17.12.2021
Atommüll-Endlager: Nicht Ende, sondern Neubelebung der Atomenergie?
Ergänzung zu einem Kommentar von Christfried Lenz
In den DGS-News vom 22.10.2021 hatte Christfried Lenz im Artikel "Erdgas, CCS und Atom: fruchtlose Versuche gegen die Überlegenheit der Erneuerbaren" geschrieben: "Das Endlager an sich ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits wollen wir, dass der gefährliche Müll möglichst bald sicher gelagert wird, andererseits kann das Endlager Einladung für weitere Atomenergie-Nutzung sein, denn deren Hauptmanko, die fehlende Müllentsorgung, wäre damit beseitigt. Dieser ungewollten Wirkung könnte ein Riegel vorgeschoben werden, indem das Endlager nicht größer dimensioniert wird als zur Aufnahme des bis 2022 produzierten Mülls erforderlich."
Zu dem Artikel, der auch im pv-magazine erschienen war, meldete sich das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Aus der Diskussion ging eine offizielle Anfrage des Autors an das Amt hervor, die kürzlich beantwortet wurde. Daraufhin fasst Christfried Lenz seine Sicht der Lage folgendermaßen zusammen:
EU-Ratspräsidentin Ursula von der Leyen hat vorgeschlagen, in der „Taxonomie“ Atomenergie und Erdgas als klimafreundlich und nachhaltig einzustufen. Wird es beschlossen, kommen diese beiden Energieformen in den Genuss von Fördergeldern, die den erneuerbaren Energien dann fehlen. In Deutschland läuft mit Hochdruck die Suche nach einem Endlager-Standort für hoch radioaktiven Müll. - Besteht da ein Zusammenhang? Soll das Müll-Endlager etwa grünes Licht für einen Neustart der Atomenergie geben, indem dern Manko – die ungeklärte Abfallfrage – dann beseitigt ist?
Aus folgendem Grund drängt sich diese Frage auf: Die gesetzlichen Regelungen legen keine maximale Größe des Endlagers fest! Wer meint, dass der in Deutschland bis 2022 produzierte Müll hineinpassen muss und das Kapitel „Kernenergienutzung“ damit abgeschlossen ist, täuscht sich also. Das Lager kann weitaus größer werden als zur Aufnahme des bis 2022 angefallenen hoch radioaktiven Mülls erforderlich. Es lädt dann zur Anlieferung von weiterem Müll, mithin zum weiteren Betrieb von Atomkraftwerken ein.
In § 1 (6) des Gesetzes zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle ist das angelegt: "Die Endlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle am auszuwählenden Standort ist zulässig, wenn die gleiche bestmögliche Sicherheit des Standortes wie bei der alleinigen Endlagerung hochradioaktiver Abfälle gewährleistet ist." Offenkundig eröffnet dies die Möglichkeit, schwach- bis mittelradioaktive Abfälle zunächst im Endlager unterzubringen, von dort aber in andere, für diese Kategorie ausreichende Lager zu verbringen, wenn im Endlager Platz für zusätzliche hoch radioaktive Abfälle benötigt wird.
Eine entsprechende Anfrage beim Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) erhielt eine diffuse Antwort, die die besagte Möglichkeit nicht verneint.
Basis der bisherigen im Großen und Ganzen konstruktiven Begleitung des Endlagersuchprozesses durch die Bevölkerung war der Glaube, dass die Endlagerung der Abfälle gleichzeitig auch das Ende des „technologischen Irrweges Atomenergienutzung“ bedeutet. Nachdem sich dieser Glaube getäuscht sehen muss, dürfte die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Suchprozesses in der bisherigen Weise hinfällig sein.