28.06.2019
Verband kritisiert Subventionen für US-Fracking-Gas
Für den Import von Flüssiggas (LNG) aus den USA werden die Steuerzahler zur Kasse gebeten. Mit dieser klaren Aussage kritisiert der Verband der Schleswig-Holsteinischen Energie- und Wasserwirtschaft (VSHEW) die Politik der Koalitionsparteien und die darin festgeschriebenen Subventionen für eine Fracking-Gas-Infrastruktur. Sogar der Bundesrat hatte am 7. Juni 2019 der von der Bundesregierung eingebrachten "Verordnung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Aufbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland “ zugestimmt, mit Unterstützung einiger grüner Landespolitiker aus grünmitregierten Bundesländern. Der Verband der Schleswig-Holsteinischen Energie- und Wasserwirtschaft (VSHEW) „hat keinerlei Verständnis dafür, dass Schleswig-Holsteins Verbraucher und Steuerzahler ausgerechnet die Verwertung klimaschädlicher fossiler Energieträger fördern sollen“, sagt Helge Spehr, Vorstandsvorsitzender des VSHEW und Geschäftsführer der Stadtwerke Rendsburg.
Mit der neuen Verordnung werden die Fernleitungs-Netzbetreiber künftig verpflichtet, LNG-Anlagen (Liquefied Natural Gas) an ihre Netze anzuschließen und die Anschlussleitungen zu betreiben. 90 Prozent der Kosten wird später der Netzbetreiber zahlen – und damit über die Netzentgelte der Verbraucher. „Wenn es zur Umsetzung dieses Vorhabens kommt, wird der Verbraucher den Einsatz fossiler Energien subventionieren – was genau das Gegenteil von dem ist, was Schleswig-Holstein mit seinen Energiewendezielen verfolgt“, sagt Spehr. Schätzungsweise 100 Millionen Euro soll allein eine 60 Kilometer lange Gastrasse zwischen dem geplanten LNG-Terminal in Brunsbüttel und dem schleswig-holsteinischen Hetlingen kosten, kritisiert der Verband. In dem Terminal soll zu einem Großteil flüssiges Fracking-Gas aus den USA gelagert und dann weitergeleitet werden. Weitere Millionenzahlungen kommen auf den Steuerzahler aufgrund einer geplanten Förderung von 50 Millionen Euro durch die schleswig-holsteinische Landesregierung zu.
Erschwerend, so Verbandschef Spehr, komme hinzu, dass das Gas im umstrittenen Fracking-Verfahren gewonnen, unter Energieeinsatz verflüssigt und dann mit Gastankern mit Verbrennungsmotoren von USA nach Europa verfrachtet werde. „Das ist purer Irrsinn, zumal unsere Versorgungssicherheit völlig ungefährdet ist“, sagt Spehr. Beim Fracking von Schiefergas entstehen besonders hohe Methanverluste, die als Vorkettenemissionen zu den CO2-Emissionen bei der Gasverbrennung hinzugerechnet werden müssen. „Wir warnen vor einer Fortsetzung der negativen Entwicklung auf dem Strommarkt. Hier hat eine Förderung der Stromerzeugung eben durch fossile Energieträger bereits zur Explosion der Netzentgelte und damit der Strompreise geführt.“ Anzumerken sei hier, dass der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung in Kiel der Grüne Jan Philipp Albrecht ist.
Damit gerät nicht nur die Grüne Landespolitik in die Kritik, es wird die Zielrichtung der Energiepolitik der Bundesregierung nicht nur deutlicher, sondern um eine Facette schärfer. Sie denkt überhaupt nicht daran, die in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebenen 60 Prozent Erneuerbare Energien bis 2030 zu realisieren. Die darin gemachte Einschränkung, dies gelte nur, wenn vornehmlich die Übertragungsnetzkapazitäten dementsprechend ausgebaut seien, erscheint in einem neuen Licht. Denn es werden als Nachfolge der Kohle nicht nur neue Gaskapazitäten und -netze aus- und aufgebaut, sondern nun auch langfristige Schiefergas-Liefervereinbarungen mit amerikanischen Zulieferern abgeschlossen. Neben den bestehenden mit Gazprom und anderen. Diese stehen in direkter Konkurrenz zum einheimischen Sonnen- und Windstrom. Dass die Fossilen nun sogar durch die Verbraucher subventioniert werden sollen, ist ein frontaler Angriff auf die Erneuerbaren Energien.
Betrachtet man die Erdgasimporte nach Deutschland im Jahr 2017, die auf der Basis langfristiger Lieferverträge abgesichert sind, so ergibt sich folgendes Bild: Niederlande 20,2 Mrd. m3 (21,3%), Norwegen 25,7 Mrd. m3 (27,1%), Russland 48,5 Mrd. m3 (51,2%), übriges Europa 0,4 Mrd. m3 (0,4%). Die Frage stellt sich, wieviel zusätzliches Erdgas aus USA soll noch hinzukommen. Die Antwort ist unklar. Die von Manchen angeführte These, das sei eh‘ zu viel, erscheint etwas naiv. Die Konzerne, sowohl die, die Erdgas fördern und liefern, als auch die, die es einkaufen und an Endkunden verkaufen, sind keine grünen Jungs, die sich möglicherweise verkalkuliert haben. Im Gegenteil. Die Lücke, die der Kohleausstieg bietet, soll genutzt werden. Man kann getrost davon ausgehen, dass alle Mittel des Marketings und des Lobbyismus bemüht werden, um dieses Geschäft rentabel zu machen. Dies ist ein fossiles Expansionsprogramm auf Kosten der Erneuerbaren, das auf zwei bis drei Generationen angelegt ist. Wer glaubt, dass den Konzernen dies ausgeredet werden könne oder wer glaubt, dass Erdgas eine Brückentechnologie in Diensten der Erneuerbaren sei, ist geschichtsvergessen und naiv. Auch der Gedanke, die Erdgasinfrastruktur könne „später“ für grünes Gas genutzt werden, ist unrealistisch. Warum sollten profitorientierte Konzerne sich selbst entlaiben und zugunsten der Erneuerbaren Energien Verzicht üben? Die Vorgänge um LNG geben eine klare Antwort.
Klaus Oberzig