Ein Bericht von Götz Warnke

[Quelle: G. Warnke]
Ja, natürlich kann man auch daraus einen Solarzaun bauen: Der Discounter Aldi bietet derzeit einen „Bifazialen Solarpflanzkasten 420 / 400W“ an, der aus einem stählernen Pflanzkasten mit darauf angebrachten zwei Solarmodulen besteht – „Ideal für den Balkon oder die Terrasse“. Und da es auch heißt „Kombinierbar mit mehreren Pflanzkästen“ könnte man mehrere Kästen für 849 Euro das Stück miteinander zu einem Solarzaun verbinden, wobei die Angabe der Außenmaße kaum zu finden ist. Die Aldi-Leute haben zudem mitgedacht, und ihrer Kübel-PV ein Gewicht ca. 53,3 kg verpasst – wenn man die Installation nicht gerade bei Orkan oben auf den Deich stellt, wird sie kaum umfallen.
Allerdings ist den Neu-Solarexperten vom Discounter offensichtlich entgangen, dass Pflanzen zu wachsen pflegen. Wenn man also diesen Pflanzkasten statt mit Bodendeckern mit Rosen oder Tomaten bepflanzt, ergibt sich eine Verschattung, die die Erträge der Module erheblich mindern kann. Eine Geräte-, Kompost- oder Wurmkiste wären als Basis der Vertikalmodule deutlich geeigneter gewesen.
Wer wirklich wissen will, wie Vertikal-PV funktioniert, geht lieber auf die Intersolar. Und die hatte in der letzten Woche hierzu tatsächlich einiges zu bieten.
Vielfältige Solarzaunvariangen
So zeigte die Firma Sunbooster (Halle C5, Stand 270E) mit dem Sunbooster Vertical flexible, bifaziale Modulstreifen von 2 Metern Länge, die sich in vorhandene Doppelstabmattenzäune einflechten lassen, was natürlich Ressourcen hinsichtlich der vertikalen Aufständerung erspart. Die Ertragsminderung durch die kleinen Vielfachverschattungen der einzelnen Stäbe soll bei gerade einmal 10 Prozent liegen. Der Haken bei solcher Zaun-PV ist, dass der Zaun möglichst einem selbst gehören sollte. Denn ob der zaunbesitzende Nachbar es duldet, plötzlich eine dunkle PV-Wand vor sich zu sehen, oder hinter einer solchen seine Hecke verkümmern zu lassen, ist eine offene Frage.
Geradezu der Gegenpol zu den leichten, flexiblen Modulstreifen ist das Aurasol-Montagesystem Agri-F1 der Firma Arau Technik GmbH (Halle A6, Stand 330). Die für Agri-PV-Großprojekte gedachten Segmente bestehen aus vier Modulen zwischen zwei massiven, 1,50 m tief in die Erde eingegrabenen Pfahlgründungen. Inklusive der 40 cm Bodenabstand der Module – der Abstand ist in der Landwirtschaft Pflicht, auch damit Tiere die Modulreihen passieren können – kommt das Gesamtsystem auf eine Höhe von rund 2,90 m. Das wäre zwar gemäß der von vielen Bundesländern ins Baurecht übernommenen bundesweiten Musterbauordnung (MBO) und ihrer Freistellung von Solarzäunen bis 3 m Höhe und 9 m Breite selbst noch im städtischen Privatgarten umsetzbar, doch das Problem hier ist ein anderes: Wer bei Arau Technik nach einem solchen 9-Meter-Zaun anfragt, bekommt schnell die freundliche Gegenfrage, ob das Projekt auch im näheren Umkreis des Firmensitzes im schwäbischen Schorndorf geplant ist – ansonsten ist es einfach zu klein.
Ebenfalls große, vertikale Agri-PV-Anlagen baut die Firma Next2Sun (Halle A6, Stand 309). Doch die Dillinger Firma hat mit dem Fence2Sun jetzt auch einen Zaun mit waagerechten Modulen auf den Markt gebracht, der sich, werblich formuliert, „selbst bezahlt“. Die einfache Version ist bei 2,41 m Breite nur 1,57 m hoch; der „Doppeldecker“ mit zwei waagerecht übereinander angebrachten Modulen erreicht eine Höhe von 2,81 m.
Die Solyco Solar AG (Halle A2, Stand 340) zeigte mit dem SOLon eine „vertikale Lösung für Gründach und Photovoltaik“. In der Tat sind die mit zwei im Abstand von 80 cm hintereinander liegenden, knapp über 2 Meter langen, aber nur 41,5 cm hohen Module als Lösung für windgefährdete Dächer gedacht, und nicht für private Gärten, wo sie statt als Zaun allenfalls für einen Kinder-Hürdenlauf dienen könnte.
Die Krannich Group GmbH präsentierte auf einem ihrer Messestände (Halle A4, Stand 490) den ClickWall-Solarzaun vom Freiburger Montagesystem-Hersteller ClickCon mit 435-Watt-Modulen. Optimierer und Kabel sind dabei unsichtbar in die Zaunpfosten integriert. Und die Module sollen sich sowohl senkrecht als auch waagerecht in der Konstruktion befestigen lassen. Viel mehr war noch nicht zu erfahren; der QR-Code auf der Konstruktion führte nur zu einer Website, auf der man sein Interesse am Produkt bekunden konnte.
Nur mit großflächiger Werbung im Eingang zu Halle B1 war die Vertikal-PV des chinesischen Herstellers Huasun präsent, der sich allerdings offensichtlich primär mit Großanlagen beschäftigt.
Baurecht beachten!
Was aber sind die Vorteile und Herausforderungen der sich immer mehr verbreitenden Solarzäune?
Solarzäune verbrauchen kaum Platz, ermöglichen die Installation großer Solarflächen und lassen sich einfach ohne teures Baugerüst montieren. Sie bringen zwar pro Quadratmeter PV-Fläche weniger Ertrag als eine herkömmliche Dach-PV-Anlage; dafür ist ihr Ertrag im Winter höher, da die niedrig stehende Wintersonne fast im rechten Winkel auf die Solarflächen trifft. Auch wird die Leistung der Module weniger stark durch Schnee, Blütenstaub und Vogelkot herabgesetzt als bei konventionellen PV-Installationen. Und farbige PV-Module werden künftig mehr Möglichkeiten bieten, diese Solaranlagen optisch an ihre Umgebung anzupassen.
Wie bei allen PV-Modulen sind Blendwirkungen auf die Nachbarn oder gar den Straßenverkehr zu vermeiden. Und das Baurecht ist zu beachten. Zwar haben viele Bundesländer die o.a. Musterbauordnung (MBO) mit ihren Solarzaun-Maßen von 9 m Länge und 3 m Höhe in ihr Landesbaurecht übernommen, aber es gibt Abweichungen. In vielen Bundesländern besteht auch keine Pflicht, Zäune auf die Grundstücksgrenzen zu setzen. Daher kann man dann den eigenen Garten so abzäunen, dass die Zäune optimalen Ertrag bringen. Auch lassen sich Gartenteiche zum Schutz für Kleinkinder, optisch störende Komposthaufen, Hühnergehege oder Seiten der Terrasse als Windschutz einzäunen.
Was die EEG-Vergütung anbelangt, so ist das Thema kontrovers: Einerseits hat die neutrale Clearingstelle EEG|KWKG in einem Votum vom 04.01.2024 festgestellt: Solarzäune / „Zaunsolaranlagen“ seien gemäß EEG durchaus vergütungsfähig sind, sofern ihre Errichtung nicht vorrangig zum Zweck der Solarstromerzeugung erfolgte. Andererseits weigern sich Netzbetreiber wie SH Netz, die Erträge von Solarzäunen wie jener der Sonnebüller Zaunfirma Ebbe & Flut zu vergüten.
Solche Probleme dürften sich künftig durch weitere Solarpakete, die entsprechende Rechtsprechung sowie die Steigerung des privaten Eigenverbrauchs durch Wärmepumpen und E-Autos verringern. Solarzäune sind und bleiben eine interessante Option.