01.12.2023
Der umstrittene Eingriff (Teil 1)
Eine Betrachtung von Jörg Sutter
In dieser Woche hat die Bundesnetzagentur mit zwei Veröffentlichungen Festlegungen zum §14 a des Energiewirtschaftsgesetzes getroffen. Damit wurde die Ausgestaltung und der Umgang mit regelbaren Stromverbrauchern konkretisiert. Im ersten Teil belichten wir den Hintergrund und die wichtigen Inhalte der ersten Festlegung.
Hintergrund
Seit 01.01.2023 gilt jener §14a des Energiewirtschaftsgesetzes (zum Gesetzestext), das einen Anreiz durch reduzierte Netzentgelte enthält. Diesen Anreiz kann von Stromverbrauchern genutzt werden, die steuerbare Verbrauchseinrichtungen betreiben und dazu mit ihrem Netzbetreiber eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben. Darunter fallen nach dem Gesetz insbesondere Wärmepumpen, private Wallboxen für Elektroautos, Anlagen zur Erzeugung von Kälte, Batteriespeicher und Nachtstromspeicherheizungen.
Wer also eine Wärmepumpe betreibt, diese über einen separaten Zähler angeschlossen hat und zulässt, dass der Netzbetreiber bei Netzengpässen die Versorgung der Wärmepumpe kurzzeitig drosselt, wird mit einer Vergünstigung bei den Netzgebühren auf der Stromrechnung belohnt.
Und wozu das Ganze? Neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Verdrängung der fossilen Stromerzeugung soll auch die Stabilität des Stromnetzes für die Zukunft sichergestellt werden. Wenn durch diesen finanziellen Anreiz viele Betreiber ihre Anlagen regelbar machen, so kann bei Problemen im Stromnetz sehr schnell wieder ein stabiler Netzbetrieb gewährleistet werden. Und die Einschränkungen sind nicht groß: In der Praxis geht es um eine Minutenabschaltung und längerfristigen Regelmaßnahmen. Für Verbraucher sowohl von Wärmepumpen als auch von Elektro-Ladestellen sind die Einschränkungen durchaus verkraftbar, die Nutzbarkeit wird nur minimal eingeschränkt. Ganz abgesehen davon, dass es ja nicht tatsächlich zu einer Abregelung kommen muss, auch wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann.
Die Wahrscheinlichkeit wird deutlich, wenn die geplanten Steigerungen beim Einbau n der Nutzung von Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen betrachtet: Eine Steigerung von rund einer Million auf 15 Millionen E-Fahrzeuge, so lautet das Ausbauziel der Bundesregierung bis 2030, bei den Wärmepumpen soll die Anzahl bis dahin von rund einer Million auf sechs Millionen steigen.
Die Einführung des §14a war dennoch umstritten. Während die Netzbetreiber diese Regelmöglichkeit als sehr wichtige Möglichkeit der Netzsteuerung in der Zukunft sehen, hatte vor allem die Autoindustrie dagegen gearbeitet. Dort sah man vor allem das Risiko, dass durch willkürliche Abregelungen das Interesse an und die Attraktivität von Elektroautos nachlassen könnte. So wurde ein Schreckensszenario beschrieben, bei dem ein E-Autobesitzer das Fahrzeug abends in der Garage einsteckt, aber nachts die Ladung dann gesperrt wird und er am nächsten Morgen nicht zur Arbeit kommt. Mit der aktuellen Ausgestaltung ist so ein Fall aber gar nicht möglich.
Auch die Erarbeitung der jetzt veröffentlichen Festlegungen der Bundesnetzagentur war ein zäher Prozess, der schon Anfang 2023 mit einem Eckpunktepapier begann und in Anhörungen und mit Experten zum jetzigen Stand der beiden veröffentlichten Papiere entwickelt wurden. Dass hier die Bundesnetzagentur tätig wird, wurde ebenfalls im vergangenen Jahr mit der Änderung des EnWG festgelegt.
Technische Umsetzung
Das Thema ist auch deswegen komplex, weil es nicht mit den alten Stromzählern mit Drehscheibe angedacht ist, sondern natürlich mit den neuen Smart-Metern umgesetzt werden soll. Im Paragrafen ist auch explizit die Vorgabe enthalten, dass sobald der Zählpunkt des regelbaren Verbrauchers mit einem Smart-Meter ausgestattet ist, die Regelung des Verbrauchs selbst zwingend über das Smart-Meter-Gateway erfolgen muss.
Inhalte der ersten Festlegung
Die beiden Veröffentlichungen der Bundesnetzagentur betreffen einerseits die Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen (Papier der Beschlusskammer 6), das zweite Papier der Beschlusskammer 8 dreht sich um die konkrete Reduzierung der Netzentgelte. Beides soll ab 01.01.2024 umgesetzt werden, erledigt sollen die Punkte teils bis 01.10.2024 und bis zum 01.01.2025 sein.
Bei einem Steuereingriff darf nach der jetzigen Regelung nicht (mehr) abgeschaltet werden, die Angst vor einem „Komplettausfall“ ist also nicht gerechtfertigt. Eine Mindestbezugsleistung ist jetzt mit 4,2 kW für Ladepunkte und andere Geräte festgelegt. Da sich die Regelbarkeit nur auf nicht-öffentliche Ladepunkte auswirkt, sind alle öffentlichen Möglichkeiten zur E-Auto-Ladung überhaupt nicht von Regelungseingriffen betroffen.
Weiterhin ist ein Netzbetreiber verpflichtet, einen Regeleingriff nur dann durchzuführen, wenn eine Netzzustandsanalyse durchgeführt wurde und ein Eingriff auch echt erforderlich ist. Eine präventive Regelung ist nicht erlaubt. Auch müssen die Netzbetreiber diskriminierungfrei arbeiten, d.h. es dürfen nicht nur Ladepunkte leistungsreduziert werden, sondern alle steuerbaren Verbraucher einheitlich.
Ein Betreiber erhält zwei Steuermöglichkeiten: Entweder entscheidet er sich für eine Direktansteuerung der jeweiligen Verbrauchseinrichtung oder für eine Lösung mit einem Energiemanagementsystem (EMS). Der zweite Fall eignet sich gut, wenn mehrere steuerbare Verbraucher vorhanden sind oder auch Eigenerzeugung und Speichertechnik einbezogen werden können. Das EMS kann dann im Sinne des Betreibers die Regelungen der einzelnen Geräte vornehmen, so dass am Netzanschlusspunkt die gewünschte Leistungsreduktion erreicht wird.
Und wichtig: Die Pflicht des Betreibers, seine Geräte steuerbar zu machen, ist hinsichtlich der eigentlichen Steuerbarkeit mit einer Beauftragung des Messstellenbetreibers erledigt. Wie lange das in der Praxis dauert oder ob der Messstellenbetreiber das auch tatsächlich richtig umgesetzt bekommt, steht nicht in der Verantwortung des Betreibers.
Und auch die frühere Forderung nach einem separaten Zählpunkt für steuerbare Verbraucher wird in der aktuellen Festlegung nicht aufrechterhalten. Eine letzte, in der Praxis sicherlich wichtige Festlegung in dem Papier der Bundesnetzagentur ist auch enthalten: Wenn ein Betreiber einen steuerbaren Verbraucher anmeldet, darf der Netzbetreiber dessen Netzanschluss oder Inbetriebnahme nicht mit Verweis auf mangelnde Netzkapazität verzögern oder ablehnen.
Das erste Festlegungspapier in vollem Wortlaut findet sich hier.
Teil 2