01.04.2022
PV-Strom speichern: Marktentwicklung und Systemvergleich
Ein Bericht von Jörg Sutter
Neben einiger Werbung, etlichen Abstimmungsmails der Verbandsarbeit laden gelegentlich auch E-Mails im Posteingang, über die wir uns einfach freuen und für die wir am liebsten gerne gleich viel Zeit hätten, da hier interessante Inhalte darauf warten, gelesen zu werden. So ging es uns in der vergangenen Woche, als eine Mail der HTW Berlin einging mit der Ankündigung, dass die Studie Stromspeicherinspektion 2022 veröffentlicht ist.
Marktentwicklung
Doch bevor wir einen Blick in die aktuelle Auswertung werfen, wollen wir uns die aktuelle Marktentwicklung ansehen, deren Zahlen der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) im Februar bekanntgegeben hat. So wurden im vergangenen Jahr 141.000 neue Heimspeicher in Deutschland installiert, ein Plus von 60 Prozent gegenüber 2020 (siehe Bild 2). Insgesamt 413.000 Speichersysteme nehmen damit über den Tagesverlauf Strom aus PV-Anlagen auf, um ihn am Abend und in der Nacht wieder in den jeweiligen Haushalt abzugeben. Einen Schub hin zu größeren Batteriespeicher hat auch die politische Entscheidung im vergangenen Jahr verursacht, die Grenze für Abführung von EEG-Umlage von 10 auf 30 kWp zu erhöhen. Danach wurden deutlich mehr größere PV-Anlagen mit dann auch größerem Speichervolumen errichtet.
Marktvielfalt
Die Vielfalt der Batteriespeicher ist enorm: Viele Anbieter tummeln sich inzwischen auf diesem Wachstumsmarkt, der sich bis auf wenige Ausnahmen vollständig auf den Bereich der Lithium-Ionen-Akkus beschränkt. Jeder Hersteller bietet zudem unterschiedliche Größen von Speichern an, mit denen dann ein passendes Gerät – je nach PV-Anlagengröße in Kombination mit dem Strombedarf im Haushalt – gefunden werden kann. Die Technik ist inzwischen verwirrend: Einige Speichersysteme sind modular mit einzelnen Batterieblöcken aufgebaut, die wie Legosteine aufgetürmt werden. Andere Speicheranbieter werben mit einer besonders sicheren Zellchemie, andere verkaufen eine Not- oder Ersatzstromfunktion zusammen mit den Geräten. Der Kunde hat dann bei Stromausfall im öffentlichen Stromnetz weiter Strom zur Verfügung – wenn auch teils nur an einer Steckdose im Keller. Aber auch das kann wertvoll sein, wenn damit die Heizungsanlage des Hauses weiterlaufen kann.
Um einen Überblick über die aktuellen Heimspeicher und ihre technischen Ausstattungen und Varianten zu behalten, veröffentlicht Carmen e.V. ebenfalls jährlich eine Marktübersicht. Diese Marktübersicht gibt es kostenlos zum Download als pdf-Datei oder hier direkt online.
Carmen hatte die Hersteller bis Anfang März gebeten, eine Aktualisierung der Daten vorzunehmen, aktuell finden sich 448 Systeme in der Datenbank. Dazu sollte man aber wissen, dass der Heimspeichermarkt in Deutschland im vergangenen Jahr von nur wenigen Herstellern dominiert wurde: Nach einer EuPD-Untersuchung vom Dezember, über die das pv magazine hier berichtete, stammten über 75 % der neuen Hausspeicher von Sonnen, BYD, Senec und E3/DC. Auch große Namen wie Tesla oder Varta haben nur vergleichsweise geringe Marktanteile.
Was bedeutet die Speicherinspektion?
Doch zurück zur Speicherinspektion, die hier im Internet zu finden ist. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin forscht schon seit Jahren im Bereich der Stromspeicher mit Schwerpunkt auf Haus-Batteriespeichern, also jenen Speichersystemen, die gemeinsam mit einer privaten PV-Anlage eingebaut werden und helfen, den Eigenverbrauch zu erhöhen. So wurde von der HTW eine Modellierung entwickelt, die bei der Bestimmung von Wirkungsgraden der Batteriespeicher konkrete Anwendung findet. Seit 2018 wird auf Basis dieser Berechnung ein Speichervergleich von marktgängigen Geräten erstellt, die „Stromspeicherinspektion“. Über die Ausgabe des Vorjahres haben wir hier berichtet.
14 Hersteller mit insgesamt 21 Systemen haben sich in diesem Jahr an dem Vergleich beteiligt, für alle Systeme wurde ein „System Performance Index (SPI)“ ermittelt, eine Art Gesamtwirkungsgrad für ausgewählte Realsituationen. Dabei wurden der SPI bei kleinen Speichern mit einer 5 kWp-PV-Anlage und einem Jahresstromverbrauch von 5.010 kWh betrachtet, die großen Speicher mit 10 kWp Solarleistung, einer Wärmepumpe und einem Elektroauto mit 1.690 kWh/a Stromverbrauch.
Bei den besten Platzierungen gab es in diesem Jahr keine Überraschungen: In beiden Leistungsklassen konnten die letztjährigen Testsieger ihre Platzierungen verteidigen: In der kleinen Klasse setzte sich erneut der Hybridwechselrichter Fronius Primo GEN24 6.0 Plus mit der BYD Battery-Box Premium HVS 7.7 durch, in der großen Klasse der Power Storage DC 10.0 von RCT Power mit einem SPI (10 kW) von 95,1 %. Neben der Kürung der besten Anbieter fällt vor allem auf, dass sich über die vergangenen Jahre die Spanne des SPI deutlich verkleinert hat (siehe Bild 4) und der Mittelwert von Jahr zu Jahr leicht verbessert. Das ist ein gutes Zeichen für die Anwender, die auch finanziell von einem besseren Wirkungsgrad und weniger Verlusten profitieren. Die Testergebnisse bestätigen, dass viele Hersteller wichtige Stellschrauben zur Effizienzsteigerung erkannt und ihre Geräte optimiert haben. Es sind zunehmend mehr hocheffiziente PV-Speichersysteme am Markt erhältlich.
Sinnvolle Speichergröße
Sicher ist: Die durchschnittliche Größe der verkauften Speichersysteme wird immer größer, laut BSW lag diese im vergangenen Jahr bei 8 kWh. Die HTW hat in der Speicherinspektion auch eine Empfehlung zur sinnvollen Systemauslegung integriert, die in Bild 5 zu sehen ist. Danach sollte die Speichergröße nach der Größe der PV-Anlage und des jährlichen Stromverbrauchs ausgewählt werden. Eine weitere Vergrößerung über die in Bild 5 angegebenen Größengrenzen hinaus bietet in der Praxis nahezu keinen Vorteil für Eigenverbrauchsanteil und Autarkie. Zwei naheliegende Ausnahmen werden in der Studie genannt: Zum einen, wenn das System auch Not- oder Ersatzstrom liefern soll. Zum anderen, wenn zukünftig ein höherer Stromverbrauch, z.B. durch Anschaffung einer Wärmepumpe oder eines Elektroautos absehbar ist. In diesen Fällen kann vorausschauend schon ein größerer Speicher installiert werden. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit – allerdings nur bei einigen, nicht allen Speichersystemen -, dass auch nach einigen Jahren einzelne Batteriemodule nachgekauft werden können und der Speicher dann nach Bedarf vergrößert werden kann. Ein Dank gilt auf alle Fälle dem Team der HTW für die Untersuchungen und die anschauliche Aufbereitung der Ergebnisse.
Perspektive
Die Zukunft beginnt schon heute und ist herausfordernd. Von Chipkrise und steigenden Rohstoffpreisen bis zu den Lieferkettenproblemen bekommt die Speicherbranche gerade alles ab. Für viele Batterien mit NMC-Technik wird Nickel benötigt (das N in NMC) – dessen Börsenkurs in der vorvergangenen Woche an der Rohstoffbörse in London ausgesetzt wurde, nachdem die Preise explodiert sind. Ungemach für die Branche kommt auch von einer anderen Seite: In der aktuellen EEG-Novelle ist vorgesehen, dass PV-Anlagen mit Volleinspeisung bald höhere Vergütungen erhalten sollen. Geht der Trend also weg von Eigenversorgung? Ich persönlich glaube das nicht, denn nur eine PV-Eigenversorgungsanlage mit einem Speicher kann eine hohe Autarkie bieten und damit eine gute Absicherung gegen weiter steigende Stromkosten. Doch ob das auch die Häuslebauer so sehen? Man darf gespannt sein.