22.09.2023
Ein Fast-Hochhaus, das in 13 Monaten steht
Ein Bericht von Heinz Wraneschitz
Wohngebäude fehlen – gerade in Städten. Ein Beispiel aus Franken, wo auf einem Grundstück an Stelle eines 8-Parteien-Hauses ein 24-Wohnungsgebäude in Holzhybridbauweise entsteht.
Acht Stockwerke soll es einmal haben und 24 Wohnparteien Platz bieten, das höchste Holz-Hybrid-Mietwohngebäude Deutschlands. Beim Spatenstich Mitte September im Fürther Stadtteil Hardhöhe wurde bereits verkündet: Noch im laufenden Jahr soll das Richtfest stattfinden.
Normalerweise dauert es nach dem Sandwerfen für ein so hohes Wohngebäude oft Jahre, bis der Bau abgeschlossen ist. Dieses Haus aber mit 24 Wohneinheiten soll aber schon in 13 Monaten bezogen werden. Das sei Dank Holz-Hybrid-Bautechnik möglich, die hier in serieller Bauweise ausgeführt werde, hieß es von den Beteiligten.
Die Partner haben mit diesem Baustil Erfahrungen. Für die städtische Fürther Wohnungsbaugesellschaft WBG ist es bereits das vierte Wohngebäude, das sie so errichten lässt. Der Baupartner ist Bau und Projekte (B+O) aus Bad Aibling, die seit einigen Jahren mit dieser Art zu bauen Erfahrungen hat. So haben WBG und B+O gemeinsam auch ein nur wenige 100 Meter entferntes fünfstöckiges Mietsgebäude (siehe Foto) in eben diesem Baustil gemeinsam errichtet.
Doch ein achtstöckiges Holz-Hybrid-Haus, das als Mietwohnungsgebäude genutzt wird, gibt es laut der Datenbank des „Council on Tall Buildings“ in Deutschland bisher nicht; in Bayern wird das Fürther Gebäude gar die Acht-Stock-Premiere eines Holz-Hybrid-Hauses sein. Lediglich in Heilbronn, Berlin und Hamburg stehen schon Achtgeschosser dieser Bauart; die werden aber entweder als Gewerbe-Immobilie oder Eigentumswohnungen genutzt.
Doch die WBG errichtet das künftige Haus an der Komotauer Straße sogar mit Sozialwohnungen. Das hat einerseits dem Vorteil, dass 4,5 Mio. der Gesamtkosten von 6,3 Mio. Euro staatlich gefördert werden, wie Cornelia Breitzke von der Regierung von Mittelfranken verriet. Neben der Bundesförderung sind auch Zuschüsse des Freistaates Bayern darunter: aus dem Programm „Wohnungspakt Bayern“.
Hier erhalten jeweils die Investoren einen Zuschuss. Andererseits fallen laut WBG-Mann Perlhofer dadurch lediglich „Mieten von fünf bis sieben Euro je Quadratmeter (€/m²) an“, je nach Bedürftigkeit der Mietenden. Für die WBG wiederum erhöhen sich die Einnahmen durch staatliche Zuschüsse auf 9,80 €/m². Dank der verschiedenen Förderbedingungen sei sichergestellt, dass die Sozialbindung nicht nur 25, sondern 40 Jahre erhalten bleibt, war zu erfahren.
24 Familien werden also wohl schon im nächsten Jahr von der Fürther Warteliste gestrichen. Die weist aber laut Oberbürgermeister Thomas Jung zurzeit 700 Interessenten auf. Und glaubt man Cornelia Breitzke, dann ist das nur die registrierte Eisberg-Spitze der Bedürftigkeit: „Geförderte Wohnungen sind ganz wichtig. In Bayern hätten 60 Prozent Anspruch darauf. Es sind also beileibe nicht nur Hartz-IV-Empfänger“, erklärte die Regierungsmitarbeiterin.
>OB Jung sprach jedenfalls von einem „spektakulären Projekt, einer Renaissance des Höherbauens. Ein Flächensparprojekt“ nennt er das „neue“ auch. Denn vorher sei ein nicht mehr renovierungsfähiges 8-Parteien-Gebäude mit 400 m² Grundfläche hier gestanden; im entstehenden Haus mit gerade mal 320 m² Grundfläche kämen 24 Parteien unter.
Die werden sich in den barrierefreien Wohnungen mit Balkons und 16 cm dicken Vollholz-Außen- und tragenden Innenwänden bestimmt wohlfühlen, versprach Perlhofer. Wer am schon bestehenden fünfstöckigen Hybridhaus in der Siemensstraße vorbeiläuft, sieht jedenfalls viele strahlende Gesichter.
Das neue Projekt weist laut WBG auch energetisch einige Besonderheiten auf. Zum Verbrauch nennt die WBG Werte des „Neubaustandard laut Gebäudeenergiegesetz GEG“, konkret 17,1 kWh/m²*a Endenergiebedarf. Denn die Wärme für die Fußbodenheizung liefert eine Wärmepumpe. Und die Mieter können günstigen Strom vom begrünten Dach beziehen: Dort wird eine Photovoltaik-Anlage nach dem Mieterstrommodell montiert werden.
Aber was steckt eigentlich konkret hinter dieser Holz-Hybrid-Bauweise? Das Haus bestehe aus einer Mischung aus Beton für Keller, Aufzugschacht, Treppen und Decken, Vollholz in den Wänden, erklärte B+O-Geschäftsführer Martin Jungandreas. Die Zwischendecken seien als Hohlkörper ausgeführt, was Material spare. Die Wände würden im eigenen Holzwerk produziert und dort schon mit der notwendigen Wärmedämmung sowie der Holzfassade versehen. Sogar die Fenster werden bereits im Werk montiert. Meist zwei Teilstücke je Fassadenseite müssten auf der Baustelle dann lediglich noch verspachtelt werden. „Das ist auch eine Antwort auf den Fachkräftemangel im Baugewerbe“, so Jungandreas.
Die WBG konkretisiert: „Im Bauprozess wird bis zu 70% der CO2-Emission im Vergleich zu herkömmlicher Massivbauweise in Stahlbeton eingespart. Durch den Bezug von Ökostrom aus regenerativen Quellen in Kombination mit der strombasierten Haustechnik und dem Einsatz einer PV-Anlage, wird ein klimaneutraler Betrieb des Gebäudes möglich.“
Für das städtische Wohnungsunternehmen WBG wie auch für die Stadt bedeutet das serielle Bauen wiederum Erleichterung bei Planung und Genehmigung: Weil „die ganze Planung schon da ist, schafft das Kapazitäten in der Bauverwaltung“, ergänzte Rolf Perlhofer. Für OB Jung ist die WBG und damit die Stadt Fürth jedenfalls „auf einem guten, nachhaltigen Weg“ – auch dank des ersten achtgeschossigen Holz-Hybrid-Mietsgebäude in ganz Deutschland.