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Jörg Sutter

Der Monitoringbericht ist da – und die Stellungnahme der DGS dazu auch

Eine Analyse von Jörg Sutter

Deckblatt DGS-Stellungnahme zum Monitoring-Bericht [Bild: Jörg Sutter]

Anfang dieser Woche wurde er nun veröffentlicht: Der erwartete Monitoring-Bericht, der auf 259 Seiten vom energiewirtschaftlichen Institut der Universität Köln gemeinsam mit BET Consulting für das Bundeswirtschaftsministerium erstellt wurde. Wir haben darüber bereits Mitte August hier und hier berichtet.

Und hat er seine Erwartungen erfüllt? Ja und Nein. Zum Einen: Die Fachwelt ist sich einig: Der Bericht ist qualitativ gut, er fasst den Stand der Energiewende in 6 Kernbereichen fundiert zusammen und skizziert notendige Lösungen für die erfolgreiche Weiterführung der Energiewende. Er wurde als Metastudie angelegt, das bedeutet, dass in den nur 3 Monaten Erstellungszeit nur wenig eigene Berechnungen angestellt wurden, sondern hauptsächlich bestehende Studien ausgewertet und analysiert wurden. Das ist ein Grund, warum die Ergebnisse auch wenig überraschen, und darin eher bereits bekannte Probleme benannt werden.

Zum Anderen: Die Ersteller des Berichtes kommunizieren ganz klar, dass sie kein Gesamtbild der Energiewende zeichnen, sondern nur sechs Teilbereiche analysiert haben. Einiges (wie z.B. CCS oder eine CO2-Infrastruktur) wurden explizit ganz ausgeklammert. Und: Die Maßnahmenvorschläge werden explizit zwar aufgelistet, aber wurden nicht priorisiert. Begründung: Das ist keine wissenschaftliche, sondern eine politische Aufgabe, die von vielen weiteren Faktoren der politischen Rahmensetzungen abhängt.

Dazu wurde das Bundeswirtschaftsministerium (BMWE) hier schon aktiv: Parallel mit dem Monitoring-Bericht wurde eine Liste von „10 Schlüsselmaßnahmen“ veröffentlicht, die politisch nun angegangen werden sollen. Das große Problem dabei: Die 10 Handlungsoptionen sind nicht 1:1 aus dem Bericht abgeleitet, sondern teils sogar in krassem Widerspruch zu den Empfehlungen der Experten.

DGS-Stellungnahme dazu

Deshalb haben wir uns entschieden, eine DGS-Stellungnahme zum Monitoring-Bericht, aber vor allem auch zu den 10 Punkten des Ministeriums zu verfassen. Zum Monitoring-Bericht haben wir einige Aspekte hervorgehoben, die vor allem die Erfolge der bisherigen Energiewende betreffen. Unser Fazit zum Bericht: „Der Monitoringbericht stellt für uns im Wesentlichen eine gute Grundlage für die Diskussion der zukünftigen Gestaltung der Energiewende dar. Dabei muss im Auge behalten werden, dass der Monitoring-Bericht nur sechs Einzelthemen betrachtet hat und keine Untersuchung der Gesamtheit der Energiewirtschaft“.

Gemeinsam mit der Studie hat Ministerin Reiche eine Liste von 10 Schlüsselmaßnahmen veröffentlicht, die jedoch nicht aus dem Monitoringbericht abgeleitet sind, sondern diesem sogar in wesentlichen Punkten widersprechen. Deshalb haben wir in unserer Stellungnahme zehn Widersprüche aufbereitet, die zwischen der wissenschaftlichen Auswertung und den ministerialen Handlungsempfehlungen stehen. Ein Beispiel: Während der Monitoring-Bericht den weiteren zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien und dafür den Erhalt der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen als Grundlage sieht, wird in den Maßnahmenpunkten wieder von der Abschaffung der Förderung fabuliert. Das passt schlicht nicht zusammen.

Unsere Stellungnahme ist hier als pdf abrufbar, sie darf gerne zitiert oder weiterverbreitet werden.

Deckblatt des Monitoring-Berichtes [Bild: EWI]

Andere Reaktionen

Der Monitoring-Bericht war mit Spannung erwartet worden. Daher war es kein Wunder, dass es schnell zahlreiche Rückmeldungen aus der Energiebranche dazu gab. Es ist auch nicht verwunderlich, dass die Reaktionen unterschiedlich ausgefallen sind. Hier eine kleine Übersicht:

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) weist auf den Bedarf des Ausbaus der Erneuerbaren Energien nach Monitoring-Bericht hin und befürchtet einen Einbruch beim PV-Ausbau, wenn die Axt an die EEG-Einspeisevergütung gelegt wird. Ein verlässlicher Investitionsrahmen statt Verunsicherung wird angemahnt.

„Generalangriff auf den Klimaschutz“, betitelt der Solarförderverein Deutschland (SFV) seine erste Stellungnahme. Der 10-Punkte-Maßnahmenkatalog sei ein Verstoß gegen das Grundgesetz, da der Klimaschutz (im Gegensatz zu Kosten und Versorgungssicherheit) Verfassungsrang habe. Der SFV sieht bessere Chancen für die Klimaklagen vor dem Bundesverfassungsgericht, sollten die Pläne von Frau Reiche umgesetzt werden.

Der Bundesverband Neue Energie (BNE) sieht zahlreiche seiner langjährigen Forderungen wie schnelle Digitalisierung, Flexibilisierung und vieles mehr mit dem Monitoring-Bericht bestätigt. Er kritisiert die falschen Ableitungen des BMWE aus dem Bericht, die weniger Planungssicherheit, mehr Redispatch-Kosten und eine Schwächung des Standorts Deutschland bedeuteten.

Umweltverbände wie der BUND, die DUH oder Greenpeace sind ebenfalls unzufrieden – weniger mit dem Monitoring-Bericht, mehr mit den Schlüsselmaßnahmen. „Reiche leite eine neue Phase der Verunsicherung ein“, so der BUND. Die Deutsche Umwelthilfe konstatiert: „Reiche hat die Empfehlungen des Gutachtens offenbar nicht sorgfältig genug gelesen“ und beklagt, der geplante „technologieoffene Kapazitätsmarkt sei ein Einfallstor für neue fossile Abhängigkeiten. Nach Greenpeace „wünscht sich die Bundesregierung Kosteneffizienz, ignoriert dabei jedoch langfristige Kosten und Klimaschäden“.

Auch die ersten Reaktionen aus der Politik signalisieren deutlichen Gegenwind gegen die Pläne von Frau Reiche: „Problematisch sind die zehn Punkte der Bundeswirtschaftsministerin, die aus meiner Sicht vom Willen geprägt sind, zu polarisieren und die verschiedenen Akteure der Energiewende auseinanderzutreiben“, so der grüne Energieminister Tobias Goldschmidt aus Schleswig-Holstein. Nina Scheer, energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion meint dazu: „Wie auch mit dem Koalitionsvertrag verständigt, brauchen wir Anreize für Speicher, Flexibilitäten und Maßnahmen zur effektiveren Netzauslastung [..]. Insgesamt zeichnet das Monitoring ein positives Bild von der Energiewende und gibt keinen Anlass für etwaige ‚Neuauflagen‘“.

Und auch von einem Kollegen aus der Bundesregierung kommt vorsichtiger Gegenwind: „Für eine realistische Betrachtung des Strombedarfs muss allerdings noch stärker auf die Bereiche Heizen und Elektromobilität geachtet werden. Hier wird der Bedarf deutlich wachsen, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen. Wir dürfen uns keinesfalls künstliche Hürden bei der soliden Versorgung mit erneuerbarer Elektrizität für Industrie, Verkehr und Wärme aufbauen“, so Bundesumweltminister Carsten Schneider.

Soweit erste Reaktionen. Die Schlussfolgerungen, die aus dem Monitoring-Bericht zu ziehen sind, werden sicherlich in den kommenden Wochen weiter diskutiert – wir als DGS beteiligen uns gerne daran. Wichtig ist nun, die politischen Entscheidungen mit Vernunft zu treffen und auf die Fachleute (nicht nur die Berichtersteller) zu hören. Man kann gespannt sein, ob das gelingen wird.

Der Autor freut sich über Reaktionen oder Fragen zur Stellungnahme per Mail unter sutter@dgs.de.