03.12.2021
COP26: Verpflichtungen und politische Maßnahmen (+ Buchtipp)
Eine Übersetzung von Matthias Hüttmann
Über den umtriebigen Klimaforscher Michael E. Mann müssen wir an dieser Stelle nicht viele Worte verlieren, zu oft haben wir schon seine Texte exklusiv übersetzt und in den DGS-News veröffentlicht. Auch seine Bücher "The Madhouse Effect" und "The New Climate War" wurden von uns als deutsche Ausgaben unter den Titeln "Der Tollhauseffekt" und "Propagandaschlacht ums Klima" herausgebracht. Mittlerweile ist der Tollhauseffekt (Untertitel: Wie die Leugnung des Klimawandels unseren Planeten bedroht, unsere Politik zerstört und uns in den Wahnsinn treibt) in der zweiten Auflage vergriffen. Auch sein aktuelles Werk ist bereits in der zweiten Auflage auf dem Markt und nach wie vor sehr begehrt. In den deutschsparachigen Medien wurden bereits über 50 Rezensionen dazu verfasst. Sollten Sie noch kein passendes Weihnachtsgeschenk haben, wäre das Buch, das es auch in einer eBook-Variante gibt, sicherlich eine Überlegung wert. DGS-Mitglieder erhalten im Übrigen einen Mitgliederrabatt von 10 Prozent (hier können Sie es bestellen).
Im Vorfeld zu der Klimakonferenz COP26 in Glasgow hat sich Mann so seine Gedanken gemacht. Am 27. November erschien unter dem Titel "COP26: Commitments and Policies" ein Interview mit ihm in der Zeitschrift "Where the Leaves Fall", das wir hier für Sie frei übersetzt haben. Da die Klimakonferenz ja mittlerweile auch schon wieder Geschichte ist, bleibt es Ihnen als Leser überlassen, inwiefern sie die Erwartungen und Hoffnungen der Klimawissenschaft erfüllt hat.
COP26: Verpflichtungen und politische Maßnahmen
Where the Leaves Fall (WtLF) befragte globale Entscheidungsträger zu ihren Gedanken und Reaktionen auf die diesjährige COP26, der UN-Klimakonferenz. Michael Mann ist ein angesehener Professor für Atmosphärenwissenschaften und Direktor des Earth System Science Center an der Penn State Universität. Seine Forschung konzentriert sich auf Klimawissenschaft und Klimawandel. Er wurde 2002 von Scientific American zu einem der fünfzig führenden Visionäre in Wissenschaft und Technik gewählt und erhielt 2012 die Hans-Oeschger-Medaille der Europäischen geophysikalischen Union. Er erhielt den Tyler Prize for Environmental Achievement 2019 und wurde 2020 in die National Academy of Sciences gewählt. Das Interview, das in der Printausgabe von Where the Leaves Fall veröffentlicht wurde, können Sie hier nachlesen.
WtLF: Was sind Ihrer Meinung nach die dringlichsten Themen, die auf der COP26 behandelt werden müssen, und warum?
Mann: Wir müssen die Industrieländer zu einer raschen Dekarbonisierung bewegen, indem wir uns verpflichten, die Kohlenstoffdioxidemissionen im nächsten Jahrzehnt um mehr als 50 % zu reduzieren. Gleichzeitig müssen wir die Entwicklungsländer dazu bringen, sich zu verpflichten, die fossilen Brennstoffe hinter sich zu lassen und erneuerbare Energietechnologien einzuführen.
WtLF: Welche Ergebnisse und praktischen Maßnahmen würden Sie sich von der COP26 wünschen?
Mann: Die Verpflichtung aller Nationen zu den oben genannten Bedingungen.
WtLF: Wie optimistisch sind Sie, dass die COP26 positive Veränderungen bringen wird, und warum?
Mann: Ich bin sehr optimistisch, weil ein Großteil der notwendigen Arbeit bereits im Vorfeld stattfindet. So haben sich verschiedene Länder verpflichtet, ihre früheren (Pariser) Verpflichtungen erheblich zu erhöhen. Dies muss jedoch in Form von Maßnahmen umgesetzt werden, die die erforderlichen Treibhausgasreduzierungen bewirken können.
WtLF: Was müssen die führenden Politiker der Welt und alle anderen auf persönlicher Ebene ändern?
Mann: Wie ich in meinem kürzlich erschienenen Buch „The New Climate War“ betone, ist kollektives Handeln entscheidend. Es gibt zwar Dinge, die wir in unserem täglichen Leben tun können und sollten, um unsere persönliche Umweltbelastung und unseren CO2-Fußabdruck zu verringern, aber was wir wirklich brauchen, ist, dass sich die Menschen zusammenschließen, wählen gehen und ihre Stimme erheben, um von unseren Politikern zu verlangen, dass sie eine Politik unterstützen, die unsere Wirtschaft rasch dekarbonisiert. Weder Sie noch ich können die Industrie für Erneuerbare Energien subventionieren, einen Preis für CO2 erheben oder neue Infrastrukturen für fossile Brennstoffe blockieren. Wir brauchen unsere Politiker, um diese Dinge zu tun.
WtLF: Ist es überhaupt möglich, dass Nationen ihre CO2-Emissionen in einem Jahrzehnt um mehr als 50% reduzieren? Was wären die ersten Schritte auf dem Weg dorthin?
Mann: Was wir brauchen sind politische Maßnahmen wie einen angemessenen CO2-Preis und Subventionen für Erneuerbare Energien, die den bereits begonnenen Übergang von fossilen Brennstoffen beschleunigen. Ungeachtet dessen, was einige (wie Bill Gates) sagen, sind die Hindernisse nicht mehr technologischer Natur. Es ist einfach eine Frage des politischen Willens, hier in den USA und anderswo.
WtLF: Sind jahrzehntelange Ziele für Regierungen, die abgewählt werden können nicht viel zu leicht zu widerrufen?
Mann: Es ist allzu leicht, Versprechungen über die ferne Zukunft, etwa für das Jahr 2050, zu machen, wenn die meisten dieser Politiker gar nicht mehr da sein werden. Das betrifft auch allgemeine Zusicherungen, die nicht mit tatsächlichen politischen Maßnahmen untermauert sind. Deshalb brauchen wir kurzfristige Verpflichtungen, die zu einer Dekarbonisierung unserer Wirtschaft führen.
Selbst die konservative Internationale Energieagentur hat inzwischen erklärt, dass die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C und somit ein weniger gefährliches Niveau neue Infrastrukturen ohne fossile Brennstoffe erfordert. Das bedeutet: keine weiteren Kohlebergwerke und keine weiteren Gaspipelines. Sowohl US-Präsident Biden als auch der britische Premierminister Johnson können dafür kritisiert werden, dass sie in dieser Hinsicht zwar große Worte machen, aber nicht wirklich Taten folgen lassen. Reden ist gut, aber es ist billig. Wir brauchen echte Verpflichtungen und politische Maßnahmen, die sie untermauern.
Mehr Texte und Verweise finden Sie auf der Website (nach unten scrollen) von Michael Mann.