18.12.2020
Das EEG 2021 ist verabschiedet
Eine Beschreibung von Jörg Sutter
Am gestrigen Donnerstag wurde das EEG 2021 mit Stimmen der Koalition und gegen die Stimmen der Opposition im Deutschen Bundestag in 2. und 3. Lesung verabschiedet. Ab dem 1. Januar 2021 werden sich damit bei der Photovoltaik einige Spielregeln für neue Anlagen, aber auch Randbedingungen für bestehende und vor allem für Ü20-Anlagen ändern.
Hektische Änderungen
Das Gesetzesverfahren insgesamt selbst kann nur als peinlich bezeichnet werden: Erst im September und damit viel zu spät kam die erste Vorlage aus dem Wirtschaftsministerium, die in weiten Teilen deutliche Verschlechterungen der aktuellen Konditionen bedeutet hätten und auch aufgrund der Komplexität keinen Ansporn für einen weiteren EE-Ausbau gegeben haben. Dass die Verbände – wie die DGS – nur 48 Stunden für eine Stellungnahme zum Entwurf bekamen, hat schon Tradition, diese Arbeitsweise zog sich aber auch durch das weitere Verfahren: So erhielten die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaft und Energie vor einigen Tagen die aktuelle EEG-Entwurfsfassung mit einem Umfang von 320 Seiten offiziell gerade einmal eine Stunde vor Beginn der Ausschusssitzung. Und auch in den vergangenen Tagen wurden noch Formulierungen geändert und Zusätze eingefügt, bis die Beschlussfassung des neuen EEG nun fertig wurde. Damit ist das EEG 2021 aber auch das erste EEG seit 2009, das nach Verabschiedung und vor Inkrafttreten nicht schon durch weitere Änderungen repariert wird - da das Parlament ja nun bis ins neue Jahr in die Weihnachtsferien geht.
Debatte und Abstimmung
Per namentlicher Abstimmung wurde das EEG 2021 angenommen. Zuvor fand ein doch erstaunlich emotionaler Schlagabtausch im Parlament statt: Die Opposition wies darauf hin, dass das neue EEG kein großer Wurf sei und die Klimaziele damit nicht erreichbar wären. Vertreter von CDU/CSU und SPD betonten dagegen die bisherigen Erfolge und die vielen Verbesserungen, die nun eine gute Grundlage für den zukünftigen Ausbau der Erneuerbaren Energien seien. Dazu einige Zitate:
- Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): „Wir stärken den Markt und steigern die Ausbauperspektive für die Erneuerbaren Energien und wir fördern die Wettbewerbsfähigkeit für Mittelstand und Industrie.“
- Oliver Krischer (Grüne): „Diese Novelle wird dem Anspruch nicht gerecht.“ Und an Pfeiffer gewandt: „Sie bremsen das, Sie sind längst zum industriellen Standortrisiko für Deutschland geworden“.
- Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU) betonte, es sei ein gutes Gesetz, das Klimaschutzziel 2020 werde erreicht: „Wir haben die Ausbauziele immer übererfüllt, trotzdem werden wir nochmal über die Ziele sprechen“. Und an die Grünen gewandt: „Sie reden, wir handeln“.
- Johann Saathoff von der SPD wies darauf hin, dass viel Arbeit geleistet und jetzt gute Ergebnisse erzielt wurden „und das darf man auch mal feiern“.
- Dass die Erneuerbaren Energien in Deutschland eine Erfolgsgeschichte sind, erachtet Lorenz Gösta Beutin (Linke) als wichtig. Er wies noch darauf hin: „dass die Reform des EEG nicht so schlecht geworden ist, [..] ist dem Druck der Vereine und Verbände, dem Druck der Klimabewegung zu verdanken [..].
Die Abstimmung ergab am Ende 357 Ja-Stimmen gegen 260 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung. Bei insgesamt 709 Sitzen, aber nur 618 abgegebenen Stimmen kann aus den Zahlen grob abgeleitet werden, dass die Koalition geschlossen dafür, die Opposition geschlossen dagegen votierte.
Was steht NICHT im neuen EEG?
Als erstes und wichtigstes: Eine deutliche Erhöhung der Ausbauziele. Für PV steht ein Zubauziel von rund 5 GW pro Jahr im Gesetz, das bedeutet keine signifikante Steigerung gegenüber heute. Dies wurde schon zu Beginn des Verfahrens (nicht nur von der DGS) kritisiert, vom europäischen Rat wurden in der vergangenen Woche die europäischen Klimaziele ja auch weiter angehoben. Doch die Koalition konnte sich nicht auf neue Ausbauziele im EEG einigen, diese Diskussion wurde in das kommende Jahr vertagt und wird dann sicher prominentes Thema im Bundestagswahlkampf sein. Um das festzuschreiben, wurde von der Koalition parallel zum Gesetzestext ein Entschließungsantrag verabschiedet, der insgesamt 16 Einzelpunkte enthält, die (eventuell aus unterschiedlichen Gründen) nicht in den EEG-Entwurf aufgenommen wurden, aber im neuen Jahr angegangen werden sollen.
Bei diesen Punkten finden sich auch neue Konzepte zur weiteren Absenkung der EEG-Umlage, ein mögliches weiteres Zurückfahren der Förderung bei Erfolg z.B. des Brennstoffemissionshandels. Auch das Repowern von Windanlagen wurde vertagt. Außerdem soll analysiert werden, wie weitere politische Unterstützung für PPA-Anlagen gegeben werden kann, die marktgetrieben errichtet werden und gar keine Förderung nach EEG mehr benötigen.
Und noch ein Detail: Ein im Entwurf vorgesehener Passus, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien im öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient, wurde wieder gestrichen und ist nun im EEG 2021 nicht enthalten. Nicht enthalten sind auch alle europäisch geforderten Aspekte der gemeinschaftlichen Eigenversorgung.
Welche Änderungen bringt das neue EEG?
Zu Beginn: An dieser Stelle können nur einige Punkte oberflächlich aufgegriffen werden, für eine detaillierte Vorstellung verweise ich gerne auf die beiden kurzfristig angesetzten Webinare am 22.12.20 und am 05.01.21, die sich dann intensiver mit den Änderungen beschäftigen. Dazu siehe auch der Veranstaltungshinweis in diesen News.
Eigenversorgung
Einer der wichtigsten Änderungspunkte: Die Eigenversorgung wird zukünftig bis zu einer selbstverbrauchten Strommenge von 30.000 kWh und 30 kWp Anlagengröße frei von einer EEG-Umlage sein, und das (entgegen den ersten Entwürfen) sowohl für Alt- als auch Neuanlagen. Auch Ü20-Betreiber zahlen damit nach Förderende bei Umstellung zur Eigenversorgung bis 30 kWp keine EEG-Umlage.
Ü20-Anlagen
Wer unsere DGS-Hinweise des letzten halben Jahres ernst genommen hat, darf sich freuen: Das EEG 2021 bietet nun verschiedene Möglichkeiten zum Weiterbetrieb von Ü20-PV-Anlagen. Die einfachste Möglichkeit ist der Weiterbetrieb mit einer Anschlussvergütung des Netzbetreibers, der den Marktwert Solar (ca. 3. bis 4 Cent/kWh minus Vermarktungsgebühr von 0,4 Cent) bezahlt.
Diese Option gilt automatisch ab 01.01.2021 für alle Ü20-Betreiber, die nicht ausdrücklich aktiv in eine andere Vermarktungsform wechseln. Die Gefahr, zum illegalen Einspeiser zu werden, ist also gebannt. Und: Dieser Passus ist ausdrücklich auch nicht von der beihilferechtlichen Prüfung der EU abhängig, deren Ergebnis noch aussteht. Jetzt besteht Gewissheit, dass diese Regelung ab 01.01.2021 problemlos angewendet werden kann. Jeder Ü20-Betreiber kann sich dann im kommenden Jahr in Ruhe überlegen, ob ein Umbau zur Eigenversorgung sinnvoll ist. Wirtschaftlich wird das für typische Anlagen voraussichtlich die attraktivste Option sein.
Weiterhin wurde beschlossen, dass Ü20-Anlagen unter 7 kWp keinen teuren Smart-Meter benötigen. Auch der geplante nachträgliche Einbau nach 5 Jahren im Rahmen der vereinfachten Direktvermarktung für Ü20-Anlagen wurde gestrichen.
Fernsteuerbarkeit
Eine neue Größengrenze wurde eingeführt (einfacher darf das EEG ja bei einer Novellierung auf keinen Fall werden): 25 kWp gelten nun als Grenze bezüglich der Fernsteuerbarkeit: Größere Anlagen benötigen die bekannte technische Fernsteuerbarkeit, kleinere Anlagen können doch wieder auf die 70%-Regelung zurückgreifen.
PV-Freiflächenanlagen
Große Freiflächenanlagen können zukünftig bis zu 20 MWp groß sein (bisher 10 MWp), dafür wird auch der Korridor erweitert: Statt bislang 110 m Randstreifen an Autobahn- und Eisenbahn-Rändern steht nun die Nutzung von 200 m zur Verfügung, es muss jedoch ein Streifen von 15 m freigehalten werden.
Ausschreibung für Dachanlagen
Große PV-Dachanlagen müssen nun ab einer Anlagengröße von 750 kWp in die Ausschreibung. Für Anlagen zwischen 300 und 750 kWp wurde eine Wahlmöglichkeit geschaffen: Betreiber können diese entweder in die Ausschreibung geben (dann ist keine Eigenversorgung durch die Anlage erlaubt) oder eine Eigenversorgungsanlage aufbauen. Dann sollte der Eigenversorgungsanteil aber über 50 % liegen, denn in diesem Fall wird nur maximal 50 % der erzeugten Strommenge bei Netzeinspeisung vergütet.
Innovationsausschreibungen
Die Innovationsausschreibungen werden auch über 2021 hinaus fortgesetzt. Im Jahr 2022 werden 50 MW davon für die Bezuschlagung von Agro-PV (Kombination PV und Landwirtschaft) und Floating-PV (schwimmende Solaranlagen) genutzt.
Und die ganz große Kröte?
Die ganz große Kröte haben bei dieser Novelle voraussichtlich die Stromkunden zu tragen. Nicht wegen der EEG-Förderung an sich, sondern weil das EEG 2021 noch einen wesentlichen Aspekt enthält, der hier vom Spiegel im Detail beleuchtet wird: Die Novelle enthält eine Amnestie für Großkonzerne, die in den vergangenen Jahren zu Unrecht keine EEG-Umlage abgeführt haben. Und das in Milliardenhöhe. Nachdem das in einigen Fällen gerichtlich zuungunsten der Betriebe geklärt wurde, wird jetzt politisch nicht die Zahlung der Beiträge, sondern der Weg zu einem schnellen Ende der Verfahren durch Vergleiche mit den ÜNB freigemacht. Der Dumme ist dabei der Bürger, der brav seine EEG-Umlage mit der Stromrechnung bezahlt, denn damit werden Milliardenzahlungen auf die Bürger umgewälzt, die eigentlich von den Konzernen zu entrichten wären. Es bleibt nur zu hoffen, dass diese Regelung noch juristisch oder im Rahmen der Beihilfeprüfung gestoppt wird.
Fazit
Aus der PV-Sicht: Nein, ein großer Wurf ist hier nicht gelungen, gleichzeitig wird das EEG noch bürokratischer und immer komplexer. Doch einige Verbesserungen konnten auf den letzten Metern des Gesetzesverfahrens eben doch noch erreicht werden, gerade auch für Eigenversorger und Ü20-Anlagen. Betrachten wir als DGS unseren 10-Punkte-Plan, den wir im April veröffentlicht haben, sehen wir etliche Punkte unserer Forderungen mit dem neuen EEG umgesetzt. Für die Realisierung von Neuanlagen wird es auch im kommenden Jahr viele Möglichkeiten geben, wenn auch nicht so optimal wie von einigen Akteuren gewünscht. Und nachdem die nächsten Änderungen schon für das Frühjahr angekündigt sind: Die Verabschiedung des EEG 2021 von gestern ist eine kleine Etappe in der weiteren Entwicklung zu noch mehr erneuerbarem Strom, das bleibt unaufhaltbar. Viele hoffen auch schon auf den Herbst 2021 - eine neue Bundesregierung könnte danach die Weichen schon wieder neu stellen.