08.09.2023
Das neue Förderprogramm für Wallbox und PV/Batteriespeicher
Eine Einschätzung von Jörg Sutter
In dieser Woche wurden die Details eines neues Förderprogramms veröffentlicht, mit dem die Kombination von Elektromobilität und Photovoltaik vorangebracht werden soll. Wir wollen an dieser Stelle versuchen, das ein wenig einzuordnen und dabei schon auf möglichen Probleme und Einschränkungen aufmerksam machen.
Trotz vorheriger Ankündigung kann man ein wenig überrascht sein: Kurz vor der Mobilitätsmesse IAA verkündet nicht das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, sondern das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) die Details für ein neues Förderprogramm, das mit immerhin bis zu 500 Mio. Euro ausgestattet ist.
Die öffentliche Aufmerksamkeit war spätestens mit der Förderhöchstgrenze von „bis zu 10.200 Euro“ erreicht, die beantragt werden kann. In der Praxis wird das „bis zu“ wichtig sein, doch dazu weiter unten.
War das notwendig?
Die Frage, ob es ein solch neues Förderprogramm bedarf, kann je nach Blickwinkel unterschiedlich beantwortet werden. Solarfirmen, die Kombinationen von PV, Ladestationen und Batteriespeicher anbieten, werden sich freuen und das als Umsatztreiber positiv bewerten. Auch die Presseabteilung des BMDV kann einmal wieder was Positives verkünden, nachdem hier in letzter Zeit durch den umgekehrten Don-Quijote-Kampf des Verkehrsministers für E-Fuels bei PKW oft die Kritik größer war als die positive Stimmung.
Doch braucht es dieses Förderprogram wirklich? Der PV-Markt läuft in diesem Jahr auf einen neuen Installationsrekord zu; und wir sehen unten, dass einige Einschränkungen dazu führen werden, dass das Programm bei weitem nicht von allen PV-Interessenten genutzt werden kann. Es hat nicht lange gedauert, bis Kritik geäußert wurde, der FDP-Verkehrsminister würde damit schon wieder Klientelpolitik machen.
Die Eckpunkte
Die Eckdaten klingen erst einmal interessant: Bis zu 10.200 Euro als Investitionszuschuss, Anträge können ab 26. September gestellt werden. Die Abwicklung läuft über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die die Förderung unter der Programmnummer 442 „Solarstrom für Elektroautos“ führt und auch die Förderbedingungen hier bereit hält.
Gefördert wird die Anschaffung einer PV-Anlage, eines Batteriespeichers und einer Wallbox für das Elektroauto, jedoch nur in Kombination, nicht nur eine PV-Anlage oder nur eine Wallbox.
Der Zuschuss setzt sich aus den folgenden Teilbeträgen zusammen:
- für die Ladestation: 600 Euro pauschal – oder bei bidirektionaler Ladefähigkeit 1.200 Euro pauschal
- für die Photovoltaikanlage: 600 Euro pro kWp, maximal 6.000 Euro
- für den Solarstromspeicher: 250 Euro pro kWh, maximal 3.000 Euro
Die Die Förderung darf auch nicht mit lokalen Zuschüssen kombiniert werden, das kann für Einwohner z.B. von Freiburg oder Düsseldorf enttäuschend sein.
Die Einschränkungen
Wer sich über die hohe Fördersumme freut, kann jedoch schnell ernüchtert sein, wenn es um die Förderbedingungen und Einschränkungen geht. Vorneweg: Es wird bei weitem nicht jeder, der sich dafür interessiert, auch die Förderung in Anspruch nehmen können. Man muss betrachten: Als Programm aus dem Verkehrsministerium soll ist der Ausbau von Elektromobilität und Ladeinfrastruktur das Ziel, nicht die Verbreitung der Photovoltaik.
Die erste Einschränkung ist: der Interessent muss bereits ein Elektroauto besitzen oder zumindest verbindlich bestellt haben. Damit wird der Personenkreis schon deutlich eingeschränkt: Von rund 70 Millionen Erwachsenen in Deutschland (nach Destatis) erst einmal auf rund eine Million E-Auto-Besitzer. 48,8 Millionen PKW waren zum 1. Januar in Deutschland zugelassen, mit einem Elektro-Anteil von 2,1 Prozent sind rund eine Million Elektroautos bei uns auf der Straße.
Es müssen reine batterieelektrischen Fahrzeuge (BEV) sein, Hybride werden nicht gefördert, allen Lippenbekenntnissen zur Technologieoffenheit der Ministerpartei zum Trotz. Keine Hybride mehr zu fördern, war bei der Fahrzeugförderung sinnvoll, denn da wurde für viele Fahrzeuge Förderung in Anspruch genommen, die dann in der Praxis nie elektrisch gefahren wurden. Doch wenn ein Hybrid-Besitzer nun eine PV-Anlage mit Wallbox bauen möchte: Warum ist das nicht förderwürdig? Auch ärgern sich zurecht die Familien, die Interesse an PV haben, aber ihren Alltag mit öffentlichem Verkehr oder anderen Verkehrsmitteln meistern: Sie bleiben auch außen vor, denn es ist eben ein Programm für Elektromobilität und nicht für Photovoltaik.
Eine weitere Einschränkung begrenzt den Personenkreis weiter: Sowohl das Elektroauto muss privat sein als auch das Haus, das solar ausgestattet werden soll. Und nicht nur das: Der Antragsteller muss in Person Eigentümer des Fahrzeugs und selbst bewohnender Eigentümer des Hauses sein. Wenn das Haus der Verwandtschaft gehört oder das Fahrzeug der Firma, dann ist man „draußen“, ebenso wenn das Wohnhaus erst noch gebaut wird. Auch vermietete Familienheime sind außen vor. Und gerade bei der „privat“-Anforderung der Fahrzeuge wird das für viele ein Problem werden: Laut Statista liegt bei den PKW-Neuzulassungen der Anteil gewerblicher Halter in diesem Jahr bei rund 68 Prozent. Die sind für das Förderprogramm allesamt nicht förderberechtigt.
Stromverwendung
Eine Anforderung für die Stromverwendung gibt es auch: Der Strom der PV-Anlage und des Batteriespeichers soll „vorrangig“ für das Elektroauto verwendet werden. Heißt das, dass ich tagsüber nur Laden darf, aber keinen Solarstrom im Haus verwenden? Und was mache ich bei einem Pendlerfahrzeug mit dem Überschuss, den ich an einem sonnigen Tag erzeuge, aber nur zum Teil im Batteriespeicher für eine spätere Autoladung verwenden kann?
Und auch für die Stromherkunft des Reststromes wird eine Anforderung an Fördernehmer gestellt: Es muss zu 100 Prozent Ökostrom sein. Wer also die bisher beschriebenen Bedingungen erfüllt, muss eventuell seinen Stromversorger wechseln und einen Ökostrom-Tarif abschließen.
Kompliziert? Kommt noch
Doch wir sind noch nicht am Ende der Anforderungen angekommen. Laut Förderprogramm ist es auch erforderlich, dass die Wallbox, die gefördert wird, zukunftsfähig und mit offenen Schnittstellen versehen ist. Da das für Interessenten undurchsichtig sein kann, wird das Ministerium noch in diesem Monat eine Liste der Wallboxen veröffentlichen, die förderfähig sind. Andere werden nicht gefördert. Das könnte für Interessenten zum Problem werden, wenn sie schon einen bestimmten Anbieter für die Wallbox oder eine umfassende Energielösung im Auge haben, dieser dann aber in der Liste nicht verzeichnet ist.
Und eine weitere Bedingung: Beim Interessenten muss schon die Perspektive auf Smart-Meter-Umrüstung bestehen: Entweder muss der Hauseigentümer selbst schon die Umrüstung beauftragt haben oder eine Ankündigung seines Meßstellenbetreibers vorlegen, dass die Umrüstung erfolgt.
Grundsätzlich ist das natürlich sinnvoll, hier gleich mit Smartmeter zu arbeiten, doch in der Gesamtbetrachtung sind es damit eben sehr viele Forderungen, die ein Interessent erfüllen muss, um überhaupt eine Chance zu haben, an die Fördersumme gelangen zu können.
Zukunft mitgedacht
Und noch eine letzte Einschränkung, nachdem auch das Ministerium die maximale Förderhöhe so betont: Zumindest am Anfang werden wenige Interessenten in den Genuss der vollen Förderhöhe kommen können. Der Maximalbetrag von 10.200 Euro wird nur gewährt, wenn auch eine bidirektionale Fähigkeit zur Rückspeisung ins Hausnetz (Vehicle-to-home V2H) vorgesehen wird und die Wallbox diese technische Fähigkeit mitbringt. Ansonsten fällt die Förderung auf max. 9.600 Euro herunter. Das ist ein Blick in die Zukunft, denn nur wenige Fahrzeuge und noch weniger Wallboxen können das heute schon mit dem bei uns üblichen Steckersystemen umsetzen. Aber sehen wir das positiv: Da ist für die kommenden Jahre die Zukunft einmal vorgedacht worden.
Ausblick
Natürlich können die Förderbedingungen jetzt diskutiert werden, doch geändert werden sie zum Start mit Sicherheit nicht mehr, Anträge können ab dem 26.09. gestellt werden. Anregungen oder Hinweise nehme ich gerne unter sutter(at)dgs.de entgegen. Ob genug Geld im Topf ist, wird sich zeigen (das „bis zu“ schlägt hier wieder zu) und auch ob sich viele Antragsteller finden werden. Meine Vermutung: Das Interesse wird aufgrund der vielen Einschränkungen eher verhalten bleiben. Aber warten wir es ab.
Seminartipp zu dem Thema:
Das neue Bundesförderprogramm "Solarstrom für Elektrofahrzeuge"
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