15.11.2019
Die neuen Taktiken der Klimawandel-Leugner
Am 9. November veröffentlichte Robin McKie im britischen Guardian den Artikel: „Climate change deniers’ new battle front attacked“, Er beschäftigt sich darin mit Aussagen des renommierten Klimawissenschaftlers Michael E. Mann. Der Professor für Atmosphärenwissenschaft und Direktor des Earth System Science Center an der Penn State Universität, ist Autor zahlreicher Bücher, u.a. auch von „The Madhouse Effect“ (auf Deutsch hier erschienen). Den Text von Robin McKie haben wir hier frei für Sie übersetzt.
"Die Auseinandersetzung zwischen den Leugnern des menschengemachten beschleunigten Klimawandels und der Umweltbewegung ist in eine neue, skrupellose Phase getreten, so die deutliche Warnung eines der weltweit führenden Klimaexperten, Michael E. Mann, dem Direktor des Earth System Science Center an der Pennsylvania State Universität.
Mann sagte dem britischen Observer, dass es zwar immer schwieriger werde, die globale Erwärmung, angesichts immer weiter zunehmender Beweise, zu verleugnen, dies bedeute jedoch keineswegs, dass die selbsternannten Klimaskeptiker den Kampf aufgegeben haben.
So versuchen sie vermehrt, von der Suche nach politischen Lösungen für die globale Erwärmung abzulenken, in dem sie den Fokus auf individuelle Verhaltensänderungen legen. Dabei lenken sie die Aufmerksamkeit auf die Ernährungsweise, die Art zu Reisen und andere persönliche Verhaltensweisen. "Das ist eine Ablenkungskampagne, von der bereits viele wohlgesonnene Menschen vereinnahmt wurden", betont Michael Mann.
Mann unterstrich, dass Einzelmaßnahmen – wie weniger Fleisch zu essen oder auch Flugreisen zu vermeiden - im Kampf gegen die globale Erwärmung natürlich wichtig seien. Jedoch sollten sie vielmehr als unterstützende Maßnahmen zur Bekämpfung der globalen Erwärmung denn als Ersatz für politische Reformen angesehen werden.
"Wir sollten uns deshalb auch bewusst sein, dass jene Kräfte die „Lifestyle-Change-Bewegung“ instrumentalisieren, um diese wiederum dazu zu bringen, sich untereinander zu zerstreiten. Das alles nimmt den Druck von den Bemühungen zur Regulierung der fossilen Industrien. Dieser Ansatz ist eine sanftere und in vielerlei Hinsicht schädlichere Art der Verleugnung."
In den letzten 25 Jahren spielte Mann eine Schlüsselrolle bei der Feststellung, dass der Anstieg von Emissionen durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe und somit die Zunahme an Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre den Planeten in besorgniserregender Geschwindigkeit erwärmt. Es war deshalb auch kein Zufall, dass im Zuge der „Climategate-Affäre“ 2009 Tausende von E-Mails - viele davon an und von Mann, gehackt wurden. Das Ganze geschah im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klimaforschungsabteilung an der Universität von East Anglia [UEA]. Climategate feiert in diesem Monat übrigens ein trauriges 10-jähriges Jubiläum. Damals behaupteten Leugner auf beiden Seiten des Atlantiks, dass die E-Mails der UEA zeigten, dass Klimawissenschaftler ihre Daten manipuliert hatten. Diese Behauptungen haben möglicherweise zu Verzögerungen bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels des darauffolgenden Jahrzehnts beigetragen, so außenstehende Beobachter.
Nachfolgende Untersuchungen ergaben jedoch keinerlei Hinweise auf ein Fehlverhalten der Forscher. Die „Leugnungsmaschinerie“ habe dadurch viel an Glaubwürdigkeit verloren, fügte Mann hinzu, und die Akzeptanz der Idee der globalen Erwärmung in der Öffentlichkeit allmählich zugenommen.
Die Leugner haben jedoch ihre Ablehnung von Plänen zur reduzierten Nutzung fossiler Brennstoffe noch lange nicht aufgegeben. Eine weitere Taktik besteht beispielsweise darin, eine Art Weltuntergangsstimmung zu kreieren. Dabei hantiert man mit der Behauptung, dass es für uns mittlerweile zu spät sei, gegen die globale Erwärmung anzugehen, so dass wir nichts mehr gegen das Problem ausrichten könnten. Befördert man eine solch düstere und schicksalshafte Haltung, werden Menschen auf einen Weg der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit und schließlich der Untätigkeit, und somit an den gleichen Ort, auf den die völlige Leugnung des Klimawandels weist, geführt.
Das ist der neue Kampf um das Klima, sagte Mann, er ist genauso gefährlich wie der alte, der sich auf die völlige Ablehnung der Wissenschaft konzentrierte. Dieser neue Ansatz besitze leider eine gewisse Authentizität, fügte er hinzu. Es erscheint vielen Menschen vernünftig. Und das mache es teilweise noch gefährlicher, so Mann abschließend."
Matthias Hüttmann
Hinweis
Diesen Cartoon und viele weitere Zeichnungen des Pulitzer-Preisträgers Tom Toles finden Sie in dem Buch „The Madhouseeffect“, welches Toles zusammen mit dem Klimaforscher Micheal E. Mann veröffentlicht hat. Hier können Sie die deutsche Ausgabe erwerben.