24.11.2023
Stellungnahme Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB)
Hinweis von Ralf Haselhuhn
Solarverbände reichen Stellungnahme zur Änderung der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) ein und Normungsarbeitskreis ergänzt mechanische Modulprüfungen der DIN EN IEC 61730.
Hintergrund: Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) hat über seine Internetseite den Entwurf der Bauministerkonferenz „Änderungen der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), Ausgabe 2024/1“ veröffentlicht und den beteiligten Kreisen die Möglichkeit geben, schriftlich zu den geplanten Änderungen Stellung zu nehmen. Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. (DGS) hat gemeinsam mit dem Bundesverband Solarwirtschaft e. V. (BSW) als gemeinsame Solarverbände-Stellungnahme erarbeitet und fristgerecht eingereicht.
Die bauordnungsrechtlichen Anforderungen beeinflussen stark den weiteren Ausbau der Photovoltaik und der Solarthermie am Gebäude und in der Freifläche. Nur durch einen erheblichen Anstieg der Zubauraten können die klimapolitischen Ziele erfüllt werden. Somit müssen alle öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen, unter Berücksichtigung sicherheitsrelevanter Aspekte, dahingehend überprüft und ggfs. angepasst werden. Vor diesem Hintergrund begrüßen die beiden Verbände in der Stellungnahme die vorgesehene Anhebung der Größenbeschränkung für PV-Module von 2 auf 3 Quadratmeter auf Dächern bis 75 Grad Neigung.
Außerdem weisen BSW und DGS insbesondere darauf hin, dass die aktuelle Einordnung der PV-Module und der Solarkollektoren im Bereich des Glasbaus nicht ganz zielführend ist und in der Praxis immer stärker zu einem Ausbauhemmnis führt. Insbesondere bei Fassadenanlagen, Überkopfverglasungen, Carports und Agri-Photovoltaik sowie Freiflächenanlagen mit einer Höhe über 3 Meter ist das der Fall. Insbesondere die innovativen Ansätze der doppelten Flächennutzung bei Agri-PV erfordern zur landwirtschaftlichen Bearbeitung mitunter eine Höhe bis zu 5 Metern, liegen also über der festgelegten maximalen Höhe von 3 Metern.
Je nach Einbausituation sind die Glasbaubestimmungen nach MVV TB A 1.2.7 zu erfüllen sowie ein Verwendbarkeitsnachweis erforderlich, der die mechanische Festigkeit und Standsicherheit nachweisen muss. Verwiesen wird dabei auf die DIN 18008 Glas im Bauwesen. Zudem wird in der Praxis oft eine abZ; aBG oder Zustimmung im Einzelfall von den Baubehörden verlang. Diese stellen zu hohen Anforderungen (finanziell, organisatorisch und zeitlich) für die Modulhersteller dar. Der Weg über einen Zulassungsprozess dauert bei den Produktentwicklungszyklen, die es bei dieser Technologie gibt, viel zu lang. Eine Zulassung nach ca. drei Jahren kommt zu spät für die Markteinführung in Deutschland. Bis dahin ist das Produkt möglicherweise schon vom Markt oder bzgl. der Moduleigenschaften (Effizienz, u. a.) veraltet. Zudem führen die teilweise zu hohen Anforderungen dazu, dass Sonderanfertigungen, die nur in kleine Mengen gefertigt werden, erforderlich werden. Nimmt man die zusätzlichen Kosten hinzu, die dann nur für den deutschen Markt erforderlich werden, sind Zulassungsverfahren für PV-Module unwirtschaftlich. Aus diesem Grund gibt es in Deutschland nur eine sehr geringe Anzahl von Modulen mit abZ/aBG und im europäischen Vergleich weniger Anwendungen z. B. in Fassaden. Zudem konzentrieren sich Modulhersteller vor allem an den internationalen Normen. Wir empfehlen eine Überarbeitung der Bestimmungen B 3.2.1.27 der MVV TB und die Anerkennung der PV-Modul-Zertifizierung nach DIN EN IEC 61730 bzw. DIN EN IEC 61215 eines international harmonisierten Standardprodukts, das die diverse mechanischen Belastungstests besteht.
Um vergleichbares Anforderungsniveau wie in der Deutschen Glasnorm DIN 18008 zu erreichen, hat sich auf Initiative des PV-Fachausschusses der DGS ein Normungsarbeitskreis beim DKE gebildet. Dieser Arbeitskreis hat erweiterte mechanische Prüfungen auf Basis der vorhandenen Prüfprozeduren für PV-Module der DIN EN IEC 61730 erarbeitet. Mit den Ergebnissen dieser mechanischen Prüfungen lassen sich die Eignung von PV-Modulen beim Einsatz in der Fassade oder als Überkopfverglasung nach den Deutschen und Europäischen Baunormen beurteilen. Ebenfalls können damit der Tragfähigkeitsnachweis sowie der Nachweis der Gebrauchstauglichkeit erfolgen. Im Falle der Erforderlichkeit der Bestimmung der Resttragfähigkeit von PV-Modulen kann zusätzlich auf den Test der DIN 18008-1 Anhang B zurückgegriffen werden.
Das deutsche Normenkomitee DKE K 373 hat bei der europäischen Normungsorganisation CENELEC im Juli ein entsprechendes „Draft European Annex Amendment 11 CLC EN IEC 61730-2,2018: AMD11 “Photovoltaic (PV) module safety qualification - Part 2: Requirements for testing Annex D“ eingebracht. In dem vorgeschlagen Anhang D zur Norm werden mit die in der Photovoltaik üblichen mechanischen Tests erweitert, um das oben genannte Verhalten der PV-Module zu prüfen. Dieser Normentwurf wurde inzwischen positiv in Europa abgestimmt und ist derzeit in Vorbereitung zur Versendung an die nationalen Europäischen Normungsorganisationen.
Mit den Ergebnissen der vorgeschlagen Prüfungen kann der statische Nachweis für PV-Module beim Einsatz z. B. in Fassaden oder bei Bauwerken wie Parkplatzüberdachung, Carports, Wintergärten und Agri-PV erfolgen (Weiterführende Information dazu: "Anforderungen aus den Bauregeln und erweiterte Lasttests für die PV-Modulnorm EN IEC 61730", Vortrag bei der 7. Deutschen Betriebs- und Sicherheitstagung in Berlin, 12.10.2023 R. Haselhuhn / M. Schäfer).
Beide Verbände hoffen, dass die obersten Bauaufsichtsbehörden den Vorschlägen folgen und stehen gerne für weitere Gespräche und fachlichen Austausch zur Verfügung.
Die Stellungnahme können Sie hier downloaden.