15.12.2023
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 4: Stromdirektheizungen
Ein Bericht von Götz Warnke
Heizen mit Strom ist eine weitere Option im GEG. Die sogenannte Stromdirektheizung wird in § 71d GEG hinsichtlich Möglichkeiten und Einschränkungen sehr viel umfangreicher beschrieben als zuvor die Wärmepumpe in § 71c.
Kern der Bestimmungen für die Stromdirektheizung sind die Absätze (1) und (2):
„(1) Eine Stromdirektheizung darf in einem zu errichtenden Gebäude zum Zweck der Inbetriebnahme nur eingebaut oder aufgestellt werden, wenn das Gebäude die Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz nach den §§ 16 und 19 um mindestens 45 Prozent unterschreitet.
(2) Eine Stromdirektheizung darf in ein bestehendes Gebäude zum Zweck der Inbetriebnahme nur eingebaut oder aufgestellt werden, wenn das Gebäude die Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz nach den §§ 16 und 19 um mindestens 30 Prozent unterschreitet. Wenn ein bestehendes Gebäude bereits über eine Heizungsanlage mit Wasser als Wärmeträger verfügt, ist der Einbau einer Stromdirektheizung nur zulässig, wenn das Gebäude die Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz nach den §§ 16 und 19 um mindestens 45 Prozent unterschreitet. …“
Dazu kommen in den Absätzen (3) und (4) weitere Einschränkungen, z.B. bei Raumhöhen von mehr als 4 Metern.
Deutlich wird, dass der Gesetzgeber Stromheizungen nur bei gut gedämmten Gebäuden für sinnvoll hält. Doch was sind überhaupt Stromdirektheizungen? Hierzu gehören elektrische Fußbodenheizungen, Flächenspeicherheizungen, Konvektoren, sowie die Infrarotheizungen. Während die meisten dieser Heizungen allenfalls ein Nischendasein führen, sind Infrarotheizungen derzeit im Aufwind –zumindest wenn man ihren Vertretern glauben will.
Infrarotheizungen sind Strahlungswärme-Heizungen, die ihren Betriebsstrom fast 1zu1 in Wärmestrahlung umwandeln. Diese Strahlung erwärmt die Objekte in einem Raum (Menschen, Möbel etc.), nicht aber direkt die Luft, die nur indirekt durch den Wärmeaustausch mit den Objekten erwärmt wird. Dadurch, dass alle Objekte relativ gleichmäßig angestrahlt werden, ergibt sich weniger Thermik im Raum, und damit weniger aufgewirbelter Staub. Infrarotheizungen lassen sich einfach installieren, in dem man sie an den entsprechenden Befestigungshaken unter die Decke oder an die Wand hängt. Stecker dann in die Steckdose, und fertig ist die Heizungsmontage.
Wichtig ist, dass die Infrarotheizkörper nicht durch Gardinen/Vorhänge oder durch Objekte wie Schränke verstellt werden. Im Vergleich mit anderen Elektroheizungen verbraucht die Infrarot-Technik deutlich weniger Strom. So weit, so gut.
Eigentlich könnte man nun in aller Ruhe die Vorteile der Infrarotheizung gegenüber den Nachteilen abwiegen, und dem gegenüber andere GEG-Heizungstechniken stellen. Doch derzeit läuft eine Propaganda-Kampagne Pro-Infrarotheizung, die sich zugleich lautstark gegen die Wärmepumpe richtet, und mit teils obskuren Argumenten jede ausgewogene Perspektive vernebelt.
Da wird von der Infrarotheizung als einer vergessenen Alternative zur Wärmepumpe fabuliert, obgleich Infrarotheizungen in jedem größeren Baumarkt problemlos erhältlich sind. Da berichten Leute von teilweise märchenhaft geringen Heizkosten. Andere sprechen von solarelektrischer Vollversorgung mittels Infrarotheizungen (und Brauchwasser-Wärmepumpen), ohne zu erwähnen, dass dieses eigentlich nur im Sommerhalbjahr gut funktioniert. Im heiz-entscheidenden Winterhalbjahr hat aber die PV eher Pause, so dass der Wind übernehmen muss – doch „wind-elektrische Vollversorgung“ hört sich für den Eigenheim-Besitzer natürlich nicht so attraktiv an.
Und Diplom-Ingenieure untersuchen die Graue Energie von Wärmepumpen im Vergleich zu der von Infrarotheizungen, wobei die ersteren im CO2-Vergleich wegen des Kältemittels verheerend schlecht wegkommen. Offensichtlich hat der Experte dabei übersehen, dass heute niemand mehr ältere Wärmepumpenmodelle mit einem CO2-Äquivalent (GWP) von über 2.000 einbaut, sondern dass heute das Kältemittel Propan (GWP: 3) Mittel der Wahl ist.
Absoluter Tiefpunkt ist wohl das Video der Professoren Christian Rieck (Wirtschaftswissenschaftler) und Timo Leukefeld (Mitglied der Lobbyorganisation IG Infrarot unter dem Titel "Bald reißen wir alle Wärmepumpen wieder raus". Der Energie-Youtuber und promovierte Physiker Andreas Schmitz hat sich dieses Videos und der Legende vom geringen Stromverbrauch in einem eigenen Video angenommen. Mit einer Datenerhebung für sein eigenes Haus (BJ 1960) kommt er zu dem Ergebnis (TL 05:44), dass die laufenden (Strom-)Kosten mit einer Infrarotheizung mehr als doppelt so hoch wären wie mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe.
Ebenfalls vor dem Verbrauch und den hohen Stromkosten der Wärmestrahler warnt die Stiftung Warentest unter dem Titel „Infrarot-Heizung: Notlösung ohne Sparpotenzial“. Und der Elektrokonzern Bosch, als Hersteller sowohl von Wärmepumpen als auch von Infrarotheizungen ideologisch unverdächtig, gibt auf der entsprechenden Seite nicht nur ausführliche Anleitungen, den Stromverbrauch und die -kosten einer Infrarotheizung für die eigene Situation zu berechnen, sondern schreibt auch: „Zudem verbraucht eine Infrarotheizung im Altbau mit schlechtem Dämmstandard übermäßig viel Strom. Denn die Wärme verpufft schneller als in einem energieeffizienten Neubau. Infrarotheizungen sind daher besonders für ein Passiv- oder Niedrigenergiehaus geeignet.“ Wer als Heizungs-Umsteiger schon die Wärmepumpe wegen angeblicher hoher Stromkosten fürchtet, sollte bei den mehr Strom verbrauchenden Infrarotheizungen besonders vorsichtig sein.
Zeit also, sich auch die Nachteile der Infrarotheizung einmal anzusehen:
Die Heizkörper sind nicht billig. Wenn man sich den Bauhaus-Prospekt vom November 2023 ansieht, findet dort sowohl konventionelle Heizkörper als auch Infrarotheizungen. Während die wasserführenden Heizkörper je nach Größe und Design zwischen € 56,-- und € 217,-- kosten, sind es bei den Strahlungswärme-Heizkörpern, ebenfalls je nach Größe und Design, zwischen € 189,-- und € 435,--. Ein wirkliches „Schnäppchen“ ist der Infrarot-Typ nicht – besonders nicht, wenn man bedenkt, dass man bei einem Umstieg von Fossil-Heizungen auf Erneuerbare Energien in vielen Fällen seine Heizkörper nicht austauschen muss.
Hinzu kommt, dass beim Infrarot-System die Heizkörper so positioniert werden müssen, dass sie alle Objekte im Raum direkt bestrahlen können – auch die Füße unter dem Esstisch. Insbesondere bei verwinkelten oder schwierig möblierten Räumen kann daher ein zweiter Strahlungswärme- Heizkörper notwendig sein. Und ob bei älteren, schlechter gedämmten Häusern die Außenwand hinter einer großen Schrankwand auch dauerhaft frei von Schimmel bleibt, muss sich erst noch zeigen.
Ungern sprechen Infrarot-Fans auch darüber, dass in Bestandsgebäuden oft gar nicht genügend – oder zumindest geeignet positionierte – Steckdosen vorhanden sind. Dann heißt es Leitungen zu verlegen, Steckdosen zu installieren, und eventuell neue Sicherungen zu montieren. Das alles kostet Geld und Graue Energie. Hinzu kommt, dass Gebäude mit einer Infrarotheizung eine zweite Heiztechnik für das Brauchwasser benötigen.
Und wie sieht es mit der Autarkie aus? Wer die diesbezüglichen Schwierigkeiten bei der Wärmepumpe kennt, weiß, dass eine Heiz-Autarkie mit der ein Mehrfaches an Strom verbrauchenden Infrarotheizung praktisch ausgeschlossen ist. Über den erhöhten Stromverbrauch können sich eigentlich nur die Betreiber von Braunkohle-Kraftwerken freuen. Sicher: für einzelne, nur kurzfristig genutzte Räume in Bestandsgebäuden wie Werkräume oder Böden kann die Infrarotheizung eine sinnvolle Alternative zum nachträglichen Einbau von wasserführenden Heizkörpern sein. Aber eigentlich passt sie wirklich nur zu sehr gut gedämmten Neubauten mit einem sehr geringen Heizbedarf. In einem Land mit einem weit überwiegenden Anteil von Bestandsbauten sind Infrarot-Heizungen kein zentrales Element der Wärmewende. Wie schrieb doch die Stiftung Warentest: „Infrarot-Heizung: Notlösung ohne Sparpotenzial“.
Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 1
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Das GEG: Energie, Erregung, Autarkie, Teil 6: Feste, flüssige, gasförmige Brennstoffe