03.11.2023
Elektrische Fahrerlebnisse
Ein Bericht über fünf Jahre im Elektroauto von Heinz Wraneschitz
Der 18. November 2018 war ein trüber, nasskalter Tag. An dem fuhr ich durchs Fränkische, von Wilhermsdorf (Landkreis Fürth) nach Redwitz (Landkreis Lichtenfels), um den damaligen Energieminister Peter Altmeier (CDU) anlässlich seiner Trassenrundreise zu erleben.
Knapp 130 km in eine Richtung waren dabei zu überbrücken. Für die insgesamt also 260 km lange Reise hätte der Energieinhalt der 40-Kilowattstunden-(kWh)-Batterie meiner „ZOE“ bei diesen Wetterverhältnissen und mit Winterreifen womöglich nur knapp gereicht. Zu Hilfe kamen mir die bereits mit dem Fahrzeug bestellte mobile Ladestation „Juice Booster“ und eine 32-Ampere-Drehstromsteckdose an der Kläranlage von Redwitz. Dort, direkt neben dem Klärbecken, durfte mein Renault-Elektroauto wieder aufladen.
Angeschafft hatte ich das damals meistverkaufte E-Auto Deutschlands vor allem wegen dessen Reichweite: 200 km sollten auch im härtesten Winter zu schaffen sein – vom Wohnort Wilhermsdorf zur Würzburger Festung, wo übers Jahr immer wieder interessante Energie-Tagungen stattfinden. Und wo zumindest in den 2010er Jahren noch keine öffentliche E-Tankstelle stand.
Seit ich erstmals in ein eigenes E-Auto einstieg, habe ich ein einziges Mal an einer öffentlichen Ladestation getankt. Und zwar am ersten Wochenende der inzwischen vergangenen fünf E-Mobil-Jahre, in Bayreuth. Da ich der Reichweitenanzeige der ZOE damals noch nicht vertraute, suchte und fand ich in der Wagnerstadt eine E-Tankstelle. Ladekarte hatte ich keine. Dennoch schaffte ich es, das Fahrzeug mit Strom zu versorgen, während ich die Altstadt erforschte und ein Mahl genoss.
Inzwischen besitze ich gleich zwei Ladekarten überregionaler Anbieter. Gebraucht habe ich sie bislang nicht. Warum? Bevor ich mit dem E-Auto losfahre, kläre ich, ob es bei den Besuchszielen eine 16- oder 32-Ampere-CEE-Drehstromsteckdose am Hof oder hinterm Haus gibt. Denn – zur Erinnerung – meine eigene Ladestation namens Juice Booster habe ich immer im Kofferraum. Und die macht es möglich, mein Fahrzeug mit jeder CEE-Dose zu verbinden und mit bis zu 22 Kilowatt (kW) zu laden. Das habe ich beispielsweise in diesem Jahr am Gärbehälter einer Biogasanlage im Kreis Coburg getan. Doch auch das wäre nicht notwendig gewesen. Denn inzwischen bewege ich einen ID3 der Marke Volkswagen durch die Gegend, mit einer Batterie der Kapazität von 58 kWh.
Die sorgt im Winter für gut 300, im Sommer für über 400 km Reichweite. Ich wäre also leicht wieder in meinen Wohn- und Arbeitsort zurückgekommen, ohne zwischenzuladen.
Ach ja, ID3: Im September 2021 realisierte ich, dass der ZOE-Leasingvertrag am Ende des Monats ausläuft. Was also tun, wenn damals allüberall von mindestens halbjährigen Lieferzeiten für E-Autos die Rede war? Auf Nachfrage, „was ist denn im Vorlauf?“ kam die Antwort: Drei Stück seien offen, Fertigung Ende September. Natürlich seien schon Ausstattung und Farbe vorgegeben. Beides waren für mich aber keine Kaufkriterien, sondern einzig neben dem Preis die Lieferzeit. Am 6. Oktober 2021 stieg ich in meinen ID3. Nur eine autofreie Woche war seit der Rückgabe der ZOE vergangen.
Software: Das ist ein Thema bei Volkswagen. Bei meinem ID3 kam ein Software-Update gleich am ersten Wochenende nach der Übernahme an. „Aktualisieren Sie die Software!“ befahl mir die Anzeige. Und ich folgte gehorsam, drückte sofort auf den Update-Knopf. Dann erschien eine neue Information am Bildschirm: „It will last a while.“
Zu diesem Zeitpunkt stand mein Auto auf einem Waldparkplatz. Als ich etwa eine Stunde später von meinem Wald- und Quellenausflug zurückkam, bemerkte ich verwundert: Im Auto lief lautstark das Radio; der – Hightech, Dein Name ist VW – Türöffnungs-Sensor reagierte dagegen nicht. Also normal aufsperren. Drinnen war immer noch zu lesen: „It will last a while“, nicht aber, wie lange diese Weile dauern würde.
Ein Anruf bei der VW-Hotline in Wolfsburg brachte keine Hilfe über die zu erwartende Wartezeit. Doch der offensichtlich Aushelfende schickte einen Abschleppdienst auf den Weg. Als der Fahrer eine halbe Stunde später auftauchte, rief er verwundert aus: „Sie stehen ja im Wald! Ich habe aber keinen Kran dabei.“ Abtransport also unmöglich. Genauso wenig, wie er einen „Reset“- oder Not-Aus-Knopf für das Softwareupdate kannte. Das endete dann etwa drei Stunden später plötzlich.
Haben Sie eine solche Geschichte schon jemals von Diesel- oder Benzin-VW-Besitzenden gehört? Wobei der Konzern immer wieder entsprechende Nachfragen zu Softwareproblemen bestätigt. Nicht nur bei den elektrischen Baureihen.
Aber dieser Software-An- oder Ausfall war auch das einzige Problem, das ich seit Oktober 2021 beim Elektro-VW erlebte. Ansonsten bringt er mich summend an alle Orte in Nordbayern, die ich aufsuchen möchte. Und wenn ich weiter weg reisen will, benutze ich die Bahn – wie früher auch. Wegen der Bequemlichkeit des Bahnreisens. Und der Umweltfreundlichkeit natürlich.
Wobei auch die Fahrten mit meinen E-Autos auf neutraler Basis stattfinden: Der Strom kommt in acht von zwölf Monaten direkt von meinem Hausdach. Geladen wird unterm Carport an einer CEE-Drehstromsteckdose; Sie wissen schon: Juice Booster. Möglichst tagsüber also, mit niedriger Leistung – da ist der Ladewirkungsgrad der Batterien ohnehin besser, wie ich feststellen konnte. Und wenn`s im Winter nicht ganz reicht mit der Kraft der Sonne, hilft der Ökostrom der Gemeindewerke aus.
Meine Bilanz nach genau fünf Jahren E-Autofahrerei – zuerst Renault ZOE, aktuell VW ID3, je 10.000 km pro Jahr: Ich bin begeistert. Und allen Unkenrufen von Verbrennerfans zum Trotz: Ich bin noch nie irgendwo stromlos stehengeblieben.