11.01.2019
Klima ist pure Statistik
Es ist auffällig, dass in der Wetterberichterstattung der öffentlich-rechtlichen Fernsehstationen in den letzten Jahren häufiger nicht nur über das Wetter gesprochen wird. Auch gibt es vermehrt Veröffentlichungen von telegenen Wetterexperten zum Klima. Beispielsweise hat Sven Plöger zusammen mit Frank Böttcher das Buch Klimafakten veröffentlicht. Auch tritt Özdem Terli auf der Mattscheibe mit Warming-Stripes-Kravatte auf, erklärt die Zusammenhänge ganz praktisch und anschaulich und ist schließlich auch bei Twitter in Sachen Klima sehr aktiv.
Das ist auch sinnvoll, schließlich wird Klima leicht mit Wetter verwechselt. Manch einer fragt sich, wie es möglich sein soll langfristige Berechnungen zur globalen Mitteltemperatur anzustellen, wenn man sich bei der Wettervorhersage bereits nach zwei Tagen schnell mal vertut. Der Unterschied: Die Wettervorhersage prognostiziert regional detailliert. Das Klimamodell dagegen simuliert langfristig das große Ganze. Bisweilen sorgt auch die vielzitierte 2-Grad-Schwelle (oft als Grenze fehlinterpretiert) für Verwirrung. Denn wir leben bereits heute mit einer Erwärmung von 0,8°C über dem vorindustriellen Wert, die Temperaturzunahme ist dabei regional sehr unterschiedlich, weshalb es unklar ist wo die Grenze zwischen gefährlichem und ungefährlichem Klimawandel genau liegt.
In seinem Vortrag "Klimawandel – Oder doch nur das Wetter?" (zum Mitschnitt) am 9. Januar 2019 im Department Physik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg brachte es Karsten Schwanke, Meteorologe und ARD-Moderator, auf dem Punkt: „Jeder von uns hat eine Meinung zum Wetter, denn Wetter ist emotional. Jeder mag ein anderes Wetter. Klima dagegen ist nicht fühlbar, sondern letztlich nur reine Statistik.“ In seinen kurzweiligen Ausführungen beschrieb er anschaulich, wie Wettervorhersage gemacht wird und wie schwierig eine solche Prognose sein kann. Schwanke verdeutlichte, dass es durchaus hilfreich ist, ein Gespür für all‘ die chaotischen und nicht linearen Wechselwirkungen zu bekommen, will man ein Verständnis für das entwickeln, was da draußen so passiert. Nur so könne man für sich die Frage beantworten: Ist das jetzt Wetter oder bereits Klimawandel?
Dass wir den Klimawandel bereits erleben, daran ließ er keinen Zweifel aufkommen. Vereinfacht gesagt, sind die langjährigen Temperaturmittelwerte ein derart deutlicher Indikator, dass dies nicht mehr geleugnet werden kann. An den langfristig aufgezeichneten Daten selbst lässt sich wiederum auch festmachen, dass es ein anthropogener, sprich menschengemachter Klimawandel ist.
Bislang mag dies nicht direkt spürbar gewesen sein, das Jahr 2018 hat es jedoch deutlicher werden lassen. An einem praktischen Beispiel verdeutlichte Schwanke, was in diesem Sommer passiert war. Würde sich Deutschland mit seinen Lebensmitteln selbst versorgen, was eigentlich in unserem gemäßigten Klima unproblematisch sein könnte, wären in den Supermärkten spätestens im September die Regale deutlich leerer gewesen. Auch stellte er heraus, dass es ganz wichtig sei, das Wetter nicht nur an seinem Ort zu betrachten, da es isoliert keine großen Änderungen zeige. Auch wenn wir weder eine Temperaturdifferenz von 1°C spüren noch die weltweite Erwärmung fühlen können, sind die Auswirkungen dieser kleinen Erwärmung bereits enorm.
Beispielsweise wäre es auch eine Folge der Klimaveränderung, wenn es 2019 zu einem verregneten Sommer kommen würde. Das liegt vor allem am schwächelnden Jetstream. Dessen geringere Ausprägung ist unter anderem ursächlich dafür, dass an bestimmten Orten der Erde die Temperaturen extrem unterschiedlich ansteigen. So wurde über die letzten 10 Jahren ein Anstieg am Äquator um 0,1 °C und in der Arktis um 1,6°C registriert. Der Jetstream, der durch die Temperaturdifferenz zwischen Arktis und Tropen genährt wird, ist der Motor unserer Wetterabläufe. Wird er kraftloser, nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass es zu Wettersituationen wie ausgeprägter Hitze und Dürre oder anhaltendem Starkregen kommen kann.
Zum Ende seiner Vortrages zeigte sich Schwanke erstaunt, dass die Politik trotz internationaler Verpflichtungen, nahezu nichts gegen die anschwellende Katastrophe tut und stellte abschließend fest, dass es an uns ist, nicht das Leben der nächsten Generationen zu gefährden.