Eine Erläuterung von Jörg Sutter

[Bild: Jörg Sutter]
Noch ein Aufreger der vergangenen Tage: Die Bundesnetzagentur will angeblich PV-Betreiber schröpfen und zukünftig „Strafsteuern“ bei Einspeisung ins Netz kassieren. Was ist an dieser Aussage dran? Direkt erst einmal nichts.
Auch an dieser Stelle zuerst einmal die Beschreibung des Hintergrundes: In Deutschland werden die Investition und laufenden Kosten der Stromnetze derzeit durch die Stromkunden getragen, jeder Haushalt und jeder Betrieb bezahlt mit den Kosten jeder bezogenen Kilowattstunde einige Cent für das Netz. Dieses Geld wird von den Netzbetreibern wieder ausgegeben, zum Beispiel für die Modernisierung und aktuell auch die Digitalisierung der Stromnetze. Dieses Modell der Umlage der Netzkosten – die rechtliche Grundlage findet sich im EnWG und hier in der Stromnetzentgeltverordnung – ist aktuell bis Ende 2028 begrenzt, zu diesem Zeitpunkt tritt die Verordnung außer Kraft.
Daher muss bis dahin eine neue Regelung erarbeitet werden, wie zukünftig (also langfristig ab Anfang 2029) die Stromnetze im Land finanziert werden sollen. Die Bundesnetzagentur hat deshalb ein Diskussionspapier dazu veröffentlicht. Zitat aus dem Vorwort: „Das vorliegende Diskussionspapier soll als Diskussionsgrundlage dienen. Es analysiert zu diesem Zweck die wichtigsten Themen und Thesen rund um den bisherigen öffentlichen Diskurs und setzt erste Denkanstöße“. Die Bundesnetzagentur hat also nicht – wie fälschlich berichtet wird – Forderungen aufgestellt oder gar festgelegt, sondern schlicht Ideen zusammengetragen, was man alles machen könnte. Denn eine Neuregelung bis 2028 muss politisch erfolgen – egal wie man die Kosten in Zukunft verteilen möchte.
Aus meiner Sicht ist dieses Papier wichtig und ich verstehe natürlich auch, dass es in PV-Kreisen gleich Aussehen erregt hat, denn die Netzagentur formuliert auch die Frage, ob zukünftig nicht nur die Verbraucher, sondern auch die Erzeuger mit Einspeisung sich an den Kosten des Stromnetzes beteiligen sollten.
Sicher, das darf definitiv nicht so ausgestaltet werden, dass PV-Betreiber nun für Ihre Anstrengung zur Energiewende bestraft werden und sich die Einspeisung von PV-Strom nicht mehr lohnt. Das wird aber aus meiner Sicht auch so nicht kommen, denn:
Stellen wir uns vor, perspektivisch werden zukünftige Anlagen nur noch zur Eigenversorgung eingesetzt, wer soll dann die hohen Stromverbräuche in Ballungszentren und der Industrie regenerativ decken? Wir wollen 80 % regenerativen Strom bis 2030 in Deutschland erzeugen – da müssen Anlagen auch einspeisen, das geht nicht nur per Eigenverbrauch.
Und: Es ist natürlich gut, wenn immer mehr Haushalte und auch Betriebe sich mit einer PV-Anlage und anderen Maßnahmen immer autarker machen, diese Entwicklung wurde mit durch die Absenkung der Einspeisevergütungen angestoßen. Aber auch der ideale Prosumer-Haushalt mit 90% PV-Eigenverbrauch und hohem Autarkiegrad beansprucht einen Netzanschluss, der zur Not eine Vollversorgung aus dem Stromnetz zulässt. Der Prosumer mit hoher Autarkie bezieht dann nur eine geringe Strommenge aus dem Netz – und trägt entsprechend wenig zu seiner Finanzierung bei. Das wird – egal wie man das dreht und wendet – ein Problem in Zukunft und muss adressiert und auch diskutiert werden.
Hier gibt es – auch im Papier der BNetzA) viele Aspekte dazu, ein weiterer Aspekt könnte der folgende sein: Braucht ein Haus eine garantierte Leistung am Hausanschluss von 44 Kilowatt (sofern der Anschluss mit 63 A abgesichert wird) oder könnte auch das flexibler gehandhabt werden und damit „Luft“ für geringere Netzlasten erreicht werden? Teils können beim Neubau auch geringere Leistungen beim Netzbetreiber beantragt werden, aber das geht nicht überall.
Aus den Ausführungen wird vermutlich klar, dass ich derzeit wenig von Überschriften wie dieser oder Aktionen wie dieser halte, bei denen die Bundesnetzagentur schon fast als „Sündenbock“ dargestellt wird, besser ist eine Abwägung von Andreas Schmitz hier, der in seinem Video die verschiedenen Vorschläge der Bundesnetzagentur nacheinander detailliert analysiert.
Sobald die politischen Änderungen konkreter werden – ich vermute, das wird erst im kommenden Jahr passieren – werden wir uns entsprechende Gesetzesentwurfe selbstverständlich genau ansehen und uns dafür einsetzen, dass es nicht zu ungerechtfertigten Belastungen oder Benachteiligungen von PV-Betreibern kommen wird. Aber eine Kritik an der Bundesnetzagentur – die wie beschrieben ja nur den Bedarf der Diskussion und eine Sammlung von Ideen herausgegeben hat – halte ich für nicht zielführend. Für Rückmeldungen dazu bin ich natürlich offen: gerne einfach eine Mail an sutter@dgs.de