27.10.2023
Was wäre, wenn wir nicht scheitern?
Ein Ausstellungsbesuch von Tatiana Abarzúa
Der nächste Regentag kommt bestimmt. In dieser herbstlichen Zeit laden verschiedene Ausstellungen zum Verweilen ein. Das Museum für Kommunikation Berlin präsentiert eine interaktive Auseinandersetzung mit der Klimakrise.
Was wäre, wenn wir die Welt regenerativ gestalten? Zum Beispiel mit Balkonkraftwerken? Die Ausstellung „KLIMA_X. Warum tun wir nicht, was wir wissen?“ wurde Ende September eröffnet und kann noch bis zum 1. September 2024 besucht werden. Im Prinzip bietet sie einen Einblick in acht Jahrzehnte „Klimakrisenkommunikation“. Eine Infotafel im erstem Ausstellungsbereich bietet ein Zitat zum Klimawandel in zwanzig Worten: „Er ist real. Wir sind die Ursache. Er ist gefährlich. Die Fachleute sind sich einig. Wir können noch etwas tun.“
Faktenlage zeigen
Das Konzept der Ausstellung dreht sich um die Frage warum wir Menschen angesichts der Klimakrise die Faktenlage ignorieren und damit hadern, Gewohnheiten zu ändern. DGS-News Leser:innen sind viele dieser Fakten sicherlich gut bekannt, etwa dass sich die globale Durchschnittstemperatur auf der Erde um rund 1,2 °C erhöht hat.
Im erstem Abschnitt der Ausstellungsfläche ist die Rede von der Erde als ein „gefährdetes Raumschiff“, mit einer „einflussreichen Besatzung von rund acht Milliarden Mitgliedern“. Neben dem Angebot vielseitiger Informationen – warum war das Klima bisher so stabil? Wie viel CO2 wird zur Herstellung von Lebensmitteln benötigt? – haben Besucher:innen auch die Gelegenheit zu erkunden welche Gefühle die Klimakrise auslösen kann.
Vorgestellt werden dabei auch Erkenntnisse aus einer Studie der gemeinnützigen Organisation „More in Common“, die sich mit der Wissensvermittlung über den Klimawandel beschäftigt hat und mit den Gefühlen, die die Lage in verschiedenen Gruppen auslöst (die DGS-News berichteten in einem anderen Kontext darüber). In der Ausstellung war eine Auswertung der häufigsten bisherigen Angaben von Teilnehmenden abrufbar: Es sind, jeweils zu einem Drittel, die Emotionen Wut, Trauer und Angst.
Interessantes und Mitmachmöglichkeiten bietet die Ausstellung für alle Altersstufen. Am meisten profitieren vermutlich Schulklassen von einem Besuch, da die angesprochenen Themen sehr gut aufbereitet sind. In kompakten Informationshäppchen und sehr anschaulich werden etwa die „Keeling-Kurve“ und die „Hockeyschläger-Kurve“ erläutert und Warming Stripes“ sowie CO2-Messungen am Mauna Loa (die DGS-News berichteten) veranschaulicht.
Anschaulich ist auch eine Gegenüberstellung der Auswirkungen einer möglichen Erderwärmung von 1,5 °C und von 2,0 °C. Mit Blick auf den Anstieg des Meeresspiegels, der Gefahr von Sturmfluten, das Korallensterben, den Schwund an Lebensräumen, der Wahrscheinlichkeit von Hitzewellen.
Auch die Desinformationskampagnen der fossilen Industrie werden erläutert, etwa, dass Exxon Ende der 1970er Jahre die Gefahren des Klimawandels kannte und in den 1990er Jahren die Risiken leugnete und Zweifel streute. Ebenso wird die Imagekampagne von BP gezeigt, als der Konzern öffentlich einen persönlichen CO2-Rechner einführte, und so den Fokus auf eine individuelle Verantwortung legte. Weitere Infotafeln handeln von der Berichterstattung durch die Medien und die Politisierung des Umweltschutzes, zum Beispiel durch die Gründung der Partei Die Grünen, Aktivitäten der oppositionellen Umweltbewegung in der DDR und die Klimaproteste der vergangenen Jahre.
Klimaszenario für 2071 bis 2100
Eine gelungene Visualisierung von „Trends“ bei den sommerlichen Temperaturen in Städten ist die Darstellung von Städten als „klimatische Zwillinge“. Diese basiert auf einer Untersuchung des Umweltbundesamts, in der europäische Klimadaten aus dem Zeitraum 1961 bis 1990 mit Modellrechnungen für die Dekaden 2071 bis 2100 verglichen werden. Das Ergebnis ist eine Prognose der möglichen klimatischen Zukunft von Städten wie Nürnberg, Hamburg oder Berlin.
Highlights sind, neben dem historischen Überblick über die Kommunikation angesichts der Klimakrise, auch die Begegnung mit Pionier:innen, die „die Zukunft gestalten“ (Kai Schächtele, Thomas Henningsen, Ute Scheub, Maja Göpel, Eckart von Hirschhausen) und der letzte Raum der Ausstellung. So viel sei hier verraten: Es besteht die Möglichkeit in der Zukunft des Jahres 2045 anzurufen und einen Blick zu wagen in die Welt wie sie dann aussehen könnte.
Ein Fazit: Die Initiator:innen der Ausstellung ermutigen die Besucher:innen aus gelungenen Veränderungen in der Geschichte Zuversicht zu ziehen, und somit Teil der Lösung zu werden. Sie verfolgen dabei die These, dass Veränderung nur mit emotionaler Beteiligung geschehen kann.
Öffnungszeiten: Dienstag 9 Uhr bis 20 Uhr, Mittwoch bis Freitag 9 Uhr bis 17 Uhr, Samstag/ Sonntag/ Feiertage 10 Uhr bis 18 Uhr
Adresse: Leipziger Straße 16, 10117 Berlin
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