29.03.2019
LoRaWAN – das neue Netzwerk für Smart City und Energie
Das Internet der Dinge (Internet of Things – IoT) soll in die Kommunen und die Energiewirtschaft einziehen. Im Rahmen der Digitalisierung der Energiewende stehen die Netzbetreiber vor der Aufgabe, auch Verbraucher und Erzeuger nicht mehr nur mit einem analogen Stromzähler, sondern über digitale Schnittstellen anzubinden und Echtzeit-Daten auszulesen. Derzeit wird öffentlich große Aufmerksamkeit dem Aufbau der 5G-Technologie des Mobilfunknetzes gewidmet. In diesen Wochen werden von der Bundesnetzagentur die Frequenzen für den Einsatz des 5G-Netzes für teures Geld an die teilnehmenden Mobilfunkbetreiber versteigert.
Öffentlich nahezu unbeachtet findet jedoch auch ein anderer Netzwerkausbau im Bereich der Funknetze statt, der hier näher beleuchtet werden soll: Das sogenannte Long Range Wide Area Network (LoRaWAN). Das Netzwerk ist für die Vernetzung von vielen Endgeräten und dabei auch auf Energieeffizienz der angeschlossenen Geräte ausgelegt. Es eignet sich daher in besonderer Weise auch für Anwendungen in Kommunen und der Energiewirtschaft.
Sternförmiges Netzwerk mit hoher Reichweite
Ein LoRaWAN-Netzwerk ist sternförmig angelegt, ein Netzserver kommuniziert mit verschiedenen Gateways, an die dann die Endgeräte angeschlossen werden. Die Funkverbindung nutzt unterschiedliche Frequenzbänder bei 433 und 863 MHz, damit können – je nach Umfeld – im Stadtgebiet Reichweiten von 2 km, in Vororten 15 km und im ländlichen Raum bis zu 40 km abgedeckt werden. Eine Datenübertragung von bis zu 50 kbit/s ist möglich, damit ist es eine recht langsame Verbindung. Die Datensicherheit bei der Übertragung wird durch eine zweifache 128 bit-AES-Verschlüsselung gewährleistet.
Im Vergleich zu anderen Drahtlosnetzwerken (GSM, Wifi, Bluetooth … ) bietet LoRaWAN aber große Vorteile wie eine große Reichweite und dadurch geringe Ausbaukosten für die Infrastruktur sowie einen geringen Energieverbrauch für den Datenaustausch. Durch die gewählten Frequenzen ist auch ein guter Empfang selbst in Gebäuden und deren Kellern sichergestellt.
Im Schema (siehe Bild) ist die Struktur des Netzwerks zu erkennen: An einen zentralen Netzwerkserver sind einerseits verschiedene Anwendungsserver (rechts) angeschlossen, die die Weiterverarbeitung von gewonnenen Daten erlauben. Der Netzwerkserver ist nach links mit den Gateways verbunden, die z.B. die Signale von verschiedenen Endgeräten wie z.B. Sensoren aufnehmen und weiterleiten. Für die anzubindenden Geräte sind drei Klassen definiert, die Rücksicht auf einen möglichst geringen Energieverbrauch der Geräte legen: Bei netzstromversorgten Geräten, bei denen der Stromverbrauch nicht weiter relevant ist, kann das Gerät permanent lauschen bzw. laufend Daten senden (Klasse C). Batteriebetriebene Geräte der Klasse B können Daten „auf Abruf“ senden, d.h. der Server sendet eine Anforderung an das Gerät, dann werden die Daten zurückgesendet. Die Geräte der Klassen C und B können auch direkt zur Steuerung angesprochen werden. In der Klasse A, der energiesparendsten Klasse, steuert das Endgerät die Datensendung an den Server (z.B. täglich nur einmal zu einer gewissen Uhrzeit) und lässt eine Anforderung des Servers nur kurze Zeit im Anschluss an eine Datensendung zu; anschließend fällt das Endgerät kommunikativ wieder bis zum nächsten Tag in einen Tiefschlaf, der dann Energie spart.
Smart City als Zukunftsvision
Doch wofür soll das Netzwerk benutzt werden? Eine der Visionen ist ein Smart-City-Konzept, bei dem in einem Stadtgebiet Tausende von Geräten durch die Netzwerkverbindung miteinander kommunizieren. Das LoRaWAN stellt damit so eine Art Betriebssystem für die Smart City dar. Das Netz muss natürlich finanziert werden und soll sich im Gegenzug „rechnen“. Doch welche Anwendungen lassen sind damit vermarken? Die Suche nach Geschäftsmöglichkeiten hat – gerade im Bereich der Stadtwerke begonnen. Sie haben in diesem Betätigungsfeld einen weiteren Vorteil: Der Bereich ist nicht reguliert und kann daher nach eigenen Wünschen und Vorgaben rasch ausgebaut werden – ein mögliches Geschäftsfeld ohne viel Bürokratie und mit überschaubaren Investitionskosten. Eine denkbare Anwendung: Die Echtzeit-Überwachung der Belegung von Parkplätzen in einem Parkhaus, die dann der Parkhausbetreiber den Kunden in einer App übermittelt werden kann. Für Stromnetzbetreiber kann auch spannend sein, Betriebsdaten von Transformatoren oder anderer Netztechnik auszulesen und zu verarbeiten oder Zähler damit fernauszulesen.
Anwendungen im Energiebereich
Über LoRaWAN angesprochen werden können auch SmartMeter-Gateways, die ja in den kommenden Jahren ausgerollt und die alten Stromzähler ersetzen werden. Ein Stadtwerk könnte als „aktiver Marktteilnehmer“ dann über das Netzwerk auch die Abregelung von REG-Anlagen vornehmen oder die Schaltung von steuerbaren Lasten in der Industrie vornehmen. Auch die lastseitige Regelung eines E-Auto-Ladeparks ist technisch damit möglich.
Die Überwachung der Funktion von Trafostationen ist eine weitere Anwendung, für die früher eine aufwändige Verkabelung oder die Installation von Mobilfunk-basierter Technik notwendig gewesen ist. Jetzt können IoT-Sensoren die Leistungsdaten, aber auch Luftfeuchtigkeit, Überhitzung oder eine geöffnete Tür der Trafostation erkennen und in Echtzeit weitergeben.
Und noch ein Beispiel: Stromnetz Hamburg hat bei einem Neubauprojekt mit 154 Wohn- und Gewerbeeinheiten voll auf LoRaWAN gesetzt: Über 500 Wasserzähler, 160 Stromzähler, 199 Wärmemengenzähler, aber auch die installierten 600 Rauchmelder sind vernetzt und können jederzeit aus der Ferne abgelesen werden. Der Rundgang des Hausmeisters zur händischen Zählerablesung ist Historie.
Deutschland wieder einmal hinten dran
In einigen Ländern ist ein LoRaWAN-Netz bereits landesweit nahezu flächig verfügbar: In der Schweiz erfolgte der Netzaufbau durch den Telekommunikationsanbieter Swisscom. Auch in den Niederladen und in Südkorea ist ein flächendeckender Aufbau bereits erfolgt, auch hier jeweils durch ein großes Telekommunikationsunternehmen.
In Deutschland ist noch lange keine flächige Abdeckung in Sicht. In München haben die Stadtwerke München im Stadtgebiet zehn Gateways installiert, die eine vollständige Abdeckung des Stadtgebietes ermöglichen, bei den Städten ist aber Berlin führend: Hier ist eine von rund 200 TTN-Communities („The Things Network“) aktiv, die seit Herbst 2016 bereits rund 120 LoRaWAN-Gateways im Stadtgebiet installiert hat, Ende des Jahres sollen es 200 sein. In Kürze sollen daran eine Reihe von Sensoren im Schlosspark Charlottenburg angeschossen werden, um Umweltmessdaten an einen Zentralserver zu übermitteln. Die Berliner Stadtreinigung testet derzeit die LoRaWAN-Anbindung von Füllstandsensoren von unterirdischen Müllbehältern. Vorteil hier: Das crowdbasierte Netzwerk der TTN in Berlin ist für alle Interessenten kostenfrei nutzbar.
Nachdem die LoRaWAN-Technik erhebliche Vorteile bei der Vernetzung bietet, kann davon ausgegangen werden, dass in der kommenden Zeit die Zahl der Möglichkeiten und Nutzungsanwendungen erheblich gesteigert wird.
Jörg Sutter