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Jörg Sutter

Energy Sharing kommt – und weitere geplante Änderungen im EnWG

Eine Analyse von Jörg Sutter

Entwurf EnWG
[Bild: Gesetzentwurf]

Das Energiewirtschaftsgesetz soll geändert werden; ein aktueller Referentenentwurf liegt vor. Darin wird wieder ein neuer Anlauf für das Energy Sharing vorgenommen. Aber auch andere Details lassen aufhorchen.

Kurz vor der Sommerpause hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE), das seit dem Regierungswechsel ohne „K“ für Klima daherkommt, einen Gesetzentwurf präsentiert, mit dem das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und weitere Energiegesetze geändert werden sollen. Der Entwurf ist jedoch nichts Neues, sondern entspricht in ganz wesentlichen Punkten dem Entwurf der alten Regierung, der im vergangenen Jahr erstellt wurde – ganze Passagen sind komplett wortgleich. Damals hat es der Gesetzentwurf bis zum Regierungsbeschluss im November geschafft; danach zerbrach die Regierung und der Gesetzesentwurf blieb liegen. Die DGS hat den damaligen Entwurf auch mit einer Stellungnahme kommentiert.

Die für die DGS relevanten Aspekte der Solarspitzen wurden dann Anfang diesen Jahres aus dem EnWG herausgelöst und als „Solarspitzengesetz“ im Februar verabschiedet. Der übrigen geplanten Änderung blieben erst einmal liegen und sollen jetzt im Herbst verabschiedet werden.

Bedeutung für die PV

Auch wenn viele Regelungen zu PV aus dem Entwurf entfernt wurden, gibt es doch einige Aspekte, die für unsere Branche interessant sind, darunter vor allem das Energy Sharing, das nun endlich eingeführt werden soll. Zu Beginn der Lektüre des 225 Seiten starken Entwurfs wird jedoch schon deutlich, dass sich der energiepolitische Wind in Berlin mit der neuen Regierung ein wenig gedreht hat: Schon in der Einleitung wird nicht mehr – wie noch im alten Entwurf der Ampel – von stark steigendem Stromverbrauch gesprochen, auch vom „zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien“ (alter Entwurf) ist nicht mehr die Rede. Stattdessen sind neue Punkte in die Gesetzesbegründung aufgenommen, darunter Aspekte der Finanzierung und Abrechnung durch Netzbetreiber, die scheinbar derzeit noch nicht rund läuft, sowie Aspekte des Smart-Meter-Rollouts.
Doch die Gesetzesbegründung beruhigt wieder. Zitat: „Um zur Erreichung der Klimaschutzziele aus dem Übereinkommen von Paris beizutragen, ist es wichtig, dass Deutschland spätestens im Jahr 2045 klimaneutral ist. Dabei ändert sich die Struktur der Stromerzeugung in Deutschland erheblich. Der zügige Ausbau der erneuerbaren Energien (EE) und der im Zuge der Energiewende massiv steigende Strombedarf erfordern einen schnellen Ausbau und sicheren Betrieb des deutschen Stromübertragungsnetzes.“ Also keine Kehrtwende des Gesetzgebers, wie manch einer befürchtet hat – zumindest was das Ziel 2045 betrifft.

Der Gesetzgeber kalkuliert auch, was das neue Gesetz für Bürgerinnen und Bürger sowie für die Industrie an finanziellen Auswirkungen bringt: „Dieses Gesetz führt für Bürgerinnen und Bürger weder zu zusätzlichem Erfüllungsaufwand noch zu einer Entlastung“. Für die Industrie schlagen einmalig 53 Mio. Euro als neue Bürokratiekosten zu Buche, eine Entlastung in Höhe von 10,9 Mio. Euro pro Jahr soll sich daraus ergeben. Moment: Wollte die neue Bundesregierung nicht gleich Bürokratie abbauen? Zumindest hier passiert erst einmal das Gegenteil.

PV-Anlage
[Bild: Sutter]

Batteriespeicher in öffentlichem Interesse

Ein spannender Satz findet sich im Gesetzentwurf in § 11c: „Die Errichtung und der Betrieb von Energiespeicheranlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit“. Wem kommt dieser Satz bekannt vor? Richtig, das steht wortgleich im EEG für die PV und andere erneuerbare Erzeugungsanlagen. Ergänzt wurde im aktuellen Entwurf nun auch der zweite EEG-wortgleiche Satz: „Bis die Stromversorgung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, soll der beschleunigte Ausbau von Energiespeicheranlagen als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführende Schutzgüterabwägung eingebracht werden“. Wortgleich ist das auch in einem neuen Absatz 10 in §14 d enthalten und soll für den Ausbau der Stromnetze gelten. Das könnte manche Baugenehmigung für große Batteriespeicher und den Netzausbau in Zukunft beschleunigen.

Beratung bei dynamischen Tarifen

Verbraucherfreundlich kommt auch ein neuer Textabschnitt in §41 a daher: Hier geht es um die Informationspflichten der Anbieter bei Angeboten von dynamischen Stromtarifen. Dort heißt es jetzt wörtlich: “Die Stromlieferanten haben die Letztverbraucher über die Kosten sowie über die Vorteile, Nachteile und Risiken eines Stromliefervertrags mit dynamischen Verträgen nach Absatz 2 und eines Festpreisvertrags nach Absatz 4 umfassend zu unterrichten sowie Informationen über den Einbau eines intelligenten Messsystems im Sinne des Messstellenbetriebsgesetzes anzubieten.“

Energy Sharing soll kommen*

Der spannendste Aspekt für die PV im aktuellen Gesetzentwurf wird sicherlich das Energy Sharing sein, dass jedoch fast wortgleich wie im alten Entwurf vom vergangenen Jahr daherkommt. Nur ein Detail wurde geändert: Bei einer juristischen Person als Anlagenbetreiber darf auch eine „Person des öffentlichen Rechts“ Mitglied einer Gesellschaft sein. Das betrifft Stiftungen und Anstalten, vor allem wird das aber sicherlich von Kommunen genutzt werden können, die als Körperschaften ebenfalls als „Person des öffentlichen Rechts“ zählen.

Die Eckpunkte zum Energy Sharing sind im aktuellen Entwurf ansonsten unverändert: Starten soll es im Juni 2026 mit dem Energy Sharing innerhalb eines Netzgebietes eines Verteilnetzbetreibers, zwei Jahre später, also 2028, soll das auch innerhalb zweier benachbarter Netzgebiete möglich werden.

Wann es dann wirklich umsetzbar ist, hängt aber wieder von anderen Faktoren ab: Neben einer Festlegung der Bundesnetzagentur zu Details wird auch noch eine eigene IT-Plattform für die Abwicklung benötigt – und ob die rechtzeitig bereitstehen wird? Auch kommt natürlich das Energy Sharing insgesamt viel zu spät – hat doch die EU dieses Thema bereits 2018 in einer Richtlinie festgelegt.

.. und was steht nicht drin?

Aktuell ist für PV-Planer und -Investoren ein unsägliches Problem, dass nach wie vor bestimmte Teile des EEG (sowohl Änderungen des Solarpakt I als auch des Solarspitzengesetzes) noch nicht von der EU-Kommission genehmigt sind, zum Beispiel hinsichtlich des Vergütungssatzes bei großen Anlagen oder bei der Förderung bei Agri-PV. Dazu schreibt auch das Wirtschaftsministerium selbst hier, dass aktuell eine Freigabe nicht erreichbar sei und vom Ministerium Vorschläge gemacht werden, wie das gelöst werden kann. Doch dazu im aktuellen EEG- und EnWG-Entwurf: Fehlanzeige.

Und ein weiteres Thema ist im Gegensatz zum letztjährigen Gesetzentwurf nicht mehr enthalten: Die Netztransparenz und die einheitliche Reservierungsmöglichkeit für Netzkapazitäten wurden ersatzlos gestrichen. Im alten Entwurf war in §17 b unter anderem die regelmäßige Veröffentlichungspflicht von freien Netzkapazitäten enthalten.

DGS-Stellungnahme folgt

Bis zum heutigen Freitag läuft die Frist zur Einreichung einer Verbandsstellungnahme, die die DGS wahrnehmen wird. Darin soll unter anderem nochmals die Beschleunigung der Umsetzung des Energy Sharing vorschlagen und auch darauf gedrängt werden, dass die EU-Freigabe für die noch ungenehmigten Teile des EEG unbedingt aufgenommen werden muss. Die Stellungnahme wird in den nächsten DGS-News veröffentlichen werden; wer sie schneller haben will, mailt einfach kurz an sutter@dgs.de

* Veranstaltungshinweis

Energy SharingAm Donnerstag, den 7. August informieren wir in einem zweistündigen Webinar mit dem Titel „Energy Sharing kommt 2026!“ über die energiewirtschaftliche Einordnung und die regulatorische Entwicklung. Information und Anmeldung hier.