Ein Messebericht von Heinz Wraneschitz

[Foto: Heinz Wraneschitz]
Irgendwie war der Generationswechsel beim Fachverband Biogas (FVB) am Dienstag, 9. Dezember 2025 nur ein kleiner Nebenaspekt, der aber harmonisch vonstattenging: Die Mitglieder des Fachverbands haben Thomas Karle, Betreiber einer Abfallvergärungsanlage aus Baden-Württemberg, zum Nachfolger von Horst Seide gewählt. Der langjährige Präsident kandidierte nach 13 Jahren bei der Mitgliederversammlung während der Biogas Convention auf dem Nürnberger Messegelände nicht mehr.
Auch sonst herrschte gute Stimmung in den Hallen: „Wir sind vorsichtig optimistisch.“ Nach „zuletzt schwierigen vier Jahren“ habe er jetzt wieder Hoffnung für seine Branche, erklärte Claudius da Costa Gomez (FVB) zum Start der Kongressmesse.
Dabei schielt die Szene offenbar vor allem ins Ausland: Sogar Gruppen aus Indien sind laut Gomez, dem Hauptgeschäftsführer des FVB nach Nürnberg gekommen, um sich über Trends und neue Produkte zu informieren. Doch wenn jemand eine neue Standard-Anlage in Betrieb sehen wolle, dann müssten hiesige Firmen inzwischen nach Frankreich, Italien oder Spanien einladen.
In Deutschland dagegen würden momentan vor allem bestehende Anlagen „überbaut“: während die Gaserzeugung gleichbleibt, werden Speicher vergrößert und BHKW (Blockheizkraftwerke) mit größerer Leistung installiert. Damit kann der Strom genau dann ans Netz abgegeben werden, wenn der Bedarf hoch ist. Seit Beginn des EEG-Zeitalters im Jahre 2000 war das im Dauerbetrieb üblich.
Ausschreibungen und sonstige Hindernisse
Doch selbst um überbauen zu dürfen, müssen hierzulande Hürden übersprungen werden. Einerseits müssen die Betreiber an Ausschreibungen teilnehmen. Die sind aber – wie die jüngste Anfang Dezember – wegen des hohen Interesses häufig überzeichnet. Das wiederum birgt die Gefahr, dass demnächst in einigen Landgemeinden die nachhaltige Biowärme wieder durch CO2-schleudernde Ölwärme ersetzt werden könnte. Denn die Biogasanlagen sind vielerorts für die Wärmeversorgung zuständig: So wird die Abwärme der BHKW sinnvoll genutzt.
Andererseits ist es nach Aussage vieler Branchenvertreter:innen schwierig, aus den dank der höheren Leistungswerte überbauter Anlagen steigende Spitzenströme ins Netz abzugeben: für viele Verteilnetze gelte „Überlastung“; die Netzbetreiber könnten den Strom nicht weiterleiten. Kein Wunder also, dass laut FVB-Mann Costa de Gomez Deutschlands Biogasindustrie inzwischen bis zu 80 Prozent ihrer Umsätze im Ausland generiert. „Aber eine Verlagerung der Produktion ist nicht erkennbar. Wir lagen 2014 am Boden. Doch uns gibt’s noch, wie man sieht“, stellte er fest.
Stromspeicher für Biogasanlagen?
Wohl damit auch in Deutschland wieder mehr geht, war auf der Messe ein großer Trend sichtbar: Speicher. Ja, es gab auch für das Biogas selbst einige neue Speicher-Ideen. Aber vor allem waren Stromspeicher gefühlt an jedem zweiten Hersteller-Stand aufgestellt. Beispielsweise bei der Biogasvertrieb Nord AN GmbH & Co. KG.
Die Firma aus Weihenzell nahe Ansbach hat sich zwar in den 15 Jahren ihres Bestehens meist auf Planung und Bau von Biogasanlagen und Wärmenetzen konzentriert. Doch mit dem Speicherschrank mit 200 kWh Kapazität lassen sich laut Geschäftsführer Armin Nürnberger „Einspeise-Leistungen verschieben und Spitzenlast kappen“. Denn gerade bäuerliche Betriebe hätten zu bestimmten Tageszeiten hohen Strombedarf; der könne dann vom Speicher gedeckt werden, was die Kosten für den Anschlusswert senke. Als weiteren Vorteil des von Pixii aus Norwegen stammenden Systems hebt Nürnberger besonders heraus: „Weil wir 18 Wechselrichter mit je 3,3 kW Leistung haben, ist es auch kein Problem, wenn davon mal einer ausfällt.“
Gasnetze für Bioerdgas nutzen
Ein zweiter großer Messe-Trend: die Einspeisung von Biomethan, also aufbereitetem Biogas in Erdgasnetze. Marco Weiss, Gründer und Geschäftsführer der ETW Energietechnik aus dem westfälischen Moers stellt klar: „Biomethan kann zu den halben Kosten von Grünem Wasserstoff hergestellt werden.“ Die kWh wäre nochmals ein Cent billiger, wenn es die deutsche Bürokratie nicht gäbe: „In Deutschland kostet eine Anlage zehn Mio. Euro, in der EU eine Mio.“
Doch mit einem – gerade von Bayerns Energieminister Aiwanger oft vorgetragenem – Gedanken räumt Weiss auf: „Ja, die Erdgas-Infrastruktur ist vorhanden, das Gas kann dorthin fließen, wo es gebraucht wird. Aber das ist nicht das Wohnen, sondern das sind Kraftwerke und Industrie.“ Und so könnten auch neue Gaskraftwerke „resilient, also mit einheimischem, CO2-freiem Rohstoff“ betrieben werden.
Auf diese Gaserzeugung im eigenen Land ohne Abhängigkeit von Oligarchen und kriegerischen Staatschefs spielte auch der FVB-Geschäftsführer an, als er für Biomethan warb: „Nach der Genehmigung neuer Gaskraftwerke fehlen der Bundes-Wirtschaftsministerin 12 GW Spitzenlast. Genau dafür ist Biogas geeignet. Und selbst Flüssiggas, also Bio-LNG ist kein Hexenwerk“, blickte er in Richtung des Flüssigerdgases, das zum Beispiel aus umstrittener US-Fracking-Produktion stammt.
Biogasnutzung mit Weltrekord-Brennstoffzelle
Flexibilität ist also in der Branche ein wichtiger Baustein. Passend dazu hat Start-Up-Unternehmen Reverion quasi die eierlegende Wollmilchsau im Bioenergiebereich erfunden. Die Hochtemperatur-Brennstoffzellen (BZ) der TU-München-Ausgründung sind „die erste Komplettlösung mit einem reversiblen Systemdesign, die Biogas oder Wasserstoff elektrochemisch in Strom umwandeln und in den Elektrolysemodus wechseln kann, um grünen Wasserstoff oder Methan zu erzeugen“, hebt die Firma heraus. Und das auch noch mit einem bislang unerreichten BZ-Wirkungsgrad: Zu 74,2 Prozent wird Gas in Strom verwandelt; Weltrekord eines thermischen Kraftwerks. Für das System mit inzwischen 500 kW Leistung gab es vom Fachverband Biogas die Auszeichnung „Produkt des Jahres 2025“ dafür.
Felix Fischer, einer der Mitgründer und COO, also operativer Geschäftsführer der Reverion GmbH aus dem oberbayerischen Eresing, gibt als nächste Ziele aus: „80 Prozent Wirkungsgrad für die Elektrolyse und von drei auf zehn Anlagen kommen.“ Denn drei der stapelbaren Containersysteme laufen bereits. „Amortisationszeit vier bis sechs Jahre“, so Fischer.
„Mehr Aussteller, 6.000 erwartete Fachbesucher aus vieler Herren Länder“: Claudius Costa de Gomez sieht die Messe auf einem guten, sogar internationalen Weg. Was sich auch beim Kongress zeigt: Der erste Tag lief in englischer Sprache mit Projekt- und Innovationsberichten aus der ganzen Welt.
Und nicht zu vergessen: auch die DGS-Sonnenenergie war vertreten…

[Foto: Heinz Wraneschitz]
