20.12.2019
Für nichts und wieder nichts
Kommentar zu Klimakonferenz COP25 von Heinz Wraneschitz
Da saßen sie also nun wieder zwei Wochen lang in Madrid beieinander, die 25.000 Teilnehmer aus fast 200 Staaten der „COP25“ genannten Jubiläums-Klimakonferenz der Vereinten Nationen.
Sie haben ganz viel geredet – sicher oft miteinander, wahrscheinlich aber auch oft übereinander, die Abgesandten von Regierungen, Behörden, Umweltorganisationen, wer weiß ich noch alles. Tag und Nacht haben Radio-, TV-Sender, Online- und Printmedien berichtet von dem Ereignis, das eigentlich in Chile hätte stattfinden sollen. Doch wegen der dortigen Bürgerproteste hatte es Carolina Schmidt, die Umweltministerin des südamerikanischen Landes vorgezogen, der Konferenz im sicheren Spanien vorzusitzen.
Dass parallel zum COP25 noch ein Alternativ-„Sozialgipfel für das Klima“ stattfand, veranstaltet von beachtlichen 850 Nichtregierungs-Organisationen, war den Medien dagegen kaum der Rede wert.
Doch hier, in einem Zelt, besprachen echt betroffene Menschen miteinander ihre echten, persönlichen Probleme mit dem Klimawandel. Im Konferenzzentrum aber redeten meist saturierte Beamte, Minister, Wirtschaftsbosse über sie: Über die auf indigene Völker in Tropenwäldern oder Menschen in großstädtischen Mietwohnungen zukommende schlechte Zukunft.
Denn dass Inselstaaten und Küstenregionen überschwemmt werden, wenn die Temperatur wegen des menschgemachten Klimawandels weiter ansteigt: Das steht für jeden normal denkenden Menschen außer Frage. Dazu braucht man weder Wissenschaftler zu sein, noch Studien in der Hand zu halten. Geschweige denn weitere zu beauftragen. Denn das ist ein immer wieder zu hörendes Pseudo-Argument, um das tatsächliche Nichts-Tun-Wollen zu kaschieren.
Fakt dagegen ist: Kurz nach Ende der Konferenz endete die aktuelle „Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls“. Dessen Fortführung ist jedoch bis heute noch nicht gesichert, „weil Ende November 2019 die Mindestzahl an Ratifikationen noch nicht erreicht war“.
Das bedeutet also: Das Völkerrecht – ein solches nämlich ist das Kyoto-Protokoll – wird einfach mal ausgesetzt. Und quasi nebenbei wurde bei COP25 gelabert, wahrscheinlich auch gefeiert, getrunken, gegessen, geschlafen, viel Papier bedruckt und weggeworfen. Dass das Ganze geschätzte 50 Mio. Euro gekostet hat, spielt in dem Zusammenhang tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle.
Nicht aber, dass für COP25 48.998 Flüge absolviert wurden – pro Teilnehmer einmal hin nach Madrid, einmal zurück; nur Greta Thunberg kam per Segelboot und fuhr mit der Bahn nach Hause. So wurde jede Menge CO2 in die Luft geblasen und das Klima damit noch weiter verschlechtert. Raus aber kam nichts, gar nichts, schon wieder nichts.
Übrig blieb am Ende von COP25 nur eine halbseidene Abschlusserklärung. Das wichtigste Ergebnis darin: Der Entscheidung, ob man überhaupt etwas tun will gegen den Klimawandel, die wurde verschoben. Bis zur nächsten Konferenz COP26 in Glasgow in einem Jahr.
Ich sage voraus: Auch bei COP26 wird wieder nichts Konkretes passieren. PolitikerInnen werden wieder viel labern, sie werden wieder Ausreden finden für ihr eigenes Nichtstun, werden wieder auf andere Politiker und Staaten zeigen, um vom eigenen Versagen abzulenken. Und auf die nächste Vertragsstaatenkonferenz verschieben.
Bleibt fast nur die Hoffnung, dass die von Greta Thunberg angestoßene Fridays-for-Future-Bewegung (FfF) so laut und aufmüpfig bleibt wie in den vergangenen zwölf Monaten. Und dass FfF Politikern wie anderen Klimawandel-Leugnern weiterhin ordentlich die Leviten liest. Vielleicht bekommen diese jungen Leute es ja sogar zustande, dass sie sich mit den ebenfalls jungen Kapitalismus-Kritikern der „Generation Y“ zusammentun.
„Ohne Holland fahr`n wir zur WM!“ Mir als Älterem könnte der wegen Überflutung wahrgewordene Spruch eigentlich ziemlich egal sein. Für FfF und Co. genauso wie für meine Kinder und Enkel dürfte der Klimawandel in 30 Jahren aber lebensbedrohend werden. Außer, wir alle zusammen, die ganze Menschheit, aber auch jede/r Einzelne, machen jetzt endlich Ernst mit Gegensteuern. Das aber ist nach dem unsäglichen Ende von COP25 nicht zu erwarten.