15.03.2019
Wärmewende: Ist das jetzt nur noch Politikversagen?
Sieht man sich um auf der ISH 2019, der „Weltleitmesse für Wasser, Wärme, Klima“, dann kann nicht viel dran sein, an einer stockenden Wärmewende. Mit mittlerweile 2.532 Ausstellern aus 57 Ländern, etwa einem Drittel davon kommt aus Deutschland, steht man prächtig da. Die Branche strotzt nur so vor Selbstbewusstsein. Die Frage ist allerdings, wie es neben der Ökonomie um die ökologischen Aspekte bestellt ist. So hat man sich schließlich auf die Fahne geschrieben, Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit, wie Nachhaltigkeit, zu haben. Selbstkritisch sieht man sich vor großen Herausforderungen wie der Digitalisierung, die Suche nach Fachkräften und den Klimawandel gestellt. Das erste Bereich, die Digitalisierung, ist mehr als präsent, offensichtlich sieht man hier auch ein großes Marktpotenzial.
Das Technologie- und Energie-Forum von BDH (Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie) und der Messe Frankfurt und weiteren Partnern schmückte sich mit der Schirmherrschaft des Bundesministers für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier. Das ist fast schon amüsant, wenn man sich die Statements von Thorsten Herdan, dem Leiter der Abteilung „Energiepolitik – Wärme und Effizienz“ im selbigen Ministerium zu Gemüte führt, wie sie auf der Pressekonferenz des BDH zu hören waren. Auf die Frage, wann denn seiner Einschätzung nach das vielfach angekündigte Gebäudeenergiegesetz (GEG) nun kommen werde, ließ er durchblicken, dass es sicher 2019 so weit sein wird, „weil es einfach kommen müsse“. Jedoch machte er aber auch kein Hehl aus seinem Unmut bezüglich der Arbeit innerhalb der Bundesregierung. So sei das GEG zwar endlich Ende letzten Jahres fertig geworden, befinde sich seitdem allerdings in einer scheinbar endlosen Ressortabstimmung, wo es im Zuge des Streits über das Klimaschutzgesetz gar in Sippenhaft gehalten werde. Für Herder ist dies, ebenso wie das leidige Thema der steuerlichen Förderung von Modernisierungsmaßnahmen im Bereich des Gebäudebestands, schlichtweg Politikversagen: Dieser Begriff fiel mehrmals.
Apropos GEG: Laut BDH-Präsident Uwe Glock glaubt man im Bundesinnenministerium nicht mehr daran, dass es dieses Jahr noch etwas damit werden könnte. Das ist möglicherweise auch gar nicht so sehr wichtig, schließlich ginge es, da waren sich Herdan und Glock einig, vor allem um den Bestand der Gebäude und der sich dort befindlichen Wärmeerzeuger. Der wird von besagten GEG bekanntlicherweise gar nicht tangiert. Herder machte in dem Zusammenhang interessanterweise deutlich, dass es im Zuge geplanter Zurückführungen, Vereinfachungen und Zusammenfassungen von Fördermaßnahmen keine staatliche Unterstützung fossiler Heizkessel mehr geben solle, da dies der absolut falsche Weg sei. Aber auch ein groß angelegter Austausch von veralteten Heizungen wäre schon allein aus Kapazitätsengpässen innerhalb der Branche nicht zu „wuppen“.
Dass man insgeheim schon auf eine neue Regierung, welcher Couleur auch immer, hofft, ließ auch die Bemerkung Herdans schließen, dass es für ein Erreichen der Klimaschutzziele notwendig sei, einen gesellschaftlichen Konsens zu bewirken. Dieser könne aber nur erreicht werden, wenn die jeweiligen Parteiprogramme angepasst würden. Dies, so Herden, sei sicherlich erst in der nächsten Legislaturperiode möglich. Aber auch Glock strahlte nicht gerade viel Optimismus aus, als er feststellte, dass die Klimaschutzziele mit dem aktuellen Tempo nicht erreicht würden und Deutschland an Strafzahlungen so nicht vorbeikäme. Sein „Appell an die Politik“: Wir müssen heute Maßnahmen generieren, die uns nach vorne bringen! Aktuell, so Glock, sei das Verständnis für die Politik nicht mehr vorhanden, leider gebe es immer nur vage Versprechungen.
Um die notwendige Akzeptanz für die Energiewende herzustellen, müssten die positiven Aspekte einer solchen Transformation deutlicher nach vorne gestellt werden. Das machte auch Wilko Specht, Geschäftsführer der „Initiative Energieeffizientes Gebäude“ des BDI in einem Vortrag auf dem Technologie- und Energie-Forum, deutlich. So fokussiere sich nach Ansicht des BDI die politische Diskussion zu sehr auf bezahlbaren Wohnraum und die Schaffung von Wohneigentum, siehe Baukindergeld und Wohnungsgipfel. Auch würden insbesondere bei Sanierungen missverständliche Botschaften gesetzt, so dass diese immer wieder als Gefahr für bezahlbaren Wohnraum betrachtet würden.
Alles das konnte man auf der Messe selbst materialisiert wiederfinden. Alter Wein in digitalen Schläuchen, Apps statt Anwendungen, fossil-dominierte Technologien für den großen europäischen Markt, High-Tech, die sich im Kreis dreht statt Innovationen für eine nachhaltige Energieversorgung. Technologie, deren primäre Motivation im Generieren von Wachstumsmärkten zu liegen scheint. Denn, das vergessen viele im Überschwang der Spitzentechnologie, auch Lowtech kann innovativ sein und die Entwicklung angepasster Technologie eine größere Herausforderung darstellen. So lange man nur auf die gleichen alten Zugpferde setzt und sich vor allem um deren Dekoration kümmert, wächst wenig Neues nach. Was jedoch nötig wäre. Denn eine hocheffiziente, volldigitalisierte und schick designte Hybridheizung bleibt eine emissionsbehaftete Verbrennungsmaschine, die nicht mehr zeitgemäß ist. So gab es nur wenig Lichtblicke. Einen wollen wir hier gerne herausheben. Auch wenn der gute alte Sonnenkollektor kaum noch zu finden ist und bisweilen auf schon absurde Weise auf Messeständen (Bild 5) präsentiert wurde, ist er als PVT-Kollektor oder gar „Wärmepumpenkollektor“ durchaus wieder zu sehen. Vielleicht ist es ja so möglich, das angestaubte Image der Solarthermie ein wenig aufzubessern. Für den Klimaschutz wäre es zu hoffen, was uns wiederum freuen würde.