15.01.2021
EEG 2021 in Kraft getreten
Eine Betrachtung von Jörg Sutter
Zum 01.01. 2021 ist das „EEG 2021“, die Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, in Kraft getreten. Viele Punkte wurden noch im parlamentarischen Verfahren verändert, doch der große Wurf wurde es – trotz einiger positiver Veränderungen kurz vor Ende – nicht, auch bleiben viele Fragen noch offen.
Es ist verabschiedet
Kurz vor Weihnachten im vergangenen Jahr ging es durch Bundestag und Bundesrat, am 28.12.2020 wurde der offizielle Text im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Seit einigen Tagen hat die Stiftung Umweltenergierecht auch eine Synopse, also eine Gegenüberstellung EEG 2017/EEG 2021 veröffentlicht, diese findet sich hier.
Mit der Veröffentlichung kurz vor Jahresende konnte das EEG 2021 zum 01.01.2021 in Kraft treten. Wer schon einen Blick in den Gesetzestext geworfen hat, hat aber schon entsetzt festgestellt, dass der verabschiedete Text nicht lesbar ist, da er nur die Änderungen zum EEG 2017 beinhaltet („wird in § 48 Abschnitt (2), Satz 4 das „und“ gestrichen und als Satz 5 ergänzt:“). Bei konkreten Umsetzungsfragen zu Bestandsanlagen muss in Zukunft das EEG 2017 und das EEG 2021 nebeneinanderliegend betrachtet werden. Für alte Anlagen gilt prinzipiell das EEG 2017 weiter, für neue Anlagen (Inbetriebnahme/Zuschlag nach 01.01.2021) prinzipiell das EEG 2021, aber es gibt eine Reihe von Ausnahmen. So gilt zum Beispiel die neue EEG-Umlagebefreiung für Anlagen bis 30 kWp Größe und 30 MWh Eigenverbrauch pro Jahr ab 01. Januar 2021 auch für alte Bestandanlagen.
Es bleibt unsportlich
Schon die Grundlagen der Novelle haben wir früh kritisiert: Die Annahme des Wirtschaftsministeriums, dass der Stromverbrauch in Deutschland bis 2030 nicht zunehmen wird, wird auch von der überwiegenden Zahl der Forschungsinstitute nicht geteilt. Unsportlich fallen daher auch die Ausbauziele für die PV aus: In den kommenden Jahren sollen rund 5 GW pro Jahr mit dem EEG aufgebaut werden – das ist kaum mehr, als im vergangenen Jahr 2020 realisiert wurde. Ambitioniert ist anders. Doch hier steht möglicherweise eine baldige Änderung ins Haus: Sobald die EU ihre Reduktionsziele für die Klimagase endgültig verabschiedet hat, muss auch die Bundesregierung das EEG auf die neuen europäischen Zielwerte anpassen. Wäre man beim Bundeswirtschaftsministerium im Sommer schon mit 10 GW PV-Ausbau pro Jahr ins Rennen gegangen, wäre hier keine schnelle Korrektur notwendig.
Es bleibt sportlich
Sportlich bleibt das EEG aber für die Betreiber und Projektierer: Der Degressionsmechanismus wurde zwar reformiert, aber die monatliche Absenkung der EEG-Vergütung bleibt erhalten und damit auch der Anspruch, dass die PV weiter immer günstiger werden muss. Im Januar 2021 gelten noch die von der Bundesnetzagentur festgesetzten Vergütungshöhen, im Februar greift schon die neue Degression (siehe Bild). Dabei wurden im EEG 2021 sowohl die monatliche Degression als auch die Korridor-Grenzwerte verändert, ab 2023 kommen weitere Korrekturen dazu. Prognosesicherheit? Fehlanzeige. Ich gehe derzeit davon aus, dass es ab Februar zu einer Vergütungssenkung von 1,4 Prozent pro Monat kommt. Bald wissen wir mehr – aber auch nur wieder für die kommenden drei Monate.
Dabei können sich die Vergütungswerte für PV-Anlagen nach 20 Jahren Bestandsdauer des EEG sehen lassen: Bis 10 kWp sind es in diesem Januar für neue Anlagen 8,16 ct/kWh, bis 40 kWp 6,22 und bis 100 kWp 5,61 ct/kWh: Noch nie war Solarstrom so günstig! Bei den Ausschreibungen für große Freiflächen brauchen sich Projektierer nun nicht mehr bewerben, wenn die Stromkosten der Anlage mehr als 6 ct/kWh betragen, der Höchstwert des EEG 2021 ist hier auf 5,9 ct/kWh festgelegt. Volkswirtschaftlich ist das phantastisch, denn damit ist die Photovoltaik eine echte Stromkostenbremse geworden.
Sportlich bleibt es auch für Betreiber, Projektierer und Berater, denn die Komplexität des EEG bleibt bestehen und wurde sogar noch eifrig ausgebaut. Wer einfach einmal nachschauen möchte, wann für welche Anlagen (über 7 kWp) nun die Smart-Meter-Pflicht greift, wird anhand des Gesetzestextes schlicht verzweifeln. Und ja, es gibt natürlich auch Ausnahmen, bei denen zukünftig die Smart-Meter auch unter 7 kWp zum Einsatz kommen müssen.
Bis vorgestern las auch ich aus dem EEG-Text die Vergütungsklasse bei Mieterstrom „bis 750 kWp“ heraus. Jedoch: Unsere juristischen Experten wiesen darauf hin, dass an anderer Stelle im Gesetz der Mieterstrom weiterhin auf Anlagengrößen bis 100 kWp begrenzt bleibt. Danke an dieser Stelle für solche Hinweise, ich denke, die Interpretation des komplexen Gesetzeswerkes wird auch uns noch längere Zeit beschäftigen.
Wir bei der DGS haben jedenfalls den Willen, dazu beizutragen, mehr Licht ins Dunkel des EEG bringen zu bringen, sei es durch Texte in den DGS-News, der SONNENENERGIE oder durch Veranstaltungen wie Vorträge und Webinare.
Es bleibt unklar und komplex
Und nicht nur die Komplexität bleibt, es bleibt aktuell auch die Frage, wie sich die noch fehlende EU-Freigabe des EEG 2021 in der Praxis bemerkbar machen wird. Eine erste Stimme hat in dieser Woche eine Freigabe erst für Anfang Sommer 2021 (!) vermutet, das wäre eine unerträglich lange Zeit der Rechtsunsicherheit.
In dieser Zeit gilt: Das EEG 2021 ist gesetzlich in Kraft, doch vor der EU-Freigabe dürfen die Regelungen, die eine finanzielle Förderung tangieren, nicht angewendet werden. Können neu errichtete PV-Anlagen dann trotzdem ihre Vergütungszahlung erhalten? Können die Freiland-Ausschreibungen wie geplant stattfinden – der nächste Termin dafür ist schon der 01. März 2021? Das alles ist fraglich und könnte wieder belegen, dass das Bundeswirtschaftsministerium mit dem Streuen von Unklarheiten und Unsicherheiten bisher das beste Mittel zur Dämpfung des PV-Zubaus gefunden haben könnte. Wäre der Referentenentwurf schon im Frühjahr 2020 gekommen und das EEG ein halbes Jahr früher in Angriff genommen worden wäre das heute alles schon in trockenen Tüchern.
Zum Glück bleibt ein kleiner, aber wichtiger Baustein des EEG 2021 von der Unsicherheit verschont: Die Regelung für die Weitereinspeisung von Ü20-Anlagen kann guten Gewissens angewendet werden, den hier wird keine Förderung ausgesprochen und daher wird dadurch auch kein Tatbestand des Beihilferechts berührt. Es wird nur der Marktpreis abzüglich Vermarktungskosten ausbezahlt. Ü20-Betreiber können also in den kommenden Wochen und Monaten getrost (wenn auch wenig wirtschaftlich) den Strom an ihren Netzbetreiber geben und sich in Ruhe umschauen, ob ein Umbau auf Eigenversorgung Sinn macht oder z.B. das lokale Stadtwerk oder ein anderer Vermarkter ein attraktives Angebot für den zukünftigen Weiterbetrieb macht. Erste Angebot sind hier schon veröffentlicht worden.
Es geht weiter
Mit der Verabschiedung ist das EEG 2021 zwar jetzt Gesetz, doch ausruhen können sich die Anwender in den kommenden Monaten trotzdem nicht. Zum einen steht noch die Freigabe der EU-Kommission aus, die sich eventuell noch länger hinziehen kann und möglicherweise noch inhaltliche Änderungen nach sich ziehen könnte. Zum anderen wurde über einen Entschließungsantrag, der parallel zum Gesetz von der Regierung verabschiedet wurde, verabredet, dass weitere Punkte ab dem 1. Quartal 2021 verändert werden sollen: Wichtigster Aspekt dabei sind die erhöhten Klimaziele der EU, die bislang in den EEG-Regelungen noch nicht eingeflossen sind. Man kann damit rechnen, dass die Ausbauziele – auch für die Photovoltaik – damit noch deutlich angehoben werden. Rahmenbedingungen für PPA-Anlagen (ohne Förderung) sollen ebenfalls verbessert werden, dagegen soll auch „geprüft werden, ob eine Senkung des Förderbedarfs“ möglich ist.
Fazit: Ausruhen geht nicht, die nächste EEG-Novelle ist schon in Sicht.
In der Zwischenzeit bleibt nun für uns und viele Mitstreiter die große Aufgabe, die komplexen Änderungen und Neuregelungen in die Praxis zu bringen und den PV-Ausbau auch unter nicht optimalen Bedingungen weiter voranzubringen. Dabei behalten wir bitte alle im Auge, dass jedes neue Modul ein positiver Schritt auf dem langen Weg der Energiewende ist. Und rückblickend wird es sich – trotz Mühen – gelohnt haben, wenn wir Ende dieses Jahres nicht nur bei 50 Prozent, sondern vielleicht schon bei 52 oder 54 Prozent erneuerbaren Strom im Stromnetz ankommen werden. Die Hälfte haben wir, die andere Hälfte bekommen wir auch noch hin.