28.03.2024
Wenn ein Solardach das Denkmal schmückt
Ein Bericht von Heinz Wraneschitz
„Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz prüft aktuell aktiv die Möglichkeit von Ausgleichsflächen oder alternative Beteiligungen an Groß-PV-Anlagen. So könnte Denkmaleigentümern eine unschädliche Alternative regenerativer Energie angeboten werden, wenn die Installation einer PV-Anlage auf dem eigenen Denkmal nicht angemessen wäre.“
Die „alte Denke“, dass die Nutzung (Er)neuer(barer) Energien Denkmale verunstaltet, scheint noch weit verbreitet. Doch ein aktuelles Beispiel aus Wilhermsdorf in Mittelfranken zeigt: Auch auf Dächer ausgewiesener Einzeldenkmale dürfen Photovoltaikmodule montiert werden – wenn alle Beteiligten kompromissbereit sind.
Sie ist eindeutig ortsprägend, die evangelische Hauptkirche von Wilhermsdorf aus dem beginnenden 18. Jahrhundert. Zusammen mit dem Ritterhaus rechts und dem Brauhaus links bildet das Gotteshaus ein schön anzuschauendes Ensemble am Marktplatz. Alle drei Gebäude sind in der Bayerischen Baudenkmalliste einzeln ausgewiesen.
D-5-73-133-21: das ist laut Denkmalliste ein „zweigeschossiger, im rechten Winkel angelegter Putzbau mit Walmdach und Schleppgauben, Erdgeschoss massiv, Obergeschoss Fachwerk, im Kern 1667–1698“. Im „ehemaligen Kanzleigebäude, das zwischenzeitlich die Wilhermsdorfer Brauerei beherbergte“, sind aktuell ein Gasthof und eine ganze Reihe Mietswohnungen untergebracht.
Moderne Veränderungen am Äußeren solcher Gebäude waren bislang nur sehr schwer mit dem Denkmalschutz in Einklang zu bringen.
Trotzdem darf auf das Denkmal mit der Nummer D-5-73-133-21 jetzt tatsächlich eine Photovoltaik-Anlage (PVA) montiert werden – nach jahrelangen Verhandlungen, wie der Besitzer gegenüber der Redaktion erläutert.
Ein Besitzer, der mehr als ein Denkmal will
Besitzer ist der Bad Windsheimer Brauereichef Jürgen Strauß. Der hat sich vor einiger Zeit überlegt, dem Gebäude eine neue Energieversorgung zu verpassen: mit Blockheizkraftwerk und Wärmepumpe für die Heizung. Und eben mit einer PVA auf dem Dach zur Stromversorgung. Denn im Gebäude gibt es durch die Gastwirtschaft und die Mietparteien jede Menge Bedarf an Elektrizität, auch tagsüber.
Bis letzten Sommer galt bei unter Denkmalschutz stehenden Bauwerken fast grundsätzlich „Denkmalschutz vor Zukunftsenergie“. Doch seit dem 1. Juli 2023 ist das anders. Da nämlich trat die „Novelle des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes“ in Kraft.
Und auch wenn des Kunstministers Worte anders klingen: seither „können PV-Anlagen im Denkmalbereich nur versagt werden, wenn ihnen „überwiegende“ (also nicht nur „gewichtige“) Gründe des Denkmalschutzes entgegen stehen“, schreibt das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege BLFD auf unsere Nachfrage. Und konkret zum Wilhermsdorfer Brauhaus: „Derart gravierende Gründe lagen hier nicht vor. Eine auf den konkreten Einzelfall gestalterisch zugeschnittene PV-Anlage war daher erlaubnisfähig.“
Über diese „gestalterisch zugeschnittene PV-Anlage“ hat der Gebäudebesitzer augenscheinlich inzwischen mit der zuständigen „Unteren Denkmalschutzbehörde“ im Landratsamt Fürth (LRA) eine grundsätzliche Einigung erzielt. Auch wenn es in einer Antwort des LRA an die Redaktion noch ziemlich bürokratisch heißt, das Amt habe „u.a. beauflagt, dass die Module entsprechend der vorab besprochenen und dann eingereichten Planung auszuführen sind und den Farbton der Dacheindeckung haben müssen. Vor der Ausführung ist die notwendige Werkplanung von der Unteren Denkmalschutzbehörde freizugeben.“
Trotz Mehrkosten kommt die PV-Anlage
Bei Eigentümer Strauß hört sich das so an: Er habe „die Untere Denkmalschutzbehörde überzeugt“. Und auch wenn „die roten PV-Platten 90 Prozent mehr kosten als Normal-Module“, halte er an seiner Planung fest: Zuerst werde die Heizzentrale erneuert, „im Laufe des Jahres folgt die Solaranlage“.
Nicht ganz so glücklich über das „Einknicken des BLFD“ wirkt die von der Gemeinde beauftragte Sanierungsberaterin Brigitte Sesselmann am Telefon. Besonders „das Belegen der Dachgauben mit PV-Modulen sehe ich kritisch“. Und – auch das erwähnt sie: „Wenn ich künftig bei anderen sage, PV geht nicht: jetzt haben wir einen Präzedenzfall.“
Anders Bürgermeister Uwe Emmert. Am Telefon erklärt er: „Ich finde es gut, dass nach längeren Verhandlungen ein Kompromiss gefunden wurde, der sowohl die Gestaltung des Denkmals wie auch die Nutzung von Erneuerbaren Energien bei einem Gebäude mit hohem Eigenstrombedarf berücksichtigt.“ Deshalb dankt er „allen Beteiligten, besonders dem Besitzer, für den sorgsamen Umgang mit diesem ortsprägenden Gebäude“.
Womöglich wird das Einzeldenkmal D-5-73-133-21 nicht nur für Wilhermsdorf, sondern für ganz Bayern zum beispielhaften Präzendenzfall für PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden. Wer weiß?