22.05.2020
Wind bläst Geld ins Gemeindesäckel
Viele Umfragen zeigen: Die Akzeptanz für Windenergie an Land ist ohnehin schon hoch. Nun hat das Bundeswirtschaftsministerium BMWi in ein „Eckpunktepapier“ geschrieben, wie die Zustimmung in der Bevölkerung und bei Kommunen noch weiter steigen soll: durch finanzielle Zuwendungen der Betreiber an Kommunen und Bürger.
Die Idee ist eigentlich nichts wirklich Neues: An vielen Bürgerwindkraftwerken sind Menschen aus den Standortkommunen und von Drumherum beteiligt. Vielerorts werden die Pachten für die Windflächen an alle Grundbesitzer verteilt. Oder Kommunen erwerben die Stellplätze für die Windkraftanlagen per Vorkaufsrecht, und das Pachtgeld kommt der Allgemeinheit zugute.
Neu ist im WIMi-Eckpunktepapier die Pflicht, dass Betreiber neuer Windkraftwerke (WKW), der Gemeinde 0,2 Cent pro Kilowattstunde Stromertrag überweisen müssen. Das würde etwa 20.000 Euro jährlich entsprechen, steht dort. Und: „Für Kommunen ist eine so hohe Einnahme geeignet, die Akzeptanz neuer WKW spürbar zu erhöhen“, wenn sie nicht sogar noch mehr Flächen dafür ausweisen.
Auch die Bürger, die sich nicht selbst an Windrädern beteiligen wollen oder können, sollen etwas von neuen WKW neben dem Dorf haben: Betreiber können ihnen günstigen „Bürgerstrom“ anbieten. Der Tarif dürfe „maximal 90 Prozent des örtlichen Grundversorgertarifs betragen“. 100 bis 200 Euro Ersparnis pro Jahr verspricht das Eckpunktepapier dadurch. Mindestens 80 Haushalte müsse der Betreiber nachweisen, dann halbiere sich die Zahlung an die Gemeinde – so der Vorschlag im BMWi-Papier.
Das sei auf Grundlage eines Gutachtens entstanden, welches zwei Forschungsinstitute plus eine renommierte Anwaltskanzlei in des Ministeriums Auftrag erstellt haben sollen. Veröffentlicht wurde das bislang aber offenbar nicht.
Dennoch so weit, so gut. Wenn da nicht kurz nach dem Papier die Bundesregierung, federführend Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), eine so genannte „Mindest-Abstandsregel“ für WKW beschlossen hätte. Künftig sollen solche Öko-Kraftwerke über 1.000 Meter weg von Wohnhäusern stehen dürfen. Eine „Länderöffnungsklausel“ erlaube Sonderregelungen, heißt es (mehr zu diesem Thema im Beitrag von Klaus Oberzig).
Das aber dürfte bedeuten: In Bayern gelte weiterhin „10H“, also ein Abstand der zehnfachen Gesamthöhe. Bei heutigen WKW sind das mindestens 2.000 Meter. Mit Blick auf genau dieses bayerische „10H“ erklärt Antje von Broock, Geschäftsführerin beim Umweltverband BUND: „Jedes Land kann weiter sein eigenes Süppchen kochen und so die Windkraft blockieren. Abstandsregeln führen weder zu mehr Naturschutz noch zu mehr Akzeptanz in der Bevölkerung.“
Wie und ob Bayerns Energie- und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger dieses Dilemma beseitigen will: Diese Frage wollte uns bis Redaktionsschluss niemand aus dem Ministerium beantworten. Aber vielleicht gelingt es ja via „Windgeld“, die Gemeinden davon zu überzeugen, Windfelder auszuweisen, und zwar ohne Rücksicht auf 10H. Das sei erlaubt, hat Bayerns Staatsregierung immer wieder betont.
Erich Wust hat da seine Zweifel: „Die Bürger nehmen doch Einnahmen der Kommune nicht wirklich wahr. Wenn der Einzelne dagegen einen Betrag überwiesen bekäme, das Windgeld also gestreut würde, könnte es anders aussehen“, schlägt der erfahrene Windenergie-Planer als Alternative vor.
Die Ökoenergie-Verbände dagegen sind offenbar froh, dass die Regierung überhaupt etwas entschieden hat. „Wichtig ist, dass auch Details so festgelegt werden, dass die Windenergie wieder an Fahrt gewinnt, denn die Einbrüche der letzten Monate waren dramatisch“, merkt Simone Peter, die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE),an. Und sie weist noch auf einen ganz anderen, aber entscheidenden Punkt hin: „Die Einigung muss nun schnell in ein Gesetz gegossen werden, um der Branche Planungssicherheit zu geben.“ Davon aber steht im Eckpunktepapier nichts. Und auch von Bundesregierungsseite fehlen konkrete Aussagen.