24.11.2023
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 1
Ein Bericht von Götz Warnke
Selten hat ein bundesdeutsches Gesetz in diesem Jahrtausend so viel emotionale Aufwallung verursacht wie die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in diesem Jahr. Spätestens nachdem das Bundeskabinett am 19. April 2023 den Gesetzentwurf für die 2. Novelle des GEG, im Volksmund „Heizungsgesetz“ genannt, beschlossen hatte, schwappte eine Welle der Erregung durchs Land. Fast hätte man meinen können, hier ginge es nicht um einen allmählichen Heizungsaustausch, sondern um einen Austausch von Hirnen zwecks Gleichschaltung.
Natürlich bestand der vielstimmige Aufschrei nicht nur aus verunsicherten Bürgern, die sich im Geiste schon als arm und in der Kälte sitzend sahen. Mittendrin waren natürlich auch die Interessenvertreter der alten Fossil-Wirtschaft, die Gasnetzbetreiber, die Heizölverkäufer, die Verbrenungsthermen-Produzenten etc. Insbesondere auf den Bundeswirtschaftsminister schossen sich verschiedene Interessengruppen ein, wobei die sich sonst so seriös gebenden Wirtschaftsmedien ihre propagandistische Unterstützung lieferten.
Dabei ist doch allen Informierten nicht erst seit Putins Krieg und der in Folge auftretenden Gasversorgungsproblemen klar, dass es mit dem Wärmesektor nicht so weitergehen kann wie bisher und wie Merkel den Deutschen glauben machen wollte. Der Wärmesektor verbraucht für Heizung und Kühlung mehr als 50 Prozent der bundesdeutschen Endenergie. Dabei sind die privaten Haushalte knapp hinter der Industrie der zweitgrößte allgemeine Energieverbraucher; allerdings besteht bei ihnen der Energieverbrauch zu 90 Prozent aus Wärme bzw. Kälte. Insgesamt liegt der Anteil Erneuerbarer Energien am deutschen Wärme-/Kälte-Sektor gerade einmal bei 17,4 %; weitaus überwiegend wird mit fossilen Energien geheizt! Und immerhin ist ein Drittel der deutschen, überwiegend fossil betriebenen Heizungen älter als 20 Jahre und damit wenig effizient!
Will man die vertraglich vereinbarten Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015, bei denen Deutschland schon jetzt über alle Sektoren hin im Rückstand ist, auch nur einigermaßen einhalten, braucht es eine entschiedene Wende im Wärmesektor der privaten Haushalte. Diesem Zweck soll die Änderung des GEG dienen, die nach einer verfassungsgerichtlichen Verzögerung im Sommer nun durch die Verkündigung im Bundesgesetzblatt am 01.01.2024 in Kraft tritt.
Zentraler Punkt des novellierten GEG ist die 65-Prozent-Regelung. Diese betrifft ab Januar erst einmal nach § 71 GEG nur neue Heizungen in Neubauten oder Neubaugebieten! Diese Heizungen dürfen hier „nur eingebaut oder aufgestellt werden, wenn sie mindestens 65 Prozent der mit der Anlage bereitgestellten Wärme mit erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme“ erzeugen. Die Regelung lässt sich auf zwei Arten rechtlich erfüllen:
a) Durch einen Nachweis des 65-Prozent-Anteils, der von gesetzlich ermächtigten Energieberatern (→ § 88 GEG) auf Basis einer DIN-Norm erstellt wird. Solange der Anteil nachweislich erreicht wird, besteht bei den Technologien absolute Wahlfreiheit/Technologieoffenheit
b) Ohne Nachweis durch den Einsatz verschiedener Technologien, die den Wärmebedarf des Gebäudes vollständig decken, als da sind:
- Hausübergabestation zum Anschluss an ein Wärmenetz
- Elektrisch angetriebene Wärmepumpe
- Stromdirektheizung
- Solarthermische Anlage
- Heizungsanlage zur Nutzung von Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate
- Wärmepumpen-Hybridheizung bestehend aus einer elektrisch angetriebenen Wärmepumpe in Kombination mit einer Gas-, Biomasse- oder Flüssigbrennstofffeuerung
- Solarthermie-Hybridheizung bestehend aus einer solarthermischen Anlage in Kombination mit einer Gas-, Biomasse- oder Flüssigbrennstofffeuerung
Die einzelnen Anlagen sind in § 71 b-h noch einmal genauer definiert und beschrieben. Allein diese Aufzählung der Anlagen macht deutlich, dass das von interessierten Kreisen immer noch als „Wärmepumpengesetz“ diffamierte Gebäudeenergiegesetz in Wahrheit sehr technologieoffen ist.
Wie sonst könnte man in einem Neubau immer noch eine Kombination aus Solarthermie und Gasheizung einbauen – solange man die 65-Prozent-Regelung einhält. Und wie sonst könnte man im Altbau z.B. seine kaputte Ölheizung reparieren oder durch eine Gasheizung ersetzen. Denn die 65-Prozent erneuerbare Wärme gelten für den Altbau erst, wenn eine Wärmeplanung gemäß § 71 Abs. 8 GEG wirksam wird. Das soll in Großstädten (d.h. über 100.000 Einwohner) ab 30.06.2026 gelten, in anderen Gemeinden ab 30.06.2028. Dazu gibt es noch eine Vielzahl an Ausnahmen, Übergangsfristen und Zusatzregelungen, auf die hier nicht im Einzelnen eingegangen werden soll, zumal die Bundesregierung noch vor Jahresende einen Leitfaden zum GEG veröffentlichen will.
Die hier beginnende kleine Serie will sich vielmehr mit den nachweisfreien Heiztechniken des GEG befassen, ihren Vorteilen und Problemen sowie Möglichkeiten für einen gewissen Autarkiegrad. Denn eins ist sicher: die Wärmewende wird uns noch lange beschäftigen.
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 1
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 2: Wärmenetze
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 3: Wärmepumpe
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 4: Stromdirektheizungen
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 5: Solarthermie
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 6: Feste, flüssige, gasförmige Brennstoffe