03.06.2022
Solarmodule: Nur 1,3 Jahre reichen
Eine Bestandsaufnahme von Jörg Sutter
Wer sich eine PV-Anlage anschafft, möchte heute neben der Stromkostenersparnis im Geldbeutel auch etwas für Klimaschutz und Umwelt tun. Doch klappt das auch in der Praxis? Es gibt (kleine) Zweifel und eine große Bestätigung.
Auf den Zweifel sei kurz verwiesen: Wie der Solarserver hier aktuell berichtet schlägt auch bei PV-Anlagen der so genannte „Rebound“-Effekt zu. Viele Betreiber einer PV-Anlage verbrauchen insgesamt nicht weniger, sondern sogar mehr Strom, das hat eine Forschergruppe untersucht und aktuell veröffentlicht. Die Hintergründe sind technischer Natur (mehr Umstellung auf Stromnutzung, um Eigenverbrauch zu optimieren), aber auch psychologischer Natur („mein eigener Strom kostet mich ja nur ganz wenig“).
Doch wie sieht es denn insgesamt mit der Umweltfreundlichkeit von PV-Anlagen aus?
Klar ist: Die Branche der Modul-, Wechselrichter- und Speicherhersteller wird immer grüner und muss es auch werden, weil die Verbraucher:innen – wie auch bei anderen Produkten – drauf inzwischen vermehrt schauen und ihren Kauf teils davon abhängig machen, wie grün die entsprechenden Produkte sind.
Wechselrichter: Hier wurde der größte Effekt in den letzten Jahren durch den erhöhten Wirkungsgrad und auch durch Umstellung auf andere Halbleiterelemente (z.B. Siliziumkarbid, SiC) erledigt. Man kann schon staunen, wie hoch die Leistung mancher heutigen Geräte im Vergleich zu gleich großen historischen Wechselrichtern aus der Zeit von vor 10 Jahren ist.
Speicher: Auch bei den Batteriespeichern (und verbunden auch bei der Elektromobilität) wird inzwischen Wert auf eine steigende Umweltfreundlichkeit von Produktion und Rohstoffen geachtet. Auch wird das als Marketinginstrument verstärkt eingesetzt. Kobalt wird reduziert, inzwischen können Zellchemien eingesetzt werden, bei denen lange nicht so viel Kobalt benötigt wird als noch vor einigen Jahren. Und der Trend hin zu immer mehr Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien kann auf Kobalt gleich ganz verzichten. Neue Speicherprodukte waren auf der letzten Intersolar im Mai zu sehen, darunter auch die neuen Speicher von Varta oder Viessmann – beides Batteriezellen mit Eisenphosphat-Technik. Auch ist in letzter Zeit vermehrt von den Versuchen zu lesen, mehr Recycling von Batterien hinzubekommen. Doch das ist derzeit nicht einfach: Jeder Speicheranbieter hat unterschiedliche Gehäuse, unterschiedliche Zellchemien und andere geometrischen Aufbauen. Ein maschinelles Zerlegen ist daher derzeit fast unmöglich und so begrenzt sich der vermeintlich hohe Verwertungs-Anteil aktuell oft auf Gehäuse und Verkabelung, ohne dass die Zellchemie selbst recycliert wird.
Und: Zwar ein gewisses Nischenprodukt, auch mit Nachteilen wie der geringen Lade/Entladeleistung behaftetet, soll auch an dieser Stelle die Salzwasserbatterie genannt sein, deren Alleinstellung ein durchgängig umweltfreundliches Materialkonzept der Batteriezelle ist.
Solarmodule: Auch bei den Solarmodulen gab und gibt es weitere Verbesserungen zur Umweltfreundlichkeit der Anlagentechnik:
Neben einer dichteren Packung der Solarzellen auf der Fläche und dem Trend zu Halbzellen-Modulen, die etwas weniger Verluste haben als die Module mit quadratischen Solarzellen, wurden technologisch einige Aspekte verbessert. Heute werden die Solarzellen in modernen Modulen teilweise elektrisch verklebt, was zu einem Verzicht auf bleihaltiges Lot führt. Dazu muss man wissen, dass die PV die letzte Technologie ist, in der aus europäischer – spricht Brüsseler Sichtweise, bleihaltiges Lötzinn noch verwendet werden kann.
Auch sind die Solarzellen selbst in den letzten Jahren immer dünner geworden, damit wird Materialeinsatz und somit auch der „Energierücksack“ aus der Herstellung reduziert. Diesen Aspekt möchte beleuchtet eine neue Untersuchung, dessen Abstract sich hier im Netz findet.
Doch schauen wir zuvor noch an, was in den „PV-Fakten“ des Fraunhofer ISE als aktueller Stand zu diesem Aspekt zu finden ist. Dort wird auf eine Analyse des Umweltbundesamtes verwiesen, die eine Spanne für die Energierücklaufzeit von 1,6 bis 2,1 Jahren angibt, je nachdem, ob man mono- oder multikristallin Zellen betrachtet. Das ISE verweist dabei auch auf noch unveröffentlichte Berechnungen, aus denen ein Wert von 1,3 Jahren für Anlagen mit marktüblichen Mono-SI-Modulen in Deutschland hervorgeht.
Diese aktuelle Untersuchung stammt von dem Department of Mechanical Engineering der Universität Alberta in Kanada. Dort wurde ein PV-System mit Tracker inklusive eines Batteriesystems am dortigen Standort im Westen Kanadas betrachtet. Das Ergebnis: Die energetische Rücklaufzeit eines solchen Systems, also komplette PV-Anlage mit Batterien, lag mit deren Untersuchungsrandbedingungen bei rund 3,8 Jahren (bei einer Spanne von 3,3 bis 4,2 Jahren).
Fazit
Auch wenn die gesamte Herstellungsenergie betrachtet wird, braucht ein Solarmodul weniger als 1,5 Jahre, eine vollständige Anlage mit Batteriespeicher keine 4 Jahre, bis die Herstellungsenergie durch den erzeugten Solarstrom wieder „reingeholt“ wurde. Eine PV-Anlage ist daher durchaus eine höchst ökologische Investition und auch aus Gründen des Umweltschutzes sehr sinnvoll.