Reimar Hellwig: Fast ein halbes Jahrhundert Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie
Der Entwicklungsingenieur Reimar Hellwig ist eines der ersten Mitglieder der DGS. Die Faszination des 83-Jährigen für die regenerative Energieerzeugung begann schon als Jugendlicher und hält bis heute an. Sein großes Steckenpferd ist die Elektromobilität mit Reisen bis zum Nordkap.

[Bild: privat]
Am 17. Oktober 2025 jährt sich die Gründung der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) e.V. zum fünfzigsten Mal. Nur zweieinhalb Monate später kann Reimar Hellwig sein 50-jähriges Mitgliedsjubiläum feiern. Der 83-Jährige aus Herdwangen-Schönach im Landkreis Sigmaringen in Baden-Württemberg ist am 1. Januar 1976 in den Solarverein eingetreten und damit heute eines der ersten und ältesten Mitglieder der DGS. „Ich habe die Entwicklung der Sonnen- und Windenergie von Anfang an aufmerksam mitverfolgt und durch eigene Experimente aktiv begleitet“, erzählt Hellwig, der sich selbst als Tüftler und Bastler bezeichnet. Die Energiewende lebt er auch privat: Er betreibt eine Photovoltaik-Inselanlage und eine netzgekoppelte PV-Anlage, die einen großen Teil des Hausstroms abdecken und die beiden Elektroautos, einen Elektroroller sowie zwei E-Bikes mit CO2-freiem Strom versorgen.
Als 12-Jähriger Feuer gefangen
Das Interesse an der Energiegewinnung begann schon als 12-Jähriger und hat Hellwig nie wieder losgelassen. Unvergessen ist ein frühes und wegweisendes Erlebnis in der Schule. Hellwig erzählt: „Das Thema Energiegewinnung beschäftigte mich schon als Junge in der Schulzeit. Als 12-Jähriger malte ich meinem Physiklehrer ein Pumpspeicherwerk auf, also einen Stausee auf einem Berg und einen Auffangsee im Tal. Ich sagte ihm, man könne doch am Tage das Wasser herunterlaufen lassen und Strom erzeugen und verteilen und mit dem Überschuss an Strom dann das Wasser wieder hinaufpumpen. Das wäre jedoch ein Perpetuum Mobile, das ich damals aber noch nicht kannte. Der Physiklehrer war auch entsprechend etwas verärgert über meine begeistert vorgetragene Idee und sagte nur: ‚Ein Perpetuum Mobile gibt es nicht.‘“
Das tat seinem aufkeimenden Interesse aber keinen Abbruch. Es folgten Experimente mit Wasserrädern an einem kleinen Bach und dann natürlich Windräder, die es ja auch als Spielzeug gab. „Alles, was Energie erzeugte, wurde ausprobiert“, erinnert sich Hellwig und lacht. „Später hat mir vor allem die Sonnenenergie immer wieder viele Anregungen zum Basteln, Ausprobieren und Installieren gegeben.“
Studium weckt Interesse an Energiewirtschaft
Im Maschinenbau-Studium an der Technischen Universität Darmstadt konstruierte er 1968 eine Pumpenturbine, wie sie in Pumpspeicherwerken eingesetzt werden. Nun konnte er endlich den Traum, den er mit 12 Jahren schon hatte, verwirklichen. Seine Turbine hatte eine Leistung von 12.000 PS bei einem Durchmesser von nur einem Meter.
Der andere Studienschwerpunkt war die Wärme- und Energietechnik. Die Erzeugung von Solarstrom und Windenergie im großen Stil gab es zur Zeit seines Studienabschlusses 1970 noch nicht. Deshalb führte ihn sein Berufsweg erst einmal zu einer Darmstädter Firma, wo er als Entwicklungsingenieur an den aufkommenden elektromechanischen Waagen arbeitete.
Im Herbst 1972 wechselte er an die Technische Universität Hannover. Als Oberingenieur am Institut für Maschinenelemente und Konstruktionstechnik war er dort auch für die gut ausgestattete Werkstatt verantwortlich. „Da es in Hannover sehr viel Wind gab, ließ ich mir in der Werkstadt ein kleines Windrad mit Generator bauen und führte Messungen bei verschiedenen Windgeschwindigkeiten durch“, erzählt Hellwig.
Ölkrise verstärkt Fokus auf Solarenergie
Ein einschneidendes Ereignis war die Ölkrise im Jahr 1973. Hellwig bezeichnet sie als „eine große Herausforderung für alle, die sich mit Energiegewinnung beschäftigten“. Er selbst ließ sich in der Institutswerkstatt ein kleines Sonnenkollektormodell nach seinen Konstruktionsvorgaben bauen und führte den ganzen Sommer hindurch Messungen auf dem Balkon seiner Wohnung in Hannover durch. „Die erste Überraschung dabei war, dass selbst bei einfachen Kollektoren die Wassertemperatur bis über den Siedepunkt das Wasser anstieg. Am Ende des Jahres 1974 hatte ich dann sehr viele praktisch ermittelte Daten für die Energiegewinnung durch Sonnenkollektoren.“
Im Herbst 1975 sprach es sich am Institut an der TU Hannover herum, dass die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) e.V. gegründet worden war. Da musste ich natürlich dabei sein, denn es ging ja, wie schon der Name sagt, um Energie und deren Gewinnung.“ So wurde Hellwig am 1. Januar 1976 Mitglied in der DGS, die sich für die Nutzung der Solarenergie und Steigerung der Energieeffizienz einsetzt und heute rund 3.500 Mitglieder hat.
„Man spürte diesen positiven Pioniergeist“
Wie er den neuen Solarverein und ihre Mitglieder damals wahrnahm, schildert er so: „Auf den regionalen Zusammenkünften der ersten Mitglieder mit Vorträgen sowie auf den ersten Tagungen und Konferenzen spürte man bei allen diesen Pioniergeist. Die dort vertretenen Handwerker, Bastler, Tüftler, Ingenieure waren voller positiver Energie und wollten das Thema der Energieversorgung für den Kleinanwender lösen. Viele hatten ein wirklich sonniges Gemüt. Die Menschen, die damals zusammenkamen, waren irgendwie positiv eingestellt, oft auch naturverbunden, sehr kommunikativ und hilfsbereit, konstruktiv und lösungsorientiert und auf jeden Fall aufgeschlossen für neue Ideen. Es war einfach schön, erfreulich und erfrischend mit solchen Leuten zusammenzukommen. Ich habe mich in diesem Kreis sehr, sehr wohl gefühlt.“
Diese Grundhaltung und das konstruktive Miteinander findet er auch heute noch in der DGS: „Ich habe den Eindruck, dass dieser sehr frühe, sehr positive Pioniergeist, den viele mit Engagement und finanziellen Mitteln in die Tat umsetzten, auch heute noch sehr in der DGS zu spüren ist. Und die Anwendungen waren schon damals immer für den kleinen Verbraucher und die Verbraucherin konzipiert. Auch diese anwenderfreundliche Haltung und Unterstützung des Endverbrauchers ist heute noch ein Markenzeichen der DGS, siehe Solarrebell (Steckersolargeräte), der ja einen enormen Boom auslöste.“
Wie aber ging es mit der Begeisterung für das Thema Energieerzeugung weiter? Nach der Promotion zum Dr.-Ingenieur in Hannover folgen 13 Jahre in der Industrie, wo er in verschiedenen Firmen als Entwicklungschef in leitenden Positionen tätig war. „Mitte der 1990er Jahre folgte ich dann meiner Berufung als Unternehmensberater für ganzheitliche Innovationsberatung“, berichtet Hellwig weiter. Bis zu seinem 74. Lebensjahr konnte er so in über 40 Firmen unter anderem auch die Themen der erneuerbaren Energie voranbringen.
Von der Elektromobilität überzeugt und begeistert
2005 trat jedoch eine neue Leidenschaft in sein privates Leben: die Elektromobilität. Er kaufte einen der ersten Elektroroller, dem später nacheinander noch zwei leistungsstärkere folgten. Nach und nach machte er immer größere Touren und fuhr 2016 mit dem Elektroroller vom Bodensee bis zum Nordkap, 2018 über die Pyrenäen bis nach Gibraltar und 2019 über die Alpen bis nach Dubrovnik. Mit seinen drei Elektrorollern legte er bis heute insgesamt fast 100.000 Kilometer zurück, wobei der Strom besonders in Skandinavien fast ausschließlich aus erneuerbaren Energien stammte. Die vielen Abenteuer und Begegnungen – unter anderem mit Menschen, die ihn durch ihre Hilfsbereitschaft stark beeindruckten – hat Hellwig in dem Buch „Elektrisch Reisen“ festgehalten, das 2019 erschien.
2020 kaufte er das erste vollelektrische E-Auto. Seine Frau, ebenfalls eine begeisterte Solarierin, erwarb drei Jahre später ein weiteres Elektroauto. „Die solare Energieerzeugung und die E-Mobilität sind bis heute Kern meiner Aktivitäten“, resümiert Hellwig. Seine Frau und er leisten Aufklärungsarbeit zur Elektromobilität, zum Beispiel zu den Themen Reichweite, Lademöglichkeiten und Ladezeit. Dabei greifen sie gern auf ihre eigenen langjährigen Erfahrungen zurück. Die Geschichten gehen ihnen nicht aus, denn auch heute – mit 83 Jahren – ist Hellwig immer noch ein aktiver E-Mobilist. Darüber hinaus bietet er Bekannten, Verwandten und Freunden kostenfreie Energieberatungen an.
Buchhinweis: Reimar Hellwig hat seine Erfahrungen mit dem elektrischen Reisen auch veröffentlicht: Das Buch „Elektrisch Reisen: Mit dem Elektroroller zum Nordkap und nach Gibraltar“ ist unter der ISBN-Nummer 978-3962002602 erhältlich.