28.07.2023
Der AbwärmeRebell
Ein Überblick von Götz Warnke
Wie schon beim SolarRebell, so geht es auch beim AbwärmeRebell um häusliche Energieautarkie, nicht um Abwärmesysteme von Kommunen oder Industriebetrieben. Es geht um die Minimierung von häuslichen Wärmeverlusten durch Wärmerecycling und -Second-Use mit dem Ziel, autarker gegenüber Energiekonzernen gleich welcher Provenienz zu werden. Der von mir so benannte „AbwärmeRebell“ steht idealtypisch für einen Menschen, der verstanden hat, dass 50 Prozent der im privaten Bereich eingesetzten Energie für Heizung sowie Warmwasser aufgewendet wird, und der hier weitreichend gegen die Energieverluste angehen will.
Das ist allerdings gar nicht so einfach. Denn während der SolarRebell sich auf die Nutzung einer Energiequelle – der Sonne – und eine Energieernte-Technik – der Photovoltaik – konzentrieren kann, sollte der AbwärmeRebell gleich mehrere Energielieferanten (Luft, Wasser, Festkörper) und verschiedene Energieerntetechniken in seine Bestrebungen einbeziehen. Sehen wir uns einige der Optionen an:
Luft
Nordrhein-Westfalen, Du hast es besser! Denn NRW fördert wohneinheitszentrale Lüftungsanlagen (Haus oder Wohnung) mit Wärmerückgewinnung bis Ende 2023: im Neubau mit 1.000 € , im Bestandsbau mit 2.000 €. Die Betonung liegt hier auf Wärmerückgewinnung, und der finanzielle Unterschied zwischen Neubau und Altbau ist durchaus gerechtfertigt: schließlich ist gerade im Bestand mit dem nachträglichen Einbau der Verrohrung und der Elektroinstallation für den Luftaustausch ein nicht unerheblicher Aufwand verbunden.
Ebenfalls eine Förderung von 1.000 € gibt NRW, wenn eine ganze Wohnung mit dezentralen Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung ausstattet wird. Hierbei muss in den Räumen mindestens je eine Kernbohrung durch die Außenwand vorgenommen werden. Da die Bohrung meist einen Durchmesser von ca. 18 Zentimeter hat und diese auch durch die Isolierung des Hauses geht, ist hier ein Fachbetrieb notwendig. Danach wird in die Bohrung die Lufttauschereinheit mit Wärmetauscher und Ventilatoreinheit installiert, und der Ventilator elektrisch angeschlossen. Bei den Wärmetauschern gibt es unterschiedliche Systeme: Rekuperatoren, bei denen die warme und kalte Luft in unterschiedlichen Kanälen wärmetauschend aneinander vorbei strömen, und Regeneratoren, bei denen der keramische oder metallene Speicherkörper abwechselnd – z.B. alle 70 Sekunden – von der warmen und von der kalten Luft durchströmt wird.
Neben den o.a. Techniken und Auslegungsvarianten gibt es eine weitere wichtige Unterscheidung: konstante oder bedarfsgerechte Lüftung. Während die erste Form selbsterklärend ist, arbeitet die zweite Lüftungsform nur, wenn die installierte Sensorik einen erhöhten Bedarf anzeigt. Und der kann sich in einem Haus oder einem Einzelraum aus verschiedenen Gründen ergeben: in benutzten Bädern und Küchen durch einen zu hohen Feuchtigkeitsgehalt der Luft, nächtens im Schlafzimmer oder tagsüber im Wohnzimmer bei einem zu hohen CO2-Gehalt der Atemluft. Durch diese direkte Bekämpfung von Luftproblemen muss die Lüftung nicht ständig laufen, was nicht nur Strom spart, sondern auch die Wärmeverluste nochmals reduziert.
Wasser
In jedem bewohnten Haus fällt eine Menge Grauwasser an: aus Badewanne, Dusche, Waschbecken und Küchenausguss, von Waschmaschine und Geschirrspüler. Und dieses ca. 30°C warme Grauwasser transportiert erhebliche Wärmemengen außer Haus, die vorher für teuer Geld erzeugt wurden. Immerhin werden durchschnittlich ca. 130 Liter Grauwasser pro Tag in einem Haushalt verbraucht.
Doch die Wärme des Grauwassers lässt sich nutzen, um damit Nutzwasser auf- bzw. vorzuwärmen – z.B. wieder für die entsprechenden Geräte. Auch hier gibt es zentrale und dezentrale Systeme. Die zentralen Systeme haben den Nachteil, dass im Haus ein gesondertes Grauwassersystem installiert sein muss, das strikt vom Schwarzwasser (Toiletten) getrennt ist. Im zentralen System wird das Grauwasser gereinigt, und durch einen Wärmetauscher oder über eine Wärmepumpe geführt, der/die ihm die Wärme zugunsten der zentralen Warmwasserbereitung/Heizung entzieht. Anschließend ließe sich das entwärmte Grauwasser immer noch für die Toilettenspülung nutzen – aber dann sind wir schon beim „WasserRebell“.
Wer solche Umbauten, wie sie eigentlich nur im Neubau finanziell tragbar sind, vermeiden will, muss sich die dezentralen Systeme anschauen. Zwar sind auch hier gewissen Umbauten nötig, aber in deutlich geringerem Umfang. Hier wird das warme Grauwasser möglichst dicht am Erzeuger durch einen Platten- oder Röhrenwärmetauscher geleitet, und mit der dort entzogenen Wärme wird gleich das frisch zugeführte Nutzwasser erwärmt. Das lässt sich leichter bei Geräten mit Kaltwasseranschluss wie Waschmaschinen und Geschirrspüler umsetzen als z.B. bei Duschen. Ob eine dezentrale Lösung auch bei Badewannen möglich ist? Erfinder:innen bitte vortreten!
Aus einem Kubikmeter rund 30°C warmen Grauwassers lassen sich etwas unter 15 kWh Wärme gewinnen. Es ist klar, dass dieses Potential auch Begehrlichkeiten bei den meist kommunalen Entsorgern weckt. Doch eine außerhäusliche Abwärmenutzung des Grauwassers ist allenfalls die drittbeste Lösung: ein von dem Ingenieurbüro „Nolde & Partner innovative Wasserkonzepte“ umgesetztes und von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördertes Pilotprojekt in einem Mehrfamilienhaus am Berliner Arnimplatz hat gezeigt, dass durch ein 100-200 mm dickes Abwasserrohr mehr Wärme verloren gehen kann als durch die gesamte Außenhülle eines Passivhauses.
Festkörper
Der dritte, im Hausbereich kleinste Teil betrifft die Abwärmenutzung von Festkörpern. Da ist erst einmal die Kochkiste, die heute ein kleines Comeback erlebt. Hier wird die Wärme des vom Herd kommenden Kochtopfes mittels Isolierung dazu verwendet, das Essen fertig zu garen, was auf dem aus Energiespargründen abgeschalteten Herd nicht (mehr) möglich wäre. Zum anderen gibt es thermoelektrische Ofenventilatoren, die die von der oberen Abdeckplatte des Ofens abgegebene Wärme dazu benutzen, einen Ventilator anzutreiben, der die Ofenwärme besser im Raum verteilt. Dies nur als Beispiele für die unterschiedlichen Möglichkeiten.
Fazit
Die private Abwärmenutzung ist ein wichtiger Energielieferant, insbesondere wenn auf Erneuerbare Energien und ein „mehr“ an häuslicher Energie-Autarkie gesetzt wird. Ohne die Einbindung von Abwärme wird ein hohes Maß an Energie-Autarkie unmöglich oder zumindest sehr, sehr teuer.