11.03.2022
EEG 2023: der Entwurf
Eine Beschreibung von Jörg Sutter
Vorneweg: Eine Meldung hier in den DGS-News kann nur ansatzweise die Inhalte und Änderungen durch das neue EEG, das derzeit ausgearbeitet wird, besprechen. Wir beschränken uns daher auf die für uns wichtigsten Inhaltspunkte und führen zudem noch einige unserer Forderungen aus, die sich derzeit noch nicht im Referentenentwurf finden. Und auch wenn nach dem aktuellen Gesetzgebungsverfahren noch offene Punkte bleiben werden: Das Sommerpaket muss und wird nochmals die Erneuerbaren Energien weiter voranbringen – allein schon aufgrund des Krieges in der Ukraine und der damit verbundenen Energiepreiskrise, die längst bei uns angekommen ist, steht uns eine massive Beschleunigung der Energiewende bevor.
Vorfeld und Erwartungen
Ein ganz positives Zeichen kam schon aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), bevor der Referentenentwurf überhaupt auf dem Tisch lag: Die Verbände – darunter auch die DGS – wurden zu Fachgesprächen eingeladen, in denen die wichtigsten Änderungen vorgestellt wurden und erste Fragen und Anregungen platziert werden konnten. Allein dass dieser Gesprächsfaden nach langen Jahren wieder aufgenommen wurde, stimmt mich sehr positiv.
Und die Erwartungen waren groß: Eine neue Regierung, die die alte im Bereich Klimaschutz oft kritisiert hat, eine grüne Partei neu in der Regierung, die seit Jahrzehnten für Erneuerbare Energien kämpft. Es war klar, dass hier in kurzer Zeit ein großer Wurf konzipiert werden muss und nicht nur ein wenig Kosmetik. Und eine erste Vorlage hat ja auch der Koalitionsvertrag schon dazu gegeben: Die massive Erhöhung der Ausbauziele und die Vereinfachung der Umsetzung von Projekten war dort schon angekündigt.
Der Entwurf liefert
Viele haben sich in den letzten Jahren einen massiven Ausbau der Erneuerbaren gewünscht, manche wie z.B. Prof. Quaschning von der HTW Berlin wissenschaftlich begründet als notwendig befunden. Jetzt soll der jährliche Photovoltaik-Ausbau von knapp über 5 auf 20 Gigawatt pro Jahr angehoben werden. Das ist natürlich ein „Ausbaupfad“ und keine Garantie, aber es soll nun tatsächlich im EEG 2023 fixiert werden. Dass von heute auf morgen nicht drei- oder viermal so viele Anlagen wie aktuell gebaut werden, ist auch dem Ministerium klar, daher ist ein „Ramp-Up“, ein stetiger Anstieg auf die 20 GW vorgesehen, wie es Bild 2 darstellt. Das ist ambitioniert, das Gelingen wird nun vor allem davon abhängen, ob genug Fachpersonal für Planung und Installation, aber auch genug Material in Form von Modulen, Wechselrichtern und den weiteren Komponenten bereitstehen wird.
Für den Bruttostrombedarf wurden für das Jahr 2030 insgesamt 715 TWh angesetzt. Mit dem angesetzten Ausbau der Erneuerbaren Energien will die Regierung bis zum Jahresende 2030, also in acht Jahren, einen 80%-Anteil bei der Stromerzeugung in Deutschland erreichen. Die PV-Anlagen, die Ende 2020 eine Gesamtleistung von 59 GW hatten, sollen dann mit 200 GW beitragen, nach 2035 sollen Solarmodule mit 300 GW bereitstehen, also rund fünfmal soviel wie heute. Parallel soll auch die Windkraft ausgebaut werden, hier stehen 110 GW als Ziel für 2030 im Gesetzentwurf.
Was ist im Entwurf enthalten?
Wir hatten im Vorfeld der Entwurfsgestaltung sowohl dem BMWK als auch einigen Abgeordneten unseren Vorschlagskatalog (siehe DGS-News vor vier Wochen) zukommen lassen. Wir bekamen dazu auch schon die Rückmeldung, dass unsere Vorschläge gelesen wurden und in die politische Diskussion eingeflossen sind, was uns natürlich sehr freut. Vergleicht man nun unsere Vorschläge mit dem vorliegenden Entwurf, sind einige Punkt erledigt:
a) die massive Steigerung des Ausbaus (s. oben)
Dabei soll der PV-Ausbau zur Hälfte auf den Dachflächen und zur Hälfe in Freilandanlagen erfolgen.
b) Abschaffung EEG-Umlage
Dies wird seitens der Erhebung auf der Stromrechnung der Bürger schon jetzt im Vorfeld realisiert, eine dazu erstellte „Formulierungsvorschlag“ wurde bereits in dieser Woche von der Bundesregierung beschlossen. Die Abschaffung der EEG-Umlage bei PV-Stromerzeugern soll dann im EEG geregelt werden, im Entwurf entfallen die diesbezüglichen Paragrafen vollständig. Also keine Verschlimmbesserung, sondern ein klares Abräumen.
c) Wirtschaftlichkeit bei kleinen Dachanlagen
Eine wirtschaftliche Attraktivität für Dachanlagen wird wiederhergestellt. Das Ministerium will die Vergütungssätze anheben, dabei jedoch neu eine Trennung vornehmen: Es soll unterschiedliche Vergütungshöhen für Volleinspeisung und Eigenversorgungsanlagen geben. Auch die Planbarkeit wird verbessert: der „atmende Deckel“ wird auf einen Halbjahres-Takt umgestellt, damit steht zukünftig einige Monate länger als bisher die genaue Vergütungshöhe fest. Es soll aber insgesamt beim atmenden Deckel bleiben, denn das Ministerium möchte dieses Werkzeug nicht aus der Hand geben, ob noch steuernd einzugreifen zu können, falls das notwendig ist.
d) Dachanlagen zwischen 300 und 750 kWp
Die Förderbegrenzung bei PV-Dachanlagen größer 300 kWp, nach der solche Anlagen entweder in die Ausschreibung müssen oder teilweise auf EEG-Förderung verzichten müssen, wird vollständig abgeräumt. Zukünftig können Analgen bis zu einer Anlagenleistung von 1 MWp ohne Ausschreibung realisiert werden, für Bürgerenergieanlagen soll eine noch höhere Grenze gelten. Diese Änderung ist ohne Einschränkung zu begrüßen, sie kann dazu führen, dass dieses Segment, das im vergangenen Jahr deutlich geschrumpft ist, wieder ausgebaut wird.
e) der atmende Deckel wird ausgesetzt
Wie oben schon beschrieben wird der atmende Deckel beibehalten, aber auf eine halbjährige Taktung umgestellt. Wichtig dabei: Wie unter anderem die DGS gefordert hat, wird die Degression dieses Jahr (2022) ausgesetzt, d.h. die Vergütungshöhe soll in diesem Jahr nicht weiter abgesenkt werden, der nächste Absenkungstermin (nach Inkrafttreten des neuen EEG) soll der 01.02.2023 sein. Das ist ein wichtiges Signal für Interessenten, Planer und Installateure.
f) Elektromobilität wird vereinfacht
Im §21 des EEG 2023-Entwurfes wird eine organisatorische Vereinfachung für die Nutzung von PV-Strom in der Mobilität vorbereitet: Der Verbrauch von Ladestrom im Elektroauto wird dem Verbrauch in der Ladesäule gleichgestellt. Das klingt recht unerheblich, schafft aber eine Unstimmigkeit zwischen EEG und EnWG ab, die in der Praxis immer wieder zu unnötiger Komplexität und Problemen geführt hat.
Noch offene Punkte
Trotz aller positiven Punkte sind einige Aspekte im EEG 2023-Entwurf nicht enthalten, darunter:
- Streichung des Verbots der Eigenversorgung bei Ausschreibungen
- Vereinfachung Mess- und Meldepflichten nach §9ff (Punkt 4 unseres Vorschlagspapieres)
- Verbesserungen und Vereinfachungen beim Mieterstrom
- Förderung für gebäudeintergierte PV
Zusätzlich zu diesen Hauptforderungen, die schon in unserem Vorschlagspapier enthalten waren, werden noch weitere Punkte gut begründeten Eingang in unsere Stellungnahme zum Gesetzesentwurf finden, darunter u.a.:
- Abschaffung der 70%-Begrenzung für kleine PV-Anlagen: Diese Forderung erscheint heute schlicht aus der Zeit gefallen. Wir können nicht gleichzeitig massiv ausbauen und parallel dazu bei installierten Anlagen die Stromerzeugung mutwillig abregeln
- Einführung einer Bagatellgrenze: Steckersolargeräte und kleine Anlagen bis 1 kWp sollten von jeglichen Meldepflichten befreit werden. Die Bürokratie schreckt nach wie vor Interessenten ab und schafft sowohl beim Anlagenbetrieb wie auch beim Netzbetreiber und der Bundesnetzagentur einen erheblichen Arbeitsaufwand. Dieser ist für größere Anlagen gerechtfertigt, nicht jedoch für kleine Anlagen, die keine energiewirtschaftliche Relevanz haben
- Umsetzung der EE-Richtlinie: Energy-Sharing und Energy-Communities sind auch mit dem neuen EEG nicht so umsetzbar, wie es die EU-Richtlinie für erneuerbare Energien fordert.
DGS-Stellungnahme wird abgegeben
Die DGS wird in der kommenden Woche eine offizielle Stellungnahme Entwurf des EEG 2023 abgeben. Sie werden als Leser der DGS-News diese Stellungnahme in den News der kommenden Woche finden. Wenn Sie heute schon weitere Anregungen haben, die aus Ihrer Sicht wichtig wären, um in unserer Stellungnahme aufgeführt zu werden, mailen Sie mir bitte einfach unter sutter(at)dgs.de, vielen Dank.
Terminhinweis: Webinare zum Entwurf EEG 2023
Die DGS-EEG-Experten Michael Vogtmann und Jörg Sutter werden in der kommenden Zeit mehrere Webinare zum Thema EEG 2023 durchführen. Die ersten zwei Termine sind:
Mittwoch, 16. März, 15:30 bis 17:30 Uhr
Info und Anmeldung
Dienstag, 29. März, 10:00 bis 12:00 Uhr
Info und Anmeldung
Weitere Termine von April bis Juni (dann mit weiteren aktuellen Erkenntnissen zum Stand des Gesetzesverfahrens und eventuellen Änderungen des Entwurfs) sind auch schon festgelegt, diese sind hier zu finden: www.solarakademie-franken.de