12.10.2018
Sonderbericht „Global Warming of 1.5°C“ des Weltklimarats (IPCC)
Was steht konkret in dem Bericht: Um das Ziel einer Begrenzung der globalen Erwärmung um 1,5 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit einzuhalten, muss bis 2050 eine weltweite „CO2-Neutralität“ erreicht werden, d.h. die CO2-Menge in der Atmosphäre darf dann nicht mehr steigen. Was es nicht bedeutet, wir hätten bis dahin noch Zeit zu reagieren. Denn die sogenannten Pfade und damit die Geschwindigkeit der Reduktion ist ganz entscheidend für die Folgen. Es ist von tiefgreifenden Veränderungen auf der Nachfrageseite die Rede, einer verminderten Energienachfrage oder einem geringeren Fleischkonsum. Auch werden Maßnahmen zum Entzug von CO2 aus der Atmosphäre angeführt. Dazu Aufforstungsprogramme sowie die CO2-Abscheidung und -Speicherung (Bioenergy with Carbon Capture and Storage, BECCS), Techniken, die zudem sehr umstritten sind.
Ob wir den CO2-Gehalt in der Atmosphäre durch so genannte “negative Emissionen” senken können, ist völlig unklar. Das betont auch Gavin Schmidt, Direktor des NASA Goddard Institute for Space Studies in New York. So seien die möglichen Erfolge sowohl durch Kohlenstoffsequestrierung oder Bioenergie mit Kohlenstoffspeicherung, wie auch die der direkter Luftabscheidung extrem spekulativ. Zudem könnten wir durch direkte Eingriffe ins Klima mittels Geo-Engineering die Temperaturen zwar möglicherweise senken und dadurch vielleicht auch Zeit gewinnen. Aber beide Szenarien hätten, so Schmidt , dramatische und wenig erforschte geopolitische Folgen sowie ein erhebliches moralisches Risiko. Es hieße, den Teufel mit dem Belzebub austreiben zu wollen.
Der 1,5°C Sonderbericht (#SR15) des Weltklimarats IPCC wurde am 8. Oktober 2018 veröffentlicht
- Die Pressemitteilung
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Die Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger (SPM)
- Der vollständige Bericht
Es lohnt sich, die Zusammenfassung für Entscheidungsträger und FAQs zu lesen, die FAQs behandeln die folgenden Fragen:
- FAQ 1.1: Warum sprechen wir von 1,5°C?
- FAQ 1.2: Wie nah sind wir bei 1,5°C?
- FAQ 2.1: Welche Entwicklungspfade begrenzen die Erwärmung auf 1,5°C und sind wir auf Kurs?
- FAQ 2.2: Was haben Angebot und Nachfrage an Energie mit der Begrenzung der Erwärmung auf 1,5°C zu tun?
- FAQ 3.1: Welche Auswirkungen hat eine Erwärmung von 1,5°C und 2°C?
- FAQ 4.1: Welche Veränderungen könnten es ermöglichen, die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen?
- FAQ 4.2: Was sind Kohlendioxidabscheidung und negative Emissionen?
- FAQ 4.3: Warum ist die Anpassung in einer 1,5°C wärmeren Welt wichtig?
- FAQ 5.1: Welche Zusammenhänge gibt es zwischen nachhaltiger Entwicklung und der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C?
- FAQ 5.2: Welche Wege gibt es, um die Armut zu verringern und Ungleichheiten zu verringern, während man die 1,5°C-Welt erreicht?
Zur Übersicht haben wir für Sie ein paar Sätze (im Bericht mit "high confidence" gekennzeichnet) heraus gepickt:
- Menschliche Aktivitäten haben Schätzungen zufolge etwa 1,0 °C globale Erwärmung über vorindustrielle Werte verursacht, mit einer wahrscheinlichen Bandbreite von 0,8 °C bis 1,2 °C. Die globale Erwärmung erreicht 1,5 °C wahrscheinlich zwischen 2030 und 2052, wenn sie mit der aktuellen Geschwindigkeit weiter zunimmt.
- Die Erwärmung durch anthropogene Emissionen seit vorindustrieller Zeit bis heute wird für Jahrhunderte bis Jahrtausende bestehen bleiben und wird weiterhin zusätzliche langfristige Änderungen im Klimasystem bewirken, wie zum Beispiel einen Meeresspiegelanstieg und damit verbundene Folgen.
- Die klimabedingten Risiken für natürliche und menschliche Systeme sind bei einer globalen Erwärmung um 1,5 °C höher als heute, aber geringer als bei 2 °C. Diese Risiken hängen von Ausmaß und Geschwindigkeit der Erwärmung, geografischer Lage, Entwicklungsstand und Vulnerabilität sowie der Wahl und Umsetzung von Anpassungs- und Minderungsmöglichkeiten ab.
- Klimamodelle projizieren belastbare Unterschiede regionaler Klimaeigenschaften zwischen heutigen Bedingungen und einer globalen Erwärmung um 1,5 °C sowie zwischen 1,5 °C und 2 °C. Zu diesen Unterschieden gehören Zunahmen von: Durchschnittstemperaturen in den meisten Land- und Ozeangebieten, Hitzeextremen in den meisten bewohnten Regionen, Starkniederschlägen in mehreren Regionen und der Wahrscheinlichkeit für Dürre und Niederschlagsdefizite in einigen Regionen.
- Bis 2100 wird der globale mittlere Meeresspiegelanstieg laut Projektionen bei 1,5 °C globaler Erwärmung um etwa 0,1 m geringer als bei 2 °C sein (mittleres Vertrauen). Der Meeresspiegel wird bis weit über das Jahr 2100 hinaus weitern ansteigen und das Ausmaß und die Geschwindigkeit dieses Anstiegs hängen von zukünftigen Emissionspfaden ab.
- An Land sind Folgen für Biodiversität und Ökosysteme, einschließlich Artenverlust und -aussterben, laut Projektionen bei 1,5 °C globaler Erwärmung geringer als bei 2 °C. Eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C verglichen mit 2 °C verringert laut Projektionen die Folgen für terrestrische, Süßwasser- und Küstenökosysteme und erhält mehr von deren Dienstleistungen für den Menschen aufrecht.
- Eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C verglichen mit 2 °C verringert laut Projektionen Anstiege der Ozeantemperatur sowie damit verbundene Anstiege des Säuregehalts und Abnahmen des Sauerstoffgehalts im Ozean. Infolgedessen verringert laut Projektionen eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 °C die Risiken für marine Biodiversität, Fischerei und Ökosysteme sowie deren Funktionen und Dienstleistungen für den Menschen. Dies wird durch die jüngsten Änderungen von arktischen Meereis- und Warmwasserkorallenriff-Ökosystemen verdeutlicht.
- Klimabedingte Risiken für Gesundheit, Existenzgrundlagen, Nahrungs- und Wasserversorgung, menschliche Sicherheit und Wirtschaftswachstum (werden laut Projektionen bei einer Erwärmung um 1,5 °C zunehmen und bei 2 °C weiter ansteigen.
- Der Anpassungsbedarf wird bei einer globalen Erwärmung um 1,5 °C in den meisten Fällen geringer sein als bei 2 °C. Es gibt eine große Auswahl an Anpassungsmöglichkeiten, welche die Risiken des Klimawandels verringern können.
- Pfade, welche die globale Erwärmung mit begrenzter oder ohne Überschreitung auf 1,5 °C begrenzen, würden schnelle und weitreichende Systemübergänge in Energie-, Land-, Stadt- und Infrastruktur- (einschließlich Transport und Gebäude) sowie in Industriesystemen erfordern.
- Alle Pfade, welche die globale Erwärmung mit begrenzter oder ohne Überschreitung auf 1,5 °C begrenzen, projizieren die Nutzung von Kohlendioxidentnahme (carbon dioxide removal, CDR) in einer Größenordnung von 100 – 1.000 Gt CO2 im Verlauf des 21. Jahrhunderts. CDR würde genutzt werden, um verbleibende Emissionen auszugleichen, und um – in den meisten Fällen – netto negative Emissionen zu erzielen, um die globale Erwärmung nach einem Höchststand wieder auf 1,5 °C zurückzubringen. Der Einsatz von CDR für mehrere hundert Gt CO2 unterliegt vielfältigen Einschränkungen bezüglich Machbarkeit und Nachhaltigkeit. Bedeutende Emissionsminderungen in der nahen Zukunft und Maßnahmen zur Senkung von Energie- und Landbedarf können den CDR-Einsatz auf ein paar hundert Gt CO2 begrenzen, ohne Abhängigkeit von Bioenergie mit Kohlendioxidabscheidung und -speicherung (bioenergy with carbon capture and storage, BECCS)
- Pfade, die, wie im Rahmen des Pariser Abkommens eingereicht, im Jahr 2030 zu globalen Treibhausgasemissionen von 52 – 58 Gt CO2 Äq pro Jahr führen, würden die globale Erwärmung nicht auf 1,5 °C begrenzen, selbst wenn sie nach 2030 durch sehr anspruchsvolle Steigerungen des Umfangs und der Ziele der Emissionsminderungen aufgebessert würden. Eine Überschreitung und eine Abhängigkeit von zukünftig großflächigem Einsatz von Kohlendioxidentnahme (CDR) kann nur vermieden werden, wenn die globalen CO2-Emissionen lange vor 2030 zu sinken beginnen.
- Die vermiedenen Folgen des Klimawandels für nachhaltige Entwicklung, Armutsbeseitigung und Gleichstellungsbemühungen wären grösser, wenn die globale Erwärmung auf 1,5 °C begrenzt würde, falls Minderungs- und Anpassungssynergien maximiert und gleichzeitig Zielkonflikte minimiert werden.
- Im nationalen Kontext spezifische Anpassungsmöglichkeiten werden bei einer globalen Erwärmung von 1,5 °C, wenn sie zusammen mit förderlichen Bedingungen sorgfältig ausgewählt werden, Vorteile für nachhaltige Entwicklung und die Armutsbeseitigung bringen, auch wenn Zielkonflikte möglich sind.
- Die Begrenzung der Risiken einer globalen Erwärmung um 1,5 °C im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung und Armutsbeseitigung setzt Systemübergänge voraus, die durch eine Erhöhung der Anpassungs- und Minderungsinvestitionen, politische Instrumente, die Beschleunigung von Technologieinnovation und Verhaltensänderungen ermöglicht werden können.
- Nachhaltige Entwicklung unterstützt und ermöglicht oft erst die grundlegenden gesellschaftlichen und systemischen Übergänge und Transformationen, die helfen, die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Solche Veränderungen erleichtern die Verfolgung klimaresilienter Entwicklungspfade, die in Verbindung mit der Armutsbeseitigung und Gleichstellungsbemühungen zu ehrgeiziger Minderung und Anpassung führen.
- Die Stärkung der Kapazitäten nationaler und subnationaler Behörden, der Zivilgesellschaft, des Privatsektors, indigener Völker und lokaler Gemeinschaften für Maßnahmen zum Umgang mit dem Klimawandel kann die Umsetzung ehrgeiziger Maßnahmen unterstützen, welche für die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C erforderlich sind. Internationale Zusammenarbeit kann ein unterstützendes Umfeld schaffen, damit dies in allen Ländern und für alle Menschen im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung erreicht werden kann. Internationale Zusammenarbeit stellt einen kritischen Befähigungsfaktor für Entwicklungsländer und verwundbare Regionen dar.
Links zu dem Bericht
- www.spektrum.de/news/die-wichtigsten-jahre-der-geschichte/1597138
- www.welt.de/wirtschaft/article181799776/Bericht-Weltklimarat-IPCC-1-5-Grad-Ziel-erscheint-utopisch.html?wtmc=socialmedia.twitter.shared.web
- germanwatch.org/de/15932
- www.bmu.de/pressemitteilung/wissenschaft-sieht-schon-bei-15-grad-erwaermung-weltweite-risiken-fuer-mensch-und-natur/
- www.de-ipcc.de/media/content/Hauptaussagen_IPCC_SR15.pdf
- www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/ipcc_klimawandel_2018_hauptaussagen_bf.pdf.pdf
- www.deutschlandfunk.de/erderwaermung-weltklimarat-haelt-1-5-grad-ziel-noch-fuer.1773.de.html
- www.zeit.de/wissen/umwelt/2018-10/weltklimarat-ipcc-duerre-sonderbericht-erderwaermung
- www.zeit.de/wissen/umwelt/2018-10/ipcc-bericht-weltklimarat-klimawandel
- www.tagesspiegel.de/politik/klimawandel-klima-schuetzen-heisst-die-nachfahren-zu-schuetzen/23159306.htm
- www.deutschlandfunk.de/erderwaermung-es-wird-viel-ueber-klimaschutz-gesprochen.694.de.html?dram:article_id=429947
- www.br.de/nachrichten/wissen/weltklimarat-ipcc-sonderbericht-1-5-grad-ziel,R5sHRzO
- www.nytimes.com/interactive/2018/10/07/climate/ipcc-report-half-degree.html
- world-nuclear.org/press/press-statements/nuclear-energy-must-be-included-on-the-path-to-a-l.aspx
- www.spiegel.de/politik/deutschland/julia-kloeckner-co2-ausstoss-bei-lebensmittelproduktion-nicht-zu-verhindern-a-1232207.html
- www.gmx.net/magazine/wissen/tiere/klimawandel-erderwaermung-grad-katastrophal-33199976
- www.taz.de/!5541911/
- www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/meeresspiegelanstieg-das-droht-deutschlands-kuesten-a-1231792.html
- www.solarserver.de/solar-magazin/nachrichten/aktuelles/2018/kw41/es-wird-nicht-nur-einfach-waermer.html
- www.zeit.de/wissen/umwelt/2018-10/ipcc-weltklimarat-klimaschutz-1-5-grad-ziel
- www.zdf.de/gesellschaft/precht/ist-die-erde-noch-zu-retten-100.html
- www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/kommentar-was-fukushima-fuer-die-atomkraft-war-koennte-der-hambacher-forst-fuer-die-kohle-werden/23156940.html