16.04.2021
„Es wäre natürlich toll, wenn noch mehr junge Leute sich aktiv einbringen würden“
Ein Bericht von Tatiana Abarzúa
Ende nächsten Jahres werden die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz gehen (Isar 2, Neckarwestheim 2, Emsland). Der Ausstieg ist also in greifbare Nähe gerückt. Noch viel länger wird uns alle – ältere und jüngere Generationen – das Thema Atommüll begleiten.
Bis 2031 soll das Verfahren der Endlagersuche in Deutschland abgeschlossen sein, 2050 das gesuchte Endlager für hochradioaktive Abfälle in Betrieb gehen, die Einlagerung also beginnen. Dieses Endlager soll über einen Zeitraum von 500 Jahren nach dem Verschluss wieder auffindbar sein, und es soll möglich sein, ein Rückholbergwerk zu errichten, um die Behälter wieder zu bergen – für den Fall, dass künftige Generationen diesen Wunsch haben sollten. Das Standortauswahlverfahren setzt die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) um, derzeit wertet sie die vorliegenden geologischen Daten aus. Diese werden u.a. von den geologischen Diensten der Länder und der Bundesanstalt für Geologie und Rohstoffe (BGR) zur Verfügung gestellt. Zuständig für Koordination, Kontrolle und Beaufsichtigung der Endlagersuche ist das Bundesamt für die Sicherheit in der nuklearen Entsorgung (BaSE), die den Standortregionenvorschlag der BGE prüfen wird. Seit der Veröffentlichung des Zwischenberichts Teilgebiete am 28. September 2020 (die DGS-News berichteten) – das erste gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsformat im Standortauswahlverfahren – bezieht sich die weitere Arbeit der BGE auf die dort genannten Flächen. Rund 54 Prozent der Landesfläche stellen den Suchraum dar, für einen "Standort, der die bestmögliche Sicherheit für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle für eine Million Jahre bietet". Ein sehr langer Zeitraum und eine Herausforderung für mehrere Generationen.
Debatte um den Gestaltungsspielraum für junge Menschen
„Können sich junge Leute wirklich bei der Endlagersuche einbringen?“ So lautet die Eingangsfrage eines Podiumsgesprächs, das online stattfand. Es unterhielten sich Jorina Suckow und Felix Klaschka, beide 28 Jahre alt und in der Rolle als Repräsentanten der jungen Generation eingeladen. Sie hatten an einem Jugendbeteiligungsworkshop teilgenommen, bei dem Ideen für eine bessere Einbindung der jungen Generation entwickelt wurden. Die Veranstaltung moderierte Maren Drewes, eine junge Philosophin. Suckow ist eine Bürgervertreterin im Nationalen Begleitgremium (NBG), ein Gremium, welches die Aufgabe hat, die Endlagersuche „unabhängig, gemeinwohlorientiert und vermittelnd“ zu begleiten. Im NBG sind zwölf anerkannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und sechs Bürgerinnen und Bürger, die das Bundesumweltministerium auf Basis einer Zufallsauswahl bestimmt. Für die Juristin Suckow ist es wichtig, dass alle „als Gesellschaft wissen, wie wir mit diesen hochradioaktiven Stoffen umgehen“. Mit Blick auf den Prozeß des Standortauswahlverfahrens ergänzt die Hamburgerin: „Es wäre natürlich toll, wenn noch mehr junge Leute sich aktiv einbringen würden“. Klaschka ist Umweltwissenschaftler und sagte, dass sein Freundeskreis kein größeres Interesse am Thema Endlagersuche zeige. Ein wichtiger Aspekt für ihn ist, dass „die jungen Leute informiert sind, daran teilnehmen zu können.“ Das sei in der Vergangenheit schief gelaufen. Beim Podiumsgespräch wurden einige Kritikpunkte am Partizipationsprozess angesprochen, etwa das fehlende Vetorecht. Ein anderer oft geäußerte Vorwurf ist mangelnde Transparenz und Zugänglichkeit der geologischen Daten. Klaschka nimmt an, dass im Laufe der nächsten Prozesschritte, wenn die Gebiete eingegrenzt werden, die Betroffenheit der Bürger stärker sein wird. Problematisch haben beide Interviewgäste die Tatsache gesehen, dass sie für Jugendliche ja selber gar nicht eine junge, sondern eine alte Generation darstellen, und deshalb etwa nicht für 16-jährige sprechen können.
Da die Veranstaltung als Livestream stattfand, konnten Zuschauer die Debatte kommentieren. Es wurden mehrere konstruktive Vorschläge für eine Beteiligung junger Menschen genannt: Kontinuität ermöglichen durch die Verankerung des Themas im Schulunterricht, Vertrauen durch Verantwortung schaffen (und umgekehrt), mehr Präsenz für das Thema in den sogenannten Sozialen Medien, Weitergabe von Wissen und Erfahrung zwischen den verschiedenen Generationen.
Als Vorbereitung zum zweiten Beratungstermin Fachkonferenz Teilgebiete im Juni 2021 ist, laut einer Workshop-Dokumentation, ein „Dialogformat für die junge Generation im Mai 2021“ geplant.