14.07.2023
Hetze gegen Habeck
Eine Polemik von Götz Warnke
Nein, man muss Robert Habeck nicht mögen. Dem Bundeswirtschaftsminister unterlaufen wie jedem Politiker Fehler, und dann gibt es natürlich noch die persönlichen Antipathien. Und selbstverständlich sind Kritiken – ob ad rem oder ad personam – völlig legitim. Doch was im vergangenen halben Jahr durch die mediale und politische Öffentlichkeit rauschte, war keine Kritik mehr, sondern eine gezielte Kampagne mehrerer Medien und Politiker.
Ziel war es offensichtlich, einen ungeliebten Wirtschaftsminister rücktrittsreif zu schießen und/oder zumindest seine verhasste Energiepolitik, insbesondere die Wärmewende, zu Fall zu bringen. Dafür hat man quasi die Strategie der Weltkrieg-I-Generäle übernommen: mediales Trommelfeuer auf breiter Front! Und dieses Trommelfeuer war und ist wirklich breit angelegt.
Die Trauzeugen-Affäre
Es beginnt ad personam mit der Trauzeugen-Affäre um den Staatssekretär Patrick Graichen. Was eigentlich ein persönliches Fehlverhalten von Graichen darstellt, wird verbal als Skandal möglichst dicht an den von der Affäre überraschten Habeck heran gerückt, etwa in Texten als „Trauzeugen-Affäre um Habeck und Graichen“ oder auch in „robert-habeck-trauzeugen-affaere-“. Das führt dann schnell zu direkten oder indirekten Rücktrittsforderungen von Seiten borniert-konservativer Medien wie Springers Welt: Die meint, 50% der Deutschen wollten Habecks Rücktritt, und bezieht sich dabei auf eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitut INSA. Das wiederum lässt sich auf der eigenen Homepage als „INSA ist das präziseste Umfrageinstitut Deutschlands“ rühmen, und zwar vom seit längerem umstrittenen Journalisten Peter Hahne, der heute für die noch umstrittenere, stramm-rechte Plattform „Tichys Einblick“ schreibt. Ja, so gewinnt man Einblick in mediale Netzwerke.
INSA-Gründer Hermann Binkert ist übrigens ein Ex-CDU-Politiker, der gute Kontakte zur AfD hatte.
Erstaunlich: Ähnliche Rücktrittsforderungen dieser o.a. Medien an Frau Merkel unter einer Überschrift wie „Dissertationsschwindel-Affäre um Merkel und von Guttenberg“ sind mir nicht in Erinnerung!
Abgeschaltete AKWs und deshalb Stromimporte
Deutschland exportiert seit 2003 mehr Strom als es verbraucht, hat aber in den vergangenen Jahren zeitweise immer mal wieder günstigen Auslandsstrom importiert. Dass dies auch jetzt nach dem Abschalten der AKWs passiert, wird von den AKW-Befürwortern natürlich gern als Anlass genommen, den angeblich kapitalen Fehler des Atomausstiegs zu propagieren. Und so darf man so „tolle“ Schlagzeilen wie „Nach Atom-Aus: Deutschland auf Importe von Atomstrom angewiesen“ lesen. Nein, Deutschland ist nicht auf Importe von Atomstrom angewiesen! Derzeit verdrängt nur billiger französischer Atomstrom den teureren deutschen Drecks-Braunkohle-Strom aus dem Netz. Wie es in Wirklichkeit aussieht, hat ein FOCUS online Earth-Redakteur gut recherchiert! Doch das wird die vielen medialen und politischen Schwätzer nicht an ihrem Tun hindern.
Die GEG-Katastrophe
Das Gebäude-Energie-Gesetz (GEG), meist „Heizungsgesetz“ genannt, ist eine einzige Katastrophe. Nein, nicht für die Bürger! Sondern für alle Unternehmen, die es gewohnt sind, mittels der Verbrennung fossiler Energien sich die Taschen voll und künftigen Generationen via CO2-Emissionen das Klima kaputt zu machen. Und ja, es trifft auch die Lobbyisten und medialen „Trommlerbuben“ der zentralistischen Energiewirtschaft, denen künftig ihr Weltbild sowie die Anzeigen der Ausgaser, Einöler und Verkohler verloren gehen könnten. Da werden dann im Gegenzug ganze Kampagnen von „Anti-Journalisten“ inszeniert.
Einer dieser Journalisten ist der bei manchen nicht gerade für seine Uneitelkeit bekannte Gabor Steingart. Der Ex-Handelsblatt-Chef und Gründer eines Medienunternehmens mit dem strategischen Partner Axel Springer AG darf sich als Focus-Gastautor dort mit Beiträgen wie „Habeck verärgert das Land mit seinen sieben Heiz-Irrtümern“ oder „Abrechnung mit einer Bastelarbeit - die sieben Vorwürfe gegen das Heizungsgesetz“ sowie vielen dürren Argumenten wie „Habecks 'Heizungs-Hammer' bringt nichts für den Klimaschutz“ oder „Der Wasserstoff als Energieträger wird diskriminiert“ an Habeck und der Wärmewende abarbeiten. Da ist die BILD-Zeitung mit ihrem stetigen Hetz-, pardon: Heiz-Hammer-Stakkato deutlich direkter und klarer.
Gern suchen Medien zur Unterstützung der eigenen Position angeblich glaubwürdig-neutrale Stimmen von Prominenten. Die Augsburger Allgemeine bedient sich z.B. dabei des Ex-SPD-Chefs Rudolf Scharping, der sich dort für Atomkraft ausspricht und formuliert: „Die deutsche Energie-Politik ist untauglich“. Doch da ist wohl eher der energiepolitische Sachverstand des abgehalfterten SPD-Politikers ins Wasser gefallen, der schon als Verteidigungsminister in entscheidenden Momenten (Kosovo-Krieg) baden ging.
Wärmepumpen bringen es nicht
Der Deutsche Dummbeutel und die Medien-Manipulateure „wissen“ es ganz sicher: Wärmepumpen taugen nichts! Für diese Technik ist es a) in Deutschland zu kalt, und b) funktionieren diese Heizungen nur in gut gedämmten Neubauten, basta! Wer stört sich da schon an so lästigen Tatsachen, dass seit Jahrzehnten erfolgreiche Wärmepumpenhersteller wie Daikin, Panasonic und Nibe aus so bisweilen frostigen Ländern wie Japan oder Schweden kommen? Und wer von diesen Hört-nicht-auf-die-Wissenschaft-der-Stammtisch-ist-schlauer-Kapalken möchte überhaupt noch die jahrelangen Wärmepumpen-Forschungen von Dr. Marek Miara und dessen großen Forscherteam am Fraunhofer ISE zur Kenntnis nehmen? Der hat nämlich nachgewiesen, dass Wärmepumpen auch in Bestandsgebäuden gut funktionieren.
Doch bei einigen hilft vielleicht nur pure Empirie: Als ungläubiger deutscher Depp sollte man also, wenn Mutti sonntags den Braten macht und die ganze Küche dampft, dort an den Kühlschrank gehen, um sich ein kaltes Bier aus der heißen Küche holen. Das funktioniert nämlich, denn Kühlschränke sind – böse, böse – millionenfach gebaute, umgekehrt funktionierende Wärmepumpen!
Das finanzielle Elend
Es ist wirklich ein Elend: Da will uns eine autoritäre, „technologiedichte“ Bundesregierung nicht nur das alte deutsche Kulturgut Gasheizung wegnehmen, mit dem wir unter Mutti Merkels Führung doch Jahrzehnte lang so zuverlässig die russische Rüstungsindustrie finanziert haben. Jetzt wird erst einmal zumindest ein Einbau erheblich erschwert -- durch die Hintertür! Und wie teuer das alles wird – (was haben wir eigentlich für die Finanzierung der russischen Rüstung ausgegeben?)! Schrecklich! Dabei will die Regierung nicht mal ihre ursprüngliche Förderungshöhe einhalten. Und dann steigen die Preise für diese Wärmepumpen exorbitant – na ja, nicht ganz so stark wie die Preise für Gasheizungen.
Ist es da nicht gut, wenn flugs wieder einige Markt-Ideologen aus den Kurszettelstapeln hervorgekrochen kommen, und den Emissionshandel- bzw. CO2-Handel als Königsweg preisen, der das ungeliebte Heizungs-Gesetz endlich erledigen könnte. Doch einerseits war dieser Emissionshandel schon bisher nicht sehr erfolgreich, andererseits wird die Verschmutzung der Atmosphäre und das Ruinieren des Klimas sowie der Überlebensfähigkeit künftiger Generationen damit zu einem – wenngleich immer kostspieligeren – Recht geadelt.
Doch genug des kakophonen Katastrophen-Chors und hin zu den Tatsachen. Das Immobilienportal "Immowelt" hat im vergangenen Juni auf Datenbasis aller seit Januar 2017 auf immowelt.de inserierten Angebote für Wohnungen und Einfamilienhäuser ermittelt: Häuser mit Wärmepumpe kosten um bis 13 Prozent, Wohnungen um bis zu 17 Prozent mehr als solche mit Ölheizung. Nimmt man also ein eher kleines Haus von 100 qm Wohnfläche und rechnet mit € 2.500/qm, was etwa dem Durchschnitt in nicht hochpreisigen Bundesländern wie Brandenburg oder Rheinland-Pfalz entspricht, so ergeben sich Hauspreisaufschläge von bis zu € 32.500,-- für den Einbau einer Wärmepumpe, die meist über den noch ungeförderten Einbaukosten einer Wärmepumpe liegen. Bei höheren Quadratmeter-Flächen und -Preisen wird das Verhältnis noch günstiger.
Die Bürger sind also längst nicht so dumm, wie die Propagandamedien es gern hätten!
Fazit
Ja, man muss Robert Habeck nicht mögen. Und der Bundeswirtschafts-und-Energieminister hätte auch sicher das eine oder andere deutlich besser machen können, wie z.B. eine intelligente Finanzierung des Wärmepumpen-Rollouts.
Doch um bessere, kreative Lösungen geht es den medialen und politischen Kampagnen-Reitern nicht. Ihnen geht es um den Erhalt des großindustriell-zentralistischen Energiesystems mit all seinen Abhängigkeitsstrukturen, seinen Profiten und seiner Verhinderung der wünschenswerten, zunehmenden Energieautarkie der Bürger.