05.03.2021
Das "plusplus" verschwindet
Eine Vorstellung von Jörg Sutter
Viel Platz war in der vergangenen Zeit auf den Klebeetiketten von Haushaltsgeräten notwendig, um die Energieeffizienzklasse richtig darzustellen. Und beim Betrachten musste man nicht nur das Alphabet beherrschen, sondern auch die vielen "+"-Zeichen zählen. Doch damit ist jetzt Schluss: Seit 1. März gelten neue Regeln, die Pluszeichen gehören der Vergangenheit an. Neue Geräte bekommen ein ähnliches Label wie bisher, aber die Skala wird neu gefasst. Und in der neuen Skalierung werden gute oder sehr gute Geräte erst einmal im Mittelfeld erscheinen. Ein bisheriger A++ wird also nicht zum neuen A, sondern weiter auf C abgestuft. Damit sollen die Hersteller weiter engagiert gehalten werden, noch bessere Effizienzwerte zu erreichen. Wer in der neuen Skala gleich schon den Höchstwert A erreicht hätte, bräuchte sich ja zukünftig nicht mehr anstrengen.
Die neue Einteilung
Die Farbgebung ist bei alter und neuer Einteilung gleich und wurde beibehalten: Von dunkelrot bis grün in sieben Stufen, es wird wie vorher von A bis G eingeordnet. Die neue Einteilung entsteht durch eine neue Berechnungsgrundlage, alte und neue Klassen sind nicht mehr vergleichbar. Der Verbraucher darf also nicht verzweifeln, wenn er nun keinen Kühlschrank mit A+++ mehr im Elektrofachmarkt findet, sondern nur noch Geräte, die die Effizienz B oder C besitzen. Die Effizienz hat sich nicht geändert, nur die Berechnung und die Skala. Bis Mitte März ist vor dem Vergleich und Kauf noch eine besondere Vorsicht angesagt, denn bis dahin hat der Handel eine Übergangsfrist, um in Läden und Online-Shops die Labels auszutauschen. Bis dahin kann also auch vorkommen, dass einige Geräte schon die neuen, einige noch die alten Labels aufweisen. Bei einem kurzen Check in verschiedenen Online-Shops konnte aktuell auch teils gar kein Label und keine Effizienzangaben gefunden werden, weder bei einem Siemens-Staubsauger bei MediaMarkt noch bei einem Rowenta-Gerät von ep. Auch eine Suche auf der Staubsauger-Seite von Siemens selbst (BSG) blieb erfolglos.
Der Hintergrund der Änderung
Das Energielabel war in den vergangenen Jahren erfolgreich: Die Hersteller haben versucht, immer sparsamere Geräte auf den Markt zu bringen, um mit "A" oder "A++" glänzen zu können. Die Kunden wiederum haben auch danach eingekauft, was die Hersteller wieder ermutigt hat, noch sparsamer zu werden. Also: eine positive Spirale wurde in Gang gesetzt. Aber schon im Jahr 2017 fanden sich 90 Prozent der verkauften Geräte in den A-Klassen (A, A+, A++, A+++), damit wurde die Abgrenzung verwässert. Deshalb nun die aktuelle Neufassung der Einteilung.
Die EU hat auch weitergehende Informationen zum Energielabel und zum Ökodesign veröffentlicht, auch eine FAQ-Liste zu den Meß- und Berechnungsmethoden ist im Internet zu finden, diese ist jedoch aufgrund des Umfangs von 47 Seiten und der Formulierungen in englischer EU-Bürokratensprache nicht für jedermann empfehlenswert.
Wie wird das Label bewertet?
Beim Verbraucher ist das Effizienzlabel in den vergangenen Jahren angekommen: Nach Studien von EU und Verbraucherschützern kennen 93% der Kunden die Effizienzklassen, mehr als 80% nutzen das Label als Grundlage für ihre Kaufentscheidung. Und wie wird die Änderung der Skala gesehen? "Bei der bisherigen Kennzeichnung ballen sich die meisten Geräte in den obersten zwei oder drei Plus-Klassen. Unterschiede sind da für den Verbraucher nicht wirklich wahrnehmbar", so Patrick Biegon vom Verbraucherzentrale Bundesverband auf tagesschau.de. Er begrüßt die Klarheit und Unterscheidbarkeit der neuen Klasseneinteilung.
Andreas Halatsch vom Umweltbundesamt hält das Label grundsätzlich für eine gute Sache - mit einer Einschränkung: "In manchen Produktgruppen wie zum Beispiel bei Fernsehern sind die Geräte bei steigender Energieeffizienz immer größer geworden, so dass unter dem Strich der Energieverbrauch nicht wesentlich gesunken ist.". Doch das ist ja eher den Verbraucherwünschen und der technischen Entwicklung geschuldet und kann nicht dem Label angelastet werden.
Jetzt auch digital
Für die Kunden steht zukünftig noch ein weiterer Service zur Verfügung: Jedes neue Energielabel trägt oben rechts in der Ecke einen QR-Code, der auf einen Eintrag in eine Online-Datenbank bei der EU verweist.
Dort müssen bestimmte Geräte (z.B. Kühlschränke, Wäschetrockner, Waschmaschinen und Geschirrspüler) von den Herstellern beziehungsweise den Importeuren registriert werden. Die Kunden erhalten über den QR-Code dann einen direkten Zugang zu weiteren Informationen des jeweiligen Gerätes und der Energieeffizienz. Auch hier ein erster Test: Der QR-Code im Bild 2 wurde gescannt, im Web wurde nach EPREL gesucht, der "European Product Registry for Energy Labelling" - doch dann: "Page not found". Also auch hier heißt es wohl noch etwas Geduld haben, bis das wirklich nutzbar ist.
Neue App
Die Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) unterstützt die Einführung der neuen Effizienzklassen mit einer neuen App, die kostenlos verfügbar ist. Neben grundsätzlichen Infos zum neuen Energielabel können darin die QR-Codes der Labels abfotografiert werden und Merklisten für Geräte geführt werden. Ratgeber-Hilfen sollen dem Nutzer die Produktauswahl zusätzlich erleichtern. Die App ist ab sofort unter dem Suchbegriff "Energielabel" in den App-Stores kostenlos erhältlich.
Fazit
Das Energielabel hat sich bewährt und wird jetzt in einer verbraucherfreundlichen Weise aktualisiert. Sicher wird es eine Weile dauern, bis sich jeder an die neue Einteilung gewöhnt hat, aber der Druck bei den Herstellern zur Verbesserung der Effizienz wird aufrechterhalten. Die beste Energie ist ja bekanntlich die, die gar nicht erst benötigt wird.
Ergänzende Anmerkung von Matthias Hüttmann
Effizienz, Suffizienz und Konsistenz sind die drei Säulen der Energieeinsparung: So selbstverständlich ein effizienter Umgang mit Energie wäre, so wenig ausreichend ist eine Fokussierung auf sie allein. Effizienz minimiert Verbräuche lediglich relativ, eine Reduktion des absoluten Energieverbrauchs ist aber unumgänglich. Um den Ressourcenverbrauch absolut zu verringern – auch Erneuerbare haben Grenzen – ist es letztendlich notwendig, Energiesuffizienzmaßnahmen zu ergreifen. Suffizienz hinterfragt den Bedarf, Effizienz setzt auf sparsame Technologie, Konsistenz, also die Zusammensetzung oder Beschaffenheit von Energie, bedeutet, ausschließlich Erneuerbare Energien einzusetzen. So ist es möglich, Rebound -, Wachstums-, Einkommens-und Komforteffekte zu begrenzen.