14.01.2022
Lithium-Mangel – Ende der E-Mobilität? (Teil 2)
Ein Bericht von Götz Warnke
Lithiumalternativen entwickeln
Lithium-Akkus werden wegen ihrer hohen Energiespeicherdichte (Wattstunden/Wh pro Kilogramm), ihrer geringen Selbstentladung und des kaum vorhandenen Memoryeffekts geschätzt. Zwar spielt das Gewicht des Akkus bei Heimspeichern, Schiffen und auch Bahnen eine eher untergeordnete Rolle, aber für Straßen- und Luftfahrzeuge ist es entscheidend, wie viele Wh man pro Kilo Akkugewicht unterbringen kann. Soll/muss der Lithium-Akku durch eine andere Technik ersetzt werden, so stellt sich primär die Frage nach den Wh/kg und dem Preis. Doch in den letzten Jahren sind eine Vielzahl neuer Akku-Chemien für unterschiedlichste Anwendungen entstanden:
Der Eisen-Luft-Akku des Bostoner Unternehmens Form Energy, an dem indirekt auch B.Gates und J.Bezos beteiligt sind, zielt zwar auf Großbatterien im Netzmaßstab, könnte hier aber wegen des Preises die Lithium-Kapazitäten überflüssig machen.
Heute schon gibt es Redox-Flow-Akkus („Flussbatterien“) von Firmen wie Tesvolt, Volterion u.a., die sich auch als Heimspeicher eignen. Aluminium-Ionen-Akkus, an denen u.a. das Fraunhofer IISB und die TU Bergakademie Freiberg im Rahmen des Projekts ALBATROS arbeiten, könnten ebenfalls Lithium-Akkus künftig im Heimspeicher-Markt ersetzen.
Unter vielen weiteren Projekten bietet der Natrium-Ionen-Akku die besten Chancen, Lithium-Akkus schon bald aus Fahrzeugen zu verdrängen. Das Ausgangsmaterial Natrium (Kochsalz) ist weltweit fast unbegrenzt z.B. im Meerwasser verfügbar; andere kritische Materialien werden nicht benötigt. Der Akku ist zyklen- und kältefest sowie sehr feuersicher. Zudem ist er schnellladefähiger als die Lithiumkonkurrenz und hat praktisch kaum Ladeverluste. Zwar kommt der Akku mit seinen anfänglich rund 160 Wh/kg nur auf ca. 75% der Energiedichte verschiedener Lithium-Akkus, aber mit ca. 40 Euro/kWh (die später auf 25 bis 35 € sinken sollen), liegt er bei nur rund 30% der heutigen Akkupreise, die mit 147 $/kWh (131 €/kWh) zu veranschlagen sind. Ein solcher 50 kWh Autoakku oder Heimspeicher würde gerade einmal rund 2.000 Euro kosten
Das Beste: Der größte chinesische E-Auto-Akkuhersteller CATL will die Produktion bereits nächstes Jahr starten.
Und schließlich: Es sind auch Hybridakkus denkbar, die abwechselnd mit Lithium-Ionen-Zellen und Natrium-Ionen-Zellen bestückt werden. Dabei können die Natrium-Ionen-Zellen ein Durchgehen/Feuerfangen der Lithiumzellen stoppen, während letztere die durchschnittliche Energiedichte gegenüber reinen Natrium-Ionen-Akkus anheben.
Ob es künftig weitere Akkus für die Verkehrswende gibt – etwa weil sich Aluminium-Ionen-Akkus miniaturisieren lassen – bleibt abzuwarten. Jedenfalls lassen sich zumindest die 2020er Jahre mit Lithium-Akkus und Natrium-Ionen-Akkus überbrücken.
Kleinere E-Autos kaufen
Unsere heutigen Autos, insbesondere die SUV, sind keine reinen Transport- oder Sportmittel, sondern sie dienen jenseits des praktischen Nutzwerts als Statussymbol, Imponiergehabe, Fetisch. Meist nur mit einer Person besetzt, erwecken sie den Eindruck, man müsste ständig 3 bis 5 (über-)gewichtige Geschäftspartner durch die Gegend kutschieren. Wenn wir uns von diesen Statuszwängen frei machen könnten, und nur solche Autos kaufen würden, die wir wirklich brauchen angesichts der durchschnittlich-jährliche PKW-Fahrleistung von 11.000 bis 12.000 km und dem überwiegenden Transport von nur 1 bis 3 Personen, dann könnten wir deutlich kleinere Akkus verwenden und so unsere (Lithium-)Akku-Kapazitäten strecken. Eine Tendenz zu kleineren Akkus würde nochmals die Tendenz zu Natrium-Ionen-Akkus verstärken, denn die liefern eine geringere, aber immer noch – selbst im Winter – ausreichende Reichweite, machen das Auto billig, und sind ggf. schnellladefähig.
Fazit
Auch wenn es vorübergehend regional aus politischen oder ökonomischen Gründen zu einzelnen Lieferengpässen beim Lithium kommen kann, so wird es keine allgemeine Lithiumknappheit geben, an der die Verkehrswende scheitern könnte. Die Lithium-Vorkommen sind weltweit verteilt, die Lithiumreserven sind groß und die Lithium-Alternativen sind vorhanden. Wenn wir auf unserem endlichen Planten die Stromspeicherfrage mit Voraussicht und Verstand behandeln, so dürfte es zumindest an dieser Stelle keine Probleme geben.