30.04.2021
"Seenpower": Ein Einblick in Möglichkeiten für schwimmende PV-Anlagen
Ein Bericht von Tatiana Abarzúa
Nach Angaben der Weltbank beträgt das weltweite Potential für das Marktsegment „schwimmende Solarstromanlagen“ über 400 GWp („Floating Solar Market Report“, Seite 8). Vorteile, die „Floating PV“ (FPV) zugeschrieben werden, sind: ein höherer Ertrag aufgrund des Kühleffekts von Gewässern, geringere Verdunstungsverluste und dadurch Verringerung von Wasserverlusten sowie geringere Wassertemperatur wegen partieller Verschattung. Bisher wurden die meisten dieser Vorhaben in Asien umgesetzt, zum Beispiel in Singapur oder in China. In Deutschland wurde das erste FPV-Projekt 2019 realisiert, bei Rechen in Baden, mit einer Anlagenleistung von 750 kWp auf einem Baggersee.
Das Interesse an FPV ist in den letzten Jahren gestiegen. Nach Angaben des Fraunhofer Instituts für Solar Energiesysteme (Fraunhofer ISE) beträgt die weltweite installierte Leistung etwa 1,1 GWp. In einer Studie hatte jenes Fraunhofer Institut eine Flächennutzungseffizienz von etwa 1,33 MWp/ha installierte Leistung ermittelt. Als gute Standorte gelten etwa Bergbaufolgeseen. Insgesamt sind durch den Braunkohletagebau rund 500 Tagebauseen entstanden, mit einer Gesamtfläche von 47.251 Hektar. Nach Angaben des Fraunhofer ISE eignen sich 4,9 % der Seefläche für den Einsatz von Photovoltaik. Das entspreche einem wirtschaftlichen Potential von 2,74 GWp.
Forschungsstand
Auf einer öffentlichen Online-Veranstaltung berichtete Konstantin Ilgen, vom Fraunhofer ISE, dass das technische Potential für FPV in Deutschland auf etwa 56 GWp geschätzt wird. Die Auswahl von Braunkohletagebauseen als Standort bedingt bestimmte Herausforderungen an das Design der Unterkonstruktion für die PV-Kraftwerke, da der PH-Wert aufgrund der hohen Konzentration an Eisen und Sulfat wegen der sauren Verhältnisse niedrig ist. Außerdem dürfen aufgrund des Gewässerschutzes nur ökologisch unbedenkliche Materialien eingesetzt werden. FPV-Projekte dürfen Gewässer nicht grundlegend verändern.
In seinem Vortrag ging er auf den Forschungsstand zum Systemdesign ein. Laut Ilgen werden die Module auf einer Unterkonstruktion mit Schwimmvorrichtung montiert und diese wird entweder am Ufer oder am Gewässergrund verankert, in einer Tiefe von bis zu 150 m. Neben Korrosion und Biofouling stellen auch ein stark schwankender Wasserspiegel oder Tidenhub sowie eine starke Strömung Herausforderungen für die Tragekonstruktion dar. Der Flächenanteil der Seen auf dem FPV genutzt werden kann, liegt schätzungsweise bei 3 bis 10 % der Gesamtfläche, so der Referent.
Forschungsbedarf
In seinem Vortrag erläutert Ilgen, dass Forschungsbedarf zu den Auswirkungen von FPV auf die Gewässerökologie besteht. Außerdem müssten Verankerungssyteme für Gewässer mit stark schwankendem Wasserspiegel optimiert werden und Ertragsgutachten den Kühleffekt von Gewässern besser berücksichtigen. Zu erforschen sind auch geeignete Anlagenkomponenten und Prüfverfahren sowie eine Skalierung von Anlagen.
Verringerung von Verdunstungsverlusten
Jens Meisel vom Institut für Angewandte Gewässerökologie GmbH, ein weiterer Referent der Veranstaltung, erklärte in seinem Vortrag, dass die Nutzung von Seen zur Energiegewinnung „geringe Konflikte“ und eine „wichtige Nebennutzung“ bedeute. Derzeit bestehe bei mehreren Seen ein „verstärkter Wassermangel“ und die „Gefahr des Verschwindens“. So sei es möglich, dass zukünftig der Seddiner See teilweise trocken fällt. Der Wasserrückgang liegt bei etwa 10 - 15 cm pro Jahr, so Meisel. Dieser wird regelmäßig dokumentiert. Meisel betonte die Bedeutung des Erhalts dieser Seen, „weil wir überall in der Landschaft einen Wassermangel haben“. Die Errichtung von FPV-Anlagen könnte Verdunstungsverluste verringern.
FPV als Innovation
Um Nutzungskonflikte zu vermeiden ist eine frühzeitige Planung erforderlich. Wichtig ist auch, dass FPV Vorhaben in Raumordnungsplänen berücksichtigt werden. In der aktuellen EEG-Novelle werden FPV-Anlagen mit einer Menge von 50 MW bei den Innovationsausschreibungen für das Jahr 2022 berücksichtigt (Die DGS News berichteten).