08.12.2023
COP28: Den Bock zum Gärtner gemacht
Kommentar von Matthias Hüttmann
Den Bock zum Gärtner gemacht, selten ist es so gelungen wie hier. Auch wenn einiges zu befürchten war, das schlägt dem Ölfass endgültig den Boden aus. Sultan Al Jaber, der Vorsitzende der Weltklimakonferenz von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), sagt, dass uns der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas die Welt "zurück in die Höhle" bringen würde. Interessante These. Wahrscheinlich ist es ja eher anders rum. Denn schließlich wird das Klima, sollten wir vom Verbrennen fossiler Brennstoffe nicht lassen, so warm, dass uns dann die Flucht in Höhlen als eine gute Idee vorkommt.
Aber vielleicht wurde Al Jaber hier auch falsch verstanden. Bei einer anderen Aussage, gibt es jedoch wenig bis keinen Interpretationsspielraum. So ist im Guardian zu lesen, dass er sich hinsichtlich Forderungen nach einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen wie folgt geäußert hat: Es gibt "keine wissenschaftlichen Erkenntnisse", die darauf hindeuten, dass ein Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen notwendig sei, um die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen.
Was denken die Teilnehmer der Klimakonferenz eigentlich, wenn sie so etwas vernehmen müssen? Ich fürchte, es gibt einige, die sich darum nicht scheren, schließlich nehmen an der COP28 ganze 70.000 Menschen teil. Kaum vorstellbar, dass das alles redliche Kämpfer für die Sache sind, also sich für konzertierte Klimaschutzmaßnahmen einzusetzen. Konsequent wäre es deshalb eigentlich gewesen, Al Jaber den Vorsitz zu entziehen. Ob die COP ein Misstrauensvotum überhaupt in ihren Regularien kennt, ist was anderes. Nur wie soll denn eine Klimaschutzkonferenz funktionieren, wenn der Vorsitzende gar nicht an eine Notwendigkeit einer solches glaubt und ganz ungeniert den Klimaskeptiker raushängen lässt? Die Konferenz zu beenden, wäre natürlich auch eine Möglichkeit gewesen, jedoch hätten dann genau die gewonnen, die ihr business-as-usual-Geschäftsmodell aufrechterhalten wollen.
Irgendwie passt das dann auch in das Bild, dass schon gleich zu Beginn ein Erfolg verkündet wurde. So ließ sich Al Jaber direkt am ersten Konferenztag feiern, da eine Einigung für einen Fonds für Schäden und Verluste die durch die Klimaerwärmung herrühren, erzielt wurde. Ein solcher Fonds soll Zahlungen für Entwicklungsländer ermöglichen, die unter erwärmungsbedingten Katastrophen leiden. Und er soll sogar Vorsorge finanzieren und so dazu beitragen, dass solche Katastrophen weniger Menschenleben kosten und weniger Schäden anrichten. Speziell die Länder des Globalen Südens werden davon profitieren, die Industrieländer, maßgebliche Verursacher der Schäden, haben den Fonds endlich akzeptiert. Dass die Gelder für Staaten wie die VAE nur ein Bruchteil ihrer Einnahmen ausmacht, die sie mit ihren klimaschädlichen Geschäften erzielen, geschenkt!
Nochmal kurz zu Sultan Ahmed Al Jaber. Er ist seines Zeichens Minister für Industrie und Fortschrittstechnologien in den VAE und Chief Executive Officer der VAE-Ölgesellschaft Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC). Selten ist Interessenskonflikt so offensichtlich gewesen. Aber das ist jetzt auch wieder Spekulation. Möglicherweise gibt es hier gar keinen Konflikt, sondern schlichtweg ein ganz normales geschäftliches Interesse. Der Vorsitz als Tarnung sozusagen. Im Vorfeld hat er sich entsprechend progressiv geäußert. So hieß es in einer Mitteilung der Emirate: „Wir werden einen pragmatischen, realistischen und lösungsorientierten Ansatz einbringen, der transformative Fortschritte für das Klima und ein kohlenstoffarmes Wirtschaftswachstum ermöglicht“. Aber was interessiert Al Jaber auch sein Geschwätz von gestern.
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