25.02.2022
Marktstudie Steckersolar veröffentlicht
Eine Darstellung von Jörg Sutter
In der Vergangenheit waren im Zusammenhang mit Steckersolargeräten einige Aspekte unklar, Marktzahlen konnten nur geschätzt werden. Es wurde zwar vermutet, dass im letzten Jahr mehr Steckersolargeräte als 2020 verkauft wurden, aber es gab dazu keine genauen Zahlen.
Das hat sich aktuell geändert. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) aus Berlin und die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen haben am gestrigen Donnerstag die Marktstudie Steckersolar vorgestellt. Eine der Erkenntnisse: Der Markt für Steckersolargeräte in Deutschland ist schon jetzt deutlich größer als bisher gedacht.
Die Zahlen
Die Studie wurde von HTW und der Verbraucherzentrale NRW beauftragt und von EUPD Research erstellt. Aus der Befragung von Marktteilnehmern und einer Hochrechnung konnte eine Gesamtzahl von rund 128.000 verkauften Geräten für die Jahre 2020 und 2021 ermittelt werden. Dazu kommen noch rund 62.000 Geräte, die schon vor 2020 installiert wurden, so dass der aktuelle Stand zum Jahresende 2021 mit knapp 190.000 Geräten in Deutschland angenommen werden kann (Bild 2). Diese Anzahl entspricht einer installierten Spitzenleistung von 66 Megawatt. „Das Ergebnis der Studie liegt im oberen Bereich unserer bisherigen Schätzungen“, so der Mitinitiator Thomas Seltmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Die Grafik zeigt auch die dynamische Entwicklung: Vergleicht man die Jahre 2020 und 2021, so liegt die Steigerung innerhalb des einen Jahres bei rund 64 %. Das ist aber verständlich: Mehr Anbieter sind auf den Markt gekommen, mehr lokale und regionale Förderungen wurden etabliert und viele Medien haben dieses Thema aufgegriffen. Das Interesse hat deshalb stark zugenommen und damit auch die Anzahl der verkauften Steckersolargeräte.
Weitere Erkenntnisse
„Bisher dominieren einige größere Anbieter den Markt, gleichzeitig sorgen neue Anbieter und die vielen kleineren Unternehmen für einen regen Wettbewerb“, sagt Prof. Dr. Barbara Praetorius von der HTW Berlin, Mitautorin der Studie. Und die Marktentwicklung hat noch viel Luft nach oben, so Praetorius weiter: „Drei Viertel der Geräte werden direkt an die Endnutzer:innen verkauft. Absatzwege über die Handelsketten werden bisher noch kaum genutzt.“
Thomas Seltmann sieht dringenden Handlungsbedarf: „Die Studie macht deutlich, dass Politik und Netzbetreiber endlich weitere Hürden aus dem Weg räumen müssen.“ Noch immer ist der normkonforme Anschluss eines solchen Geräts oft umstritten, die Netzbetreiber erheben unangemessene Forderungen an die Interessent:innen. „Wir müssen das dringend vereinfachen, damit endlich auch Mieter:innen und Wohnungsnutzer:innen diese Strom erzeugenden Haushaltsgeräte einfach und sicher nutzen können und damit aktiv an der Energiewende teilhaben“, so Seltmann.
Auch die Anmeldung ist zu bürokratisch. Die Studie zeigt, dass nur rund 10 bis 20 Prozent der eingesteckten Geräte auch über die beiden geforderten Wege angemeldet werden: Erstens beim zuständigen Netzbetreiber, zweitens im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur. Die Studie musste deshalb auf Hochrechnungen zurückgreifen, denn die Daten der Bundesnetzagentur sind keineswegs aussagekräftig. „Die Meldeprozesse sind für Steckersolargeräte zu komplex“, kommentiert dazu Prof. Praetorius von der HTW.
Ein Modul eines Steckersolargerätes wird typischerweise an einem Balkon befestigt – das könnte man denken, wenn man sich Fotos im Internet oder realisierte Projektbeispiele betrachtet. Doch ein weiteres Ergebnis der Studie: Nur ein Drittel der Geräte wird am Balkon angebracht, die Hälfte der Geräte wird auf das Flach- oder Schrägdach montiert oder in Garten oder auf die Terrasse gestellt. Das deutet auch drauf hin, dass viele Steckersolargeräte im Bereich Eigenheim im Einsatz sind und nicht – wie es naheliegt – im Bereich der Mietwohnungen in den Ballungszentren. Dort gibt es weiter ein sehr großes Potential für diese einfache Art der Stromerzeugung aus Sonnenlicht.
Auch die Leistungsklassen wurden untersucht: 39 Prozent der verkauften Geräte liegen unter 400 Watt, das bedeutet, dass es sich in den meisten Fällen um ein Solarmodul mit zugehörigem Wechselrichter handelt. Geräte mit 600 bis 800 Watt (also zwei Modulen) sind mit einem Anteil von 25% vertreten. Größere Leistungen sind die absolute Ausnahme und nur mit wenigen Prozent in der Studie vertreten.
Viele nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten
Die Potentiale für Steckersolar sind enorm. Allein in NRW schätzt die Verbraucherzentrale NRW, dass noch rund eine Million Geräte in den kommenden Jahren auf Dächern, Garagen, an Balkonen und Fassaden angebracht werden können. Die aktuellen Hemmnisse und Rahmenbedingungen hat Prof. Praetorius im Ausgabe 4|21 des DGS-Fachmagazins SONNENENERGIE (4/2021) ausführlich beschrieben.
Derzeit wird auch gespannt auf die Veröffentlichung des Normentwurfes für die Steckersolar-Produktnorm gewartet. Sobald der Entwurf vorliegt, werden wir darüber in den DGS-News berichten. Die kommende Produktnorm wird helfen können, Interessent:innen besser von der Qualität der angebotenen Geräte zu überzeugen.
In der Studie wurde auch detailliert abgefragt, welche Hemmnisse aus Sicht der Befragten bestehen und wo die größten Probleme liegen. Diese Erkenntnisse müssen nun rasch angegangen werden, um den Kauf vieler weiterer Geräte zu vereinfachen und anzureizen. Denn jedes Modul eines Steckersolargerätes ist ein kleiner Betrag zur Energiewende, die wir in diesen Tagen deutlich schneller umsetzen sollten als bisher geplant.
DGS: Webinar zum Thema
Am Montag, den 21. März veranstaltet die Solarakademie Franken ein Webinar zu den Steckersolargeräten. Darin werden alle Aspekte beleuchtet, von der Technik bis zu den Rahmenbedingungen und Tipps für die konkrete Umsetzung. Weitere Informationen und Anmeldung hier: www.solarakademie-franken.de/index.php?id=42&sem_id=1046&ter_id=1046