06.08.2021
Wie weit ist der PV-Ausbau in Deutschland?
Ein Bericht von Tatiana Abarzúa
Die aktuellsten Zubau- und Summenwerte zeigen: die installierte PV-Leistung erhöhte sich im Juni um 428,54 Megawatt (MWp). Hierbei handelt es sich um Solarstromanlagen, die eine EEG-Vergütung erhalten und im Marktstammdatenregister genannt sind. Der Zubau für das erste Halbjahr 2021 belief sich somit auf eine installierte Anlagenleistung von 2,75 Gigawatt (GWp), wie den von der Bundesnetzagentur veröffentlichten Daten zu entnehmen ist. Insgesamt sind somit bundesweit knapp 57 GWp an PV-Anlagen installiert.
Rückblick auf 2020
Die Photovoltaik in Deutschland hat eine Ausbaubremse weniger: Wie im Herbst 2019 vom Wirtschaftsministerium angekündigt und im Rahmen des Klimapakets beschlossen, haben die Bundestagsabgeordneten den 52 GW-Solardeckel schließlich im Juni 2020 abgeschafft (Die DGS News berichteten). Initiiert wurde die Gesetzesänderung im Bundesrat mit einem Antrag des Landes Schleswig-Holstein für einen Bundesratsbeschluss für die entsprechende Anpassung des § 49 EEG (Die DGS News berichteten). Wenige Wochen später erreichte die Zubaumenge 52 GWp und bis Ende des Jahres 54 GWp, wie das Umweltbundesamt (UBA) berichtet. In Ihrer Zusammenfassung über die Entwicklung der Erneuerbaren Energien betont die Umweltbehörde einen Trend: Der Zubau stieg das zweite Jahr in Folge. 2020 waren es 4,8 GWp, 2019 erreichte der Ausbau 3,9 GWp. Dagegen betrug der durchschnittliche Zubau in den Jahren 2013 bis 2018 1,8 GWp (Die DGS News berichteten). Das UBA begründete diese positive Entwicklung mit gesunkenen Kosten für PV-Module und Speichersysteme. Bis Ende 2020 wurden in Deutschland zwei Millionen Solarstrom-Anlagen und geschätzte 272.000 Speicher installiert, das zeigen die statistischen Zahlen des Bundesverbands Solarwirtschaft über die deutsche Solarstrombranche. Die PV-Anlagen speisten 51 Terrawattstunden (TWh) – brutto – in das öffentliche Netz ein, ein Anstieg von 4,3 TWh im Vergleich zum Vorjahr. Wie Prof. Dr. Bruno Burger Anfang des Jahres auf der Webpräsenz energy-charts.info informierte, wurde am 01.06.2020 um 13:00 Uhr mit ca. 37,2 GWp ein Maximum an Solarleistung erreicht. Der höchste Anteil des Solarstroms an der gesamten Tagesenergie aller Stromquellen lag am 21. Mai bei 32 %. Die Datenchronik zeigt auch: „Von März bis September 2020 war die monatliche Stromerzeugung von PV-Anlagen höher als die von Steinkohlekraftwerken.“
Erforderlich: 200 GWp bis 2030
Das bisherige bundespolitische PV-Ausbauziel ist 100 GWp bis 2030 (EEG 2021, §4). Das wären weniger als 5 GWp PV-Zubau pro Jahr. Dieses Jahr, am 12. Mai 2021, hat die Bundesregierung „Klimaneutralität bis 2045“ als neues Klimaziel beschlossen. Was dabei noch fehlt: eine konsequente Anpassung des PV-Ausbauziels an die Klimaziele. Teilnehmende des PV-Symposiums fordern mindestens 200 GWp als PV-Ausbauziel bis 2030. Das erfordere zweistellige Zubauzahlen von mindestens 15 GWp jährlich – netto – so die Unterzeichnenden in Ihrer Erklärung. Ein solches Ausbauziel könnte schneller erreicht werden, wenn das Potential an Dachflächen – etwa mittels einer bundesweiten Solarbaupflicht für alle Neubauten ab 2022 – und an Freiflächen – etwa auf stillgelegten öffentlichen Flughäfen, Tagebauflächen oder ungenutzte Agrarflächen, Wasserflächen und Autobahnrandflächen – besser genutzt wird. Solche Maßnahmen hatte der Klima-Bürgerrat vorgeschlagen (Die DGS News berichteten).
Erforderlich: bis zu 450 GWp bis 2040 und 500 GWp bis 2045
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) betrachtet für den jährlichen Zubau nach 2030 teilweise höhere Zubaumengen als 15 GWp als erforderlich. „Nehmen wir uns für einen PV-Ausbau auf 300 bis 450 GWp Zeit bis 2040, so müssen jährlich im Mittel 12 bis 20 GWp PV neu gebaut werden“, wie in den PV-Fakten nachzulesen ist. Die entsprechende Solarstromproduktion läge dann bei 285 bis 430 TWh/a. Der Schwerpunkt in dem Zeithorizont bis 2040 müsse bei der Speicherung liegen. Neben dem allmählichen PV-Ausbau betrifft das eine vollständige Umstellung auf Erneuerbare Energien bei der Wärmeversorgung sowie im Bereich Mobilität (Strom bzw. synthetische Kraftstoffe aus erneuerbaren Quellen) und den massiven Ausbau der Wandlung und Speicherung von Erneuerbaren Energien (insbesondere Strom-zu-Strom) über EE-Gas und Batterien. Auf Grundlage von Modellierungen verschiedener Szenarien sei eine Größenordnung von 400 bis 500 GWp installierter PV-Leistung plausibel, so das ISE. Mit Blick auf das Klimaziel „Klimaneutralität bis 2045“: “Nehmen wir uns für einen PV-Ausbau auf 500 GWp Zeit bis 2045, so müssen jährlich im Mittel 18 GWp PV neu gebaut werden.“ Außerdem müssten nach und nach Altanlagen ersetzt werden, bei einer angenommenen Nutzungsdauer von gut 30 Jahren seien das etwa 10 bis 15 GWp pro Jahr.
Last but not least
Die PV-Fakten weisen auch darauf hin, dass die Produktion von Solarmodulen in Deutschland „langfristige Versorgungssicherheit bei hohen Öko- und Qualitätsstandards“ biete. Wie das ISE an anderer Stelle berichtet, sind Produktionsstätten in vielen europäischen Ländern in Betrieb, mit einer jährlichen Gesamtkapazität von 7 GWp. Zudem gebe es derzeit „Produktionskapazitäten für umgerechnet 50 GWp solare Leistung pro Jahr für Siliciummaterial“.