25.01.2019
Nicht alle wollen vom Erdgas als Brückentechnologie abrücken
Die Diskussion um die Frage, ob Erdgas eine Brückentechnologie sei oder letztendlich auch nicht weniger klimaschädlich als Kohle oder Öl, ist inzwischen voll entbrannt. Sie ist von Bedeutung, weil in der Energiewendebewegung vielfach Unklarheit darüber besteht, was nach dem Kohleausstieg folgen soll. Der sogenannte Fuel Switch zum Erdgas, für den sich Energiekonzerne und Bundesregierung starkmachen, oder der direkte und massive Ausbau von Photovoltaik und Windstrom. Darüber müssen sich viele Menschen erst noch eine Meinung bilden. Die DGS News wollen deshalb in lockerer Reihenfolge Positionen von Organisationen aus der Energiewendebewegung in Interviewform dokumentieren, um den Diskurs voran zu bringen und Klarheit herzustellen.
Beginnen wollen wir mit dem „Verein für eine nationale CO2 Abgabe e.V.“, der für ein Umsteuern in der Klimapolitik mit marktkonformen Mitteln eintritt. Der Verein stellt sich selbst folgendermaßen vor: „Wir sind eine Gruppe von bislang rund 850 Unternehmen, Verbänden, Kommunen und Einzelpersonen, die für eine wirksame Lenkungsabgabe auf Treibhausgase (CO2 u.a.) eintreten, um die zahlreichen Umlagen und Steuern auf Energie in Deutschland am Klimaschutz neu auszurichten. Dazu setzen wir uns für eine verursachergerechte, sozialverträgliche und technologieoffene Umsetzung ein, die Bürokratie abbaut sowie Planungssicherheit und Innovation fördert. Machen sie mit! www.co2abgabe.de.“
Mit Ulf Sieberg vom Berliner Büro des „Vereins für eine nationale CO2 Abgabe e.V.“ sprach Klaus Oberzig.
Frage: Die DGS räumt selbstkritisch ein, eine Zeit lang der Propaganda von E.ON, Gazprom oder Minister Altmaier, Erdgas sei die Brückentechnologie, auf den Leim gegangen. Wie stehen Sie dazu?
Antwort: Ich nehme an, sie heben bei ihrer Frage darauf ab, das bei Messungen über dem Festland in den USA extrem hohe Methanverluste und damit Methanemissionen in die Atmosphäre festgestellt wurden und vor 2 Jahren einige amerikanische Wissenschaftler dazu gebracht hat, darzustellen, dass unter den Förderbedingungen in den USA und dem hohen Treibhausgaspotentials des Methans, dass die Stromerzeugung aus Erdgas nicht weniger klimaschädlicher sei als die Stromerzeugung aus Kohle.
Für die deutsche Diskussion ist die amerikanische Diskussion aber nicht zielführend. In Deutschland bleibt nach bisherigen Erkenntnissen auch norwegisches oder russisches konventionell gewonnenes Erdgas zur Stromerzeugung z.B. in hocheffizienten KWK-Anlagen immer noch deutlich besser als die Stromerzeugung aus Kohle.
Frage: CO2 gilt als das bekannteste Treibhausgas, das in der öffentlichen Debatte ganz vorne ist. Wird es demnächst vom gefährlicheren Methan abgelöst?
Antwort: Wie klimaschädlich ein Gas in der Erdatmosphäre ist hängt unter anderem davon ab, welchen spezifischen erhitzenden Effekt es hat, hier ist Methan etwa 20-25mal so wirksam wie CO2. Ebenso entscheidend ist aber auch die Aufenthaltszeit des jeweiligen Gases in der Atmosphäre, wie lange wirksam ein Gas ist. Vom Methan weiß man, dass es vergleichswese kurz (wenige Jahrzehnte) in der Atmosphäre etwa 20 Jahre verbleibt. Beim CO2 können das Tausend und mehr Jahre sein.
Klar ist daher, dass es letztlich darum geht die Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre sowohl aus Kohle, Erdöl oder Erdgas insgesamt so schnell als möglich auf Null zu bekommen. Auch Erdgas kann nur ein Zwischenschritt sein und ist keine Lösung. Ein wichtiger Aspekt bei der Diskussion für eine Übergangszeit lieber Erdgas statt Kohle zu verwenden ist aber der, dass Gaskraftwerke am besten KWK -Anlagen deutlich flexibler sind und daher besser zu den Erneuerbaren passen als die weniger flexiblen Kohlekraftwerke.
Frage: Sie benutzen dafür inzwischen ja auch den Begriff des CO2 Äquivalentes. Ist diese Metapher nicht schwierig zu verstehen und bislang zu unbekannt?
Antwort: Kohlendioxid (CO2) ist das bekannteste und wichtigste, aber nicht das einzige Treibhausgas für deren Anreicherung in der Atmosphäre die Menschen verantwortlich sind. Beispielsweise heizen auch Methan und Lachgas (Distickstoffmonoxid) das Klima auf, dies jedoch pro Kilogramm oder Tonne sehr viel stärker als CO2. Um die verschiedenen Treibhausgase vergleichbar zu machen, werden sie hinsichtlich ihrer Klimaschädlichkeit in Kohlendioxidäquivalente umgerechnet.
CO2 wird aber häufig auch in der Fachwelt synonym für den Begriff Treibhausgase verwendet. Auch im CO2 Abgabe e.V. verwenden wir den Begriff CO2 seit unserem Bestehen synonym für alle Treibhausgase
FRage: Reicht es aus, für Methan einen Umrechnungsfaktor einzusetzen, der zwar die Gefährlichkeit erkennen lässt, aber in Hinblick auf die wichtigen nächsten 20 Jahre den kumulativen Aspekt nicht deutlich macht?
Antwort: Die Bemessungsgrundlage von CO2 Äquivalenten (Emissionsfaktoren) berücksichtigt ja eben beides: sowohl die Wirksamkeit der emittierten Treibhausgase, als auch ihre Kumulation über die Zeit und damit die Wirksamkeitsdauer in der Atmosphäre.
In den Emissionsfaktoren für die einzelnen fossilen Energieträger, wie Erdgas, Erdöl oder Kohle kommt dies und damit ihre Klimaschädlichkeit zum Ausdruck. Sie berücksichtigen in der Regel auch die sog. Vorketten, also auch die unterschiedlichen Verluste bei der Gewinnung oder dem Transport. Wenn neuere Erkenntnisse hierüber zu einzelnen Energieträgern vorliegen ändern sich auch die Emissionsfaktoren und damit können auch Energiesteuersätze jeder Zeit entsprechend angepasst werden. Am Grundsatz den wir als CO2 Abgabe e.V. fordern, fossile Energieträger entsprechend ihres Treibhausgaspotentials zu besteuern, um eine ökonomische Grundlage zu schaffen, sie durch Effizienz und erneuerbare Energien zu ersetzen ändert das nichts.
Vielen Dank Herr Sieberg
Weitere Informationen über den Verein für eine nationale CO2 Abgabe e.V.