29.09.2023
Jahrelang Klimastreiks, und was nun?
Ein Bericht von Tatiana Abarzúa
Vor zwei Wochen fanden erneut hunderte von Klimaschutzkundgebungen und -demonstrationen weltweit statt. Fridays for Future (FFF) hatte zum 13. globalen Klimastreik aufgerufen, unterstützt von über hundert Organisationen. Auch Forschende in der Arktis, vom Forschungsschiff „Polarstern“, beteiligten sich am Klimaprotest. Was treibt die Klimabewegten an und was fordern sie?
An dem Klimastreik Mitte September beteiligten sich nach FFF-Angaben bundesweit 250.000 Menschen. Allein in Berlin waren es demnach 24.000, in Hamburg 22.000 und in München 10.000 Menschen. Was die Protestierenden in den Demonstrationszügen und die Klimawissenschaftler:innen in der Arktis eint, ist die Forderung nach einer Beendigung der Nutzung fossiler Brennstoffe.
Laut für Klimaschutz
Eine weitere Forderung des FFF-Netzwerks an die Politik ist, dass konsequente Maßnahmen für Klimagerechtigkeit umgesetzt werden. Seit fünf Jahren finden die Klimaproteste statt. Die Beteiligung war auch diesmal groß. Wenngleich in Bezug auf Berlin die Beteiligung vor vier Jahren, mit mehr als 100.000 Demonstrierenden, wesentlich höher war als in diesem Jahr.
Ein Grund dafür könnte eine Polarisierung in der Gesellschaft sein, auf die Auswertungen von Umfragen hinweisen (siehe weiteren DGS-News Beitrag über Klima- und Klebeproteste und Menschen, die Klimaveränderungen nicht als Bedrohung wahrnehmen).
Auf die Debatte über die richtige Art des Klimaaktivismus ging Luisa Neubauer (FFF) bei ihrer Rede bei der Auftaktkundgebung in Berlin kurz ein: „Wir müssen uns nicht einig werden, welche Protestform die beste ist. Wir müssen uns einig werden, dass es Protest braucht.“
Kritik und Forderungen der Klimabewegten
Bereits Wochen vor dem Klimastreik, gab es Kritik an den politischen Entscheidungsträger:innen, aufgrund der geplanten „Abschwächung“ des Klimaschutzgesetzes. Damit sind Beschlüsse des Koalitionsausschusses gemeint, die festlegen, dass anstelle der bisherigen, genauen Zielvorgaben für die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und Sonstiges nun Jahresemissionsmengen zu einem Gesamtklimaschutzziel addiert werden sollen (die DGS-News berichteten). „Für die Grünen ist die Aufhebung der Sektorziele ein Zugeständnis an die FDP.“, wie die Tagesschau feststellt.
Weitere FFF-Forderungen sind „eine echte Verkehrswende“ sowie die Einführung von „Klimageld“. Letzteres hatte die Ampelkoalition im Koalitionsvertrag formuliert, mit dem Argument „einen sozialen Kompensationsmechanismus“ zu entwickeln um im Zusammenhang mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz „einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren“.
Die Forderungen der Klimastreikenden decken sich mit Vorschlägen vom Verein Klima-Allianz Deutschland, die kürzlich in einem Debattenpapier veröffentlicht wurden. Dieses Bündnis fordert ebenso eine Stärkung des Klimaschutzgesetzes. „Wir erwarten von der Bundesregierung und den Mitgliedern des Deutschen Bundestages, sich für ein starkes Klimaschutzgesetz mit verbindlichen Sektorzielen, eindeutiger Ressortverantwortlichkeit und wirkungsvollen Nachsteuerungs- und Sanktionsmechanismen einzusetzen“, ist im Debattenpapier nachzulesen.
Zum Thema Klimageld argumentieren sie, dass dieses „ein wichtiger Eckpfeiler einer sozial gerechten Klimapolitik“ sei, und fordern, dass es „noch in dieser Legislaturperiode“ umgesetzt werde.
Die nächsten fünf Jahre
In ihrem Aufruf zum Klimastreik schrieben die FFF-Aktivist:innen: „Die nächsten fünf Jahre werden vermutlich die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnung“. Ob das so sein wird, kann nur die Zukunft zeigen. Allerdings passt die Vermutung sehr gut zu den Aussagen, die der Deutsche Wetterdienst (DWD) diesen Monat beim Extremwetterkongress getroffen hat. So sagte Tobias Fuchs, Leiter des Geschäftsbereiches Klima und Umwelt und Vorstandsmitglied des DWD: „Bei ungebremstem Treibhausgasausstoß erwarten wir für den Zeitraum 2031-2060 eine weitere Zunahme um 5 bis 10 heiße Tage im Jahr in Norddeutschland und von 10 bis 20 heißen Tagen in Süddeutschland.“ Außerdem stelle 2023 das Jahr dar, „in dem die Entwicklung der extremen Wetterereignisse ein Maß erreicht hat, in dem es keine Möglichkeit mehr der Leugnung des Klimawandels und der menschlichen Ursachen gibt“. Nie zuvor seien die globalen Luft- und Wassertemperaturen so hoch gewesen, wie in diesem Jahr. „Nie zuvor haben Hitzerekorde und Waldbrände ein solches Ausmaß erreicht wie 2023“, so Fuchs.