbar, aber die politische Unsicherheit und unvorhersehbare politische Entscheidungen – wie jetzt beim Windkraftausbau in den USA – seien Gift für Investoren.
Ray See, CEO EuroAsia vom chinesischen Batteriehersteller CATL betonte: Inzwischen hätten selbst Schwerindustrien wie zum Beispiel die Bergwerksminen in Afrika und Südamerika die Vorteile von Batterien erkannt investierten hier selbst massiv. Er erwähnte fast nebenbei, dass allein bei CATL rund 20.000 Forscher und Ingenieure arbeiten, die die Technik weiterentwickeln und teils gekoppelt mit Finanzierungen dann als Innovationen auf den Markt bringen.
Mein Fazit der Vorstellung
Viele der Probleme, die in Deutschland bei der Energiewende auf dem Tisch liegen, sind auch weltweit relevant, so der Netzausbau und die politischen Unwägbarkeiten. Doch die Energiewende ist weltweit unumkehrbar und läuft mit schnellem Tempo: Der bei uns so oft bemühte Vergleich mit einem Marathonlauf verbietet sich deshalb, zum Beispiel mit Blick auf die Geschwindigkeit in China. Deutschland und Europa müssen aufpassen, dass wir nicht bald im weltweiten Wettstreit weit hinterherlaufen.
Service
Der Energy Transition Outlook 2025 mit 134 Seiten in englischer Sprache kann hier heruntergeladen werden. Eine Kurzzusammenfassung ist hier – ebenfalls in englisch – verfügbar.