11.09.2020
EEG 2021: Wo bleibt der erforderliche jährliche PV-Zubau von 10 bis 20 Gigawatt?
Ein Kommentar von Tatiana Abarzúa
2019 war nach Angaben des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme die Erzeugung aus Solar und Wind – mit 173 Terrawattstunden (TWh) – erstmals größer als die Erzeugung aus Braun- und Steinkohle (151 TWh). 20 Jahre nach Einführung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) ist das eine der Fakten, die den erreichten Ausbau der Erneuerbaren Energien im Stromsektor in Deutschland beschreiben. Doch entscheidend ist auch, welche politischen Weichen für die nächsten Jahre und Jahrzehnte gesetzt werden, um 100% Erneuerbare zu erreichen sowie ein Ende der politischen Blockaden, die es vor allem im letzten Jahrzehnt beim Ausbau der Erneuerbaren Energien gab. Zum Beispiel mit der Einführung von einer EEG-Umlage auf den Eigenstromverbrauch, Ausbaukorridore in Verbindung mit einem „atmenden Deckel“ sowie verpflichtenden Ausschreibungen – ein Systemwechsel, der mit der EEG-Novelle von 2014 zunächst für PV-Freiflächenanlagen eingeleitet wurde.
Zugpferde der Energiewende: Solar und Wind
Wenn es nach den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und den Co-Autoren des Referentenentwurfs für die EEG-Novelle gehen sollte, dann sieht der „Ausbaupfad“ für die Windenergie bis Ende 2030 so aus: 71 GW Onshore- und 20 GW Offshore-Windenergie. Das sind nur 17 GW mehr an installierten Windenergieanlagen an Land und 12 GW bei offshore Windenergieanlagen.
Insgesamt ist der 140-Seiten-dicke Gesetzesentwurf schwer zu erfassen, denn eine klare Einordnung der Änderungen und Streichungen ist dadurch erschwert, dass die vom BMWi gewünschten Änderungen Paragraf für Paragraf und Spiegelstrich für Spiegelstrich beschrieben sind, DGS News berichtete.
Für die Photovoltaik (PV) ist ein Ausbau auf 100 GWp bis 2030 geplant. Das ist nicht ehrgeizig, da das für die PV lediglich einen jährlichen Zubau von weniger als 5 GWp bedeutet. Erforderlich ist stattdessen mindestens eine Anhebung auf einen jährlichen Zubau von10 GWp (wie es beispielsweise der Solarverband Bayern fordert) oder bis 20 GWp (wie im 10-Punkte-Plan für eine Solaroffensive genannt). Ein weiterer Aspekt für den Ausbau der PV ist die Einführung einer bundesweiten Solarbaupflicht, wie von verschiedenen Umweltorganisationen gefordert, da damit ein großes vorhandenes Potential an Dachflächen genutzt werden könnte. Eine solche Verpflichtung wird im Referentenentwurf nicht genannt.
Lohnt sich der Mehraufwand, den Ausschreibungen bedeuten?
Für PV-Freiflächenanlagen sieht der Referentenentwurf als Ausschreibungsmengen vor: 1,9 GWp im Jahr 2021, davon 1,6 GWp als Sonderausschreibungen, für den Zeitraum 2022 bis 2025 jeweils 1,7 GWp pro Jahr, für den Zeitraum 2026 bis 2028 jeweils 1,6 GWp pro Jahr. Dabei soll sich das Volumen erhöhen, um die Mengen „für die in dem jeweils vorangegangenen Kalenderjahr bei den Ausschreibungen für Solaranlagen nach diesem Gesetz keine Zuschläge erteilt werden konnten oder für die keine Zweitsicherheit hinterlegt worden ist“. Das Volumen soll sich verringern, jeweils um die Summe der installierten Leistung für „Solaranlagen, die bei einer Ausschreibung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union in dem jeweils vorangegangenen Kalenderjahr im Bundesgebiet bezuschlagt worden sind“. Geplant sind zudem „Ausschreibungen für Solaranlagen auf Gebäuden“ für Gebote mit einer Mindestgröße von 100 kWp. Das geplante Ausschreibungsvolumen ist: 200 MWp (2021 und 2022), 400 MWp (2023 und 2024), 800 MWp (2025), 1 GWp (2026), 1,1 GWp (2027).
Das geplante Ausschreibungsvolumen für Windenergie sind 4,5 GW im Jahr 2021, davon 1,6 GW als Sonderausschreibungen, und in den folgenden Jahren: 2,9 GW (2022), 3 GW (2023), 3,1 GW (2024), 3,2 GW (2025), 4 GW (2026), 4,8 GW (2027), 5,8 GW (2028).
Interessant bleibt auch die Frage, welche Anlagentypen einen Zuschlag beim „Ausschreibungsvolumen für innovative Anlagenkonzepte“ erhalten können, sind damit etwa schwimmende PV-Anlagen gemeint? Geplant ist ein Umfang von 500 MW (2021), 550 MW (2022), 600 MW (2023), 650 MW (2024), 700 MW (2025), 750 MW (2026), 800 MW (2027), 850 MW (2028). Des Weiteren soll sich dieses Volumen entsprechend erhöhen, „um die Mengen, für die in dem jeweils vorangegangenen Kalenderjahr bei den Innovationsausschreibungen keine Zuschläge erteilt werden konnten.“
Wo stehen wir jetzt bei der Photovoltaik, im fünften Jahr seit Einführung der Ausschreibungen, beim erreichten Ausbau der EE? Während in den Jahren 2013 bis 2018 durchschnittlich eine Anlagenleistung von 1,8 GWp pro Jahr installiert wurde, erreichte der Ausbau 3,9 GWp – das ist immer noch zu wenig. Bereits vor Einführung der verpflichtenden Ausschreibungen haben Branchenbeobachter kritisiert, dass solche Ausschreibungen zu einer höheren Verunsicherung bei Projektentwicklern und Investoren führen, da die Umsetzung der EE-Projekte dann fraglich und immer mit einem Mehraufwand verbunden ist, der einkalkuliert werden muss. Die Debatte um eine Abschaffung der Ausschreibungen sollte in den Mittelpunkt der Überlegungen zur EEG-Novelle rücken.
Mehr Erneuerbare Energien wagen
Auch bei dem sogenannten „atmenden Deckel“ sollte zumindest die Aussetzung dieser Einschränkung beschlossen werden, bis sich der Zubau an PV-Anlagen auf eine installierte Leistung von 10 GWp erhöht hat. Kritisch betrachtet werden sollte die im Referentenentwurf genannte Bezugsgröße von 65 % für den EE-Anteil am Bruttostromverbrauch bis 2030, vielleicht wurde sie willkürlich gewählt? Denn mit einem konstant bleibenden Stromverbrauch ist nicht zu rechnen, angesichts der verbreiteten und sinnvollen Nutzung von Wärmepumpen sowie Elektroautos. Dazu kommt die gehypte Herstellung von Wasserstoff. Mehr Erneuerbare Energien wagen! sollte jetzt das politische Motto sein. Den angesichts der klimapolitischen Notwendigkeit des Atom- und Kohleausstiegs ist es wichtig, dass Solar- und Windanlagen möglichst bald weit mehr als 173 TWh erzeugen.