17.02.2023
Windkraft mit weniger Klimawirkung
Ein Überblick von Götz Warnke
Die tägliche Energiegewinnung mit Anlagen der Erneuerbaren Energien ist im Gegensatz zu den Fossil-Energien frei von Klimagasen und damit klimafreundlich. Allerdings hinterlässt die Herstellung der Anlagen der Erneuerbaren Energien selbst durchaus Emissionen wie Luftverschmutzung, aber auch Klimagase. Diese sind zwar im Vergleich zu den Fossilen immer noch gering, müssen aber in einer Gesamtbetrachtung, d.h. aller Treibhausgase inklusive der jeweiligen Vorketten, mit berücksichtigt werden.
Nicht nur jede einzelne der Erneuerbaren Energien hat dabei ihre spezifische Ökobilanz, auch innerhalb der einzelnen Energien gibt es z.T. deutliche Unterschiede, etwa bei der Wasserkraft zwischen Laufwasser- und Pumpspeicher-Kraftwerken, bei der Windenergie zwischen Onshore und Offshore, und bei der Fotovoltaik zwischen mono- und polykristallinen Zellen sowie im Dünnschichtbereich zwischen CdTe-Modulen und CIGS-Modulen. Um überhaupt eine Vergleichsbasis zu haben, werden die Klimagasemissionen der einzelnen Techniken auf CO2-Äquivalente pro über die Lebensdauer erzeugter kWh umgerechnet.
Auch wenn man im Bereich der Erneuerbaren Energien die Klimagas-Emissionen in den vergangenen Jahren immer weiter reduziert hat, und beispielsweise die Windenergie mittlerweile die günstigsten CO2-aeq/kWh-Werte hat, bleibt trotzdem „noch Luft nach oben“. Dies wurde kürzlich wieder auf der Fachveranstaltung „Baugrunderkundung, Baugrundverbesserung und Gründungen für Windenergieanlagen“ deutlich, die vom „Haus der Technik“ in Essen als Hybridveranstaltung wie gewohnt professionell ausgerichtet wurde. Denn während bei der PV die CO2-Lasten vor allem in der Silizium-Verarbeitung und ihren hohen Temperaturen liegen, so hat die Windenergie ihr Problem bei den Fundamenten. Immerhin gilt die Zementherstellung klimapolitisch als schmutzigste Industrie der Welt, zu der es praktisch (noch) keine „saubere“ Alternative gibt.
Materialeinsparung und Effizienz - die Königswege?
Was also tun? Mangels verfügbarer Alternativen liegt der Focus derzeit bei Material-Einsparungen und -Effizienz. Das zeigt sich zum einen dort, wo zur Stabilisierung des Windturm-Fundaments vorher noch Bodenverbesserungs-Arbeiten vorgenommen werden müssen. Für diese gibt es verschiedene Verfahren: Rüttelstopfverdichtung (RSV), Dynamische Intensivverdichtung (DYNIV), Controlled Modulus Columns (CMC). Zwar haben alle Verfahren ihre spezifischen Vor- und Nachteile, aber was das Treibhauspotential (GWP) anbelangt, so erzeugt das DYNIV-Verfahren im direkten Vergleich nur ca. ein Drittel der Treibhausgasemissionen der beiden anderen, wie die Ingenieure Johannes Kirstein und Thomas Hartwig in ihrem Haus-der-Technik-Vortrag aufzeigten.
Selbstverständlich beschränkt sich die Herausforderung zu mehr Klimafreundlichkeit nicht auf das Thema Bodenverbesserung. Auch der Bereich Fundamente steht im Fokus, wie wie Dipl.-Ing. Alexander Martin von CTE Wind in seinem Vortrag "WEA Fundamente: Optimierte Standard- und Sonderlösungen" zeigte: Nicht nur lässt sich durch Verwendung von runden Fundamenten gegenüber den verbreiteten 8-eckigen Fundamenten ca. 10 Prozent der Stahlbewehrung sparen, sondern neue Rippenfundamente können auch bis zu 50 Prozent Beton einsparen. Diese seien allerdings durch die komplexe Verschalung für den Betonguss aufwändiger und damit teurer – wobei es inzwischen auch Rippenfundament-Fertigteile gibt, die auf der Baustelle nur noch mit dem Ankerkorb verspannt werden müssen. Auffällig sei nach Martin, dass sich seit dem Jahr 2022 erstmals Kunden nach den CO2-Emissionen der verschiedenen Fundament-Typen erkundigen würden.
Diese Tendenz des Jahres 2022 mit dem vermehrten Fokus auf die Nachhaltigkeit konnte Dipl.-Ing. Rüdiger Marquardt von RWE Renewables GmbH/Essen nur bestätigen: neben den aufkommenden Hybridtürmen und Halbschalen-Segmenten – Turmsegmente mit sechs Metern Durchmesser sind auf Straßen kaum noch zu transportieren – ständen auch Holztürme wie die von Modvion/Schweden oder Moelven/Norwegen vor einer Renaissance, bei denen es sich um laminierte Mehrschichten-Holztürme handelt.
Auch wenn Holztürme sich wohl noch lange auf den Onshore-Bereich beschränken dürften, so zeigt sich die von Martin und Marquardt beobachtete nachhaltige Zeitenwende auch im Offshorebereich: Dort hat die Zertifizierungsgesellschaft DNV vor einem Jahr eine Studie mit dem Titel "Comparative study of concrete and steel substructures for FOWT" vorgelegt – und die beschäftigt sich mit dem Klima-Impakt der schwimmenden Offshore-Windturbinen.