10.01.2020
Macht die Dächer voll!
Vor einiger Zeit, genauer im April 2018, hatte Prof. Volker Quaschning beim PV-Branchentreff in Bad Staffelstein die eingängige Forderung „Macht die Dächer voll“ in seinem Vortrag formuliert. Diese Forderung ist auch im Jahr 2020 aktuell, nicht nur angesichts der derzeitigen Ausbremsung der Windkraft in Deutschland. Wir wollen dies heute genauer beleuchten, denn lange nicht alle Dächer werden so optimal belegt wie bei dem Haus im Bild 1 zu sehen ist.
Hintergrund der Forderung
Im April 2018 wies Quaschning darauf hin, dass sich bei der Realisierung von PV-Anlagen in Deutschland ein Trend eingeschlichen hat, der nicht zur Durchsetzung der Energiewende hin zu 100% Erneuerbaren Energien passt: Aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen, insbesondere des EEG und der Abgabensituation bei Eigenverbrauch wurden und werden PV-Anlagen auf Hausdächern oftmals kleiner als technisch möglich aufgebaut. Hintergrund war und ist die Optimierung auf einen maximalen Eigenversorgungsanteil und die vermeintlich beste Wirtschaftlichkeit bei einer kleinen Anlage.
Der Eigenverbrauch
Bei einer typischen kleinen PV-Anlage auf dem Hausdach beträgt der Anteil des direkt selbst genutzten Stroms (Eigenversorgung) nur rund 30 %, da der Strom ja nur dann als Eigenversorgung angesehen wird, wenn er zeitgleich erzeugt und verbraucht wird. Erhöht werden kann dieser Anteil durch die Installation eines Batteriespeichers, der inzwischen bei über der Hälfte der neu installierten PV-Anlagen in Deutschland gleich mitbestellt wird. Mit einer typischen Speichergröße kann dann ein Eigenversorgungsanteil von rund 60 bis 70 % realisiert werden.
Die Optimierung
Insbesondere die Werbung der PV-Branche hat in den vergangenen Jahren die Optimierung des Eigenverbrauches in den Vordergrund gerückt. Eine Möglichkeit um das zu erreichen ist die aber Installation von weniger Solarmodulen als die Dachfläche hergibt. Dann wird weniger Solarstrom erzeugt und der Eigenversorgungsanteil steigt, denn es kann ein größerer Anteil des erzeugten Stroms direkt verbraucht werden. Doch passt das zur Energiewende?
Die Prämisse der Erhöhung des Eigenverbrauches hat auch Einzug in die Förderprogramme gefunden, so z.B. in das Speicherförderprogramm in Thüringen, das die finanzielle Förderung versagt, wenn weniger als 60 % des selbst erzeugten Stroms auch selbst verbraucht werden. Wer hier eine größere PV-Anlage baut, bekommt keine Förderung dafür.
Suboptimale Optimierung
Das Problem dabei: In der Regel wird mit einer kleineren PV-Anlage der eigene CO2-Fußabdruck größer, denn mit weniger Modulen muss ja nun mehr Strom aus dem Netz bezogen werden, der mit CO2-Emissionen belastet ist. Schon im vorvergangenen Jahr forderte Volker Quaschning daher, eine neue Bezugsgröße für die Optimierung von PV-Anlagen zu etablieren. So könnte eine gesamtheitliche Betrachtung der CO2-Emissionen eines Haushaltes, die auch nicht nur die direkten, sondern auch die indirekten Emissionen (z.B. durch Ernährung und Konsum) umfassen, ein solches Maß sein.
Und daraus resultiert: Wenn ein Haushalt seine CO2-Emissionen deutlich senken will, genügt keine 2 oder 2,5 kWp große Eigenverbrauchsanlage, sondern hier gilt: je mehr, desto besser. Wird das Dach vollständig mit PV belegt, so können die direkten Emissionen (also aus Strom, Heizung und Verkehr) um fast die Hälfte (45 %) reduziert werden, so eine Quaschning´sche Musterrechnung mit einer 12 kWp großen Anlage auf einem Einfamilienhaus mit Durchschnittsverbrauchern.
Und anhand der Zubaustatistik kann nachgewiesen werden, dass es bei der Anlagengröße der realisierten Anlagen zu Peaks bei knapp unter 10 kWp kommt: Anlagen werden kleiner als möglich gebaut wegen der gesetzlichen Eigenverbrauchsabgabe ab 10 kWp. Viele Anlagen werden auch wegen der Fernsteuerbarkeit mit knapp unter 30 kWp und wegen der Direktvermarktungspflicht) knapp unter 100 kWp gebaut (Bild 2). In all diesen Fällen wird also aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen das mögliche Potential auf den Dächern nicht ausgeschöpft.
Technische Grenzen
Ein Ausnutzen jedes Zentimeters Dachfläche ist jedoch auch nicht sinnvoll, zum Beispiel, wenn es darum geht, Randabstände einzuhalten und Abstand von Dachaufbauten zu lassen. Ein größerer Randabstand unten am Modulfeld ist insbesondere für die Sicherheit im Winter sinnvoll. Dadurch kann u.a. ein Schneeabrutschen, und im restlichen Jahr ein Überspülen der Regenrinne bei viel Regen verhindert werden. Ausreichender Abstand zu Aufbauten, Kaminen oder Gauben lohnen sich, sobald dort ein Austausch, eine Sanierung oder auch nur eine Überprüfung stattfinden soll.
Bei Einhaltung ausreichender Abstände gibt es noch genug Optimierungsmöglichkeiten, sei es durch die Auswahl der Modulgröße und -Leistung, aber auch durch die Anordnung auf dem Dach (horizontal oder vertikal). Das Bild 1 zeigt, was möglich ist.
Gesetzliche Änderungen nötig
Die DGS fordert schon lange die Abschaffung der EEG-Umlage für Eigenverbrauch – das würde schlagartig die Installation von größeren Anlagen über 10 kWp ermöglichen. Weiterhin könnten große Dachanlagen aus den Ausschreibungen genommen werden, um hier eine ähnliche Steigerung zu erreichen, gleiches wäre durch eine Vereinfachung der Mieterstromregelung machbar. Und zuletzt macht, das hat auch Prof. Quaschning 2018 schon betont, die Förder-Obergrenze von 10 MW für PV-Anlagen in Deutschland keinen Sinn, wenn die Chance besteht, in noch größeren Anlagen viel mehr Sonnenstrom noch günstiger herzustellen. Das sind alles Änderungen, die bei einer EEG-Reform in diesem Jahr sinnvoll angepackt und korrigiert werden können und müssen.
Ganz wichtig und aktuell ist jedoch die Forderung, dass die Abschaffung des 52GW-Deckels nun umgehend politisch vollzogen wird. Das hat der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) am gestrigen Donnerstag mit der Veröffentlichung eines offenen Briefes an Bundesregierung und Abgeordnete (hier: www.solarwirtschaft.de/presse/pressemeldungen/pressemeldungen-im-detail/news/drohende-strom-und-klimaschutzluecke-20er-jahre-zur-dekade-der-solarisierung-machen.html) nochmals bekräftigt. Die DGS schließt sich dieser Forderung vollständig an.
Die DGS setzt sich auch 2020 dafür ein, Hemmschuhe für den Einsatz von PV (sowie auch der Solarthermie und anderen erneuerbaren Energien) zu beseitigen und den Ausbau weiter zu beschleunigen. Darum: Macht die Dächer voll!
Jörg Sutter
Der Vortrag von Prof. Quaschning bei Youtube
Die Zusammenfassung als pdf