18.10.2019
Energieberater unter Schock
Bundeskabinett beschließt Steuerförderung – und kastriert dabei die Energieberater: Am 16. Oktober 2019 hatte das Bundeskabinett die ersten Gesetzentwürfe beschlossen, die im Zusammenhang mit dem Klimapaket stehen bzw. die unter diese Überschrift gepackt werden, um möglichst schnell und lautlos über die Bühne gehen zu können. Eines betrifft die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudemodernisierung. 20 % Steuerersparnis soll ein selbstnutzender Haus- oder Wohnungseigentümer ab 2020 für Dämmmaßnahmen oder Heizungsmodernisierung erhalten. Das hört sich wie die Realisierung einer langjährigen Forderung zu sein, welche auch von der DGS erhoben worden war. Allerdings ist daraus ein Kuckucksei geworden. Denn die bei den KfW-Förderprogrammen vorgeschrieben firmenunabhängige, neutrale Beratung und qualitätssichernde Baubegleitung durch einen Energieeffizienz-Experten ist entfallen.
„Wie wenn die Apotheke Rezepte selbst ausstellt“
Nun soll reichen, wenn die Rechnung mit Erklärung des ausführenden Handwerkers eingereicht wird. Der ursprüngliche Anspruch auf qualitative Beratung, wie er unter dem damaligen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Zusammenhang mit dessen Konzept der Energie-Effizienz postuliert worden war, wird fallen gelassen. Bauherren müssen nun sehen, wie sie sich vor Fehlinvestitionen und Pfusch am Bau schützen können, so die Kritik des Energieberaterverbandes GIH. „Das wäre im Prinzip so, wie wenn eine Apotheke die Rezepte für ihre Kunden selbst und ohne Arzt ausstellen würde“ sagt dazu Gunnar Böttger, Vorsitzender des DGS-Fachausschusses Energieeffizienz.
Besonders bei energetischen Modernisierungen und Sanierungen ist die Qualität ein hohes Gut, das über Jahre hinweg mühevoll aufgebaut wurde. Um sie zu sichern, wurde mit Steuermitteln und hohem Aufwand eine Energieeffizienz-Expertenliste ins Leben gerufen, die bei der Förderung von Sanierungsmaßnahmen durch die KfW-Bank verbindlich ist. Unzählige, auch vom BAFA beauftragte Studien, kommen immer wieder zu dem Schluss: Erst durch eine firmenunabhängige, neutrale und Gewerke übergreifende Beratung ohne Verkaufsinteresse wird die Verunsicherung der Hausbesitzer gegenüber regenerativen Lösungen aufgelöst und so individuell sinnvolle Investitionen getätigt.
Werden Energieplaner arbeitslos?
Andreas Kuhlmann, Geschäftsführer der Deutschen Energieagentur DENA wird sich fragen lassen müsse: Wie konnte er zulassen, dass seine 11.000 zwangsweise kostenpflichtig bei ihm gelisteten Energieeffizienz-Experten vom Markt überfallartig ausgeschlossen werden sollen? Das über Jahrzehnte mit staatlicher Unterstützung mühsam aufgebaute und geförderte Fachwissen wird ignoriert. Tatsächlich sind damit viele Existenzen bei Planern stark gefährdet. Heinz Pluszynski, Vorsitzender des Fachausschusses Energieberatung der DGS, wundert sich über die entstehende Konkurrenzsituation zu den KfW-Förderprogrammen. Denn nach den für 2020 angekündigten Erhöhungen werden die Zuschüsse deutlich höher sein als bei der Steuerförderung.
Offenbar weiß die Bundesregierung jetzt schon, dass diese steuerliche Förderung nicht ausreichend ist: Im ersten Jahr rechnet sie mit nur 242.000 Anträgen (Seite 18 des Gesetzentwurfs) bei rund 16 Mio. Einfamilienhäusern und unzähligen Eigentumswohnungen. Von der notwendigen jährlichen Sanierungsquote von 2% im Gebäudebestand ist das weit entfernt.