31.01.2020
Investoren auf dem Weg ins Grüne
Nicht erst seit gestern legen große Firmen und Konzerne Pläne vor, mit denen sie versprechen, in Zukunft klimaneutral zu werden. Mal mehr oder weniger ambitioniert, mal nur durch den Zukauf von Zertifikaten, mal mit eigenen Investitionen, z.B. in die Energieerzeugung aus Erneuerbaren Energien.
Eines der aktuellen Beispiele: Mit viel Medienaufmerksamkeit hat Microsoft Mitte Januar mitgeteilt, dass der Konzern in 10 Jahren klimaneutral agieren möchte. Bis zum Jahr 2050 will Microsoft sogar "sämtliches CO2 aus der Atmosphäre entfernen, dass unser Unternehmen seit der Gründung im Jahr 1975 entweder direkt oder durch seinen Stromverbrauch emittiert hat", hat Microsoft-Präsident Brad Smith versprochen. Bemerkenswert dabei: Das Ziel bezieht sich nicht nur auf die direkten Emissionen des Unternehmens, sondern auch auf die Emissionen durch Wärme- und Stromnutzung sowie alle indirekt verursachten Emissionen (vom Gebäudebau bis zur Dienstreise von Mitarbeitern). Allerdings steht Microsoft auch – wie der Siemens Konzern – in der Kritik, weil er trotz allen klimafreundlichen Ankündigungen weiter auch Kooperationsprojekte mit Firmen aus der fossilen Öl- und Gasbranche vorantreibt.
Beim Energiegipfel des Handelsblattes in Berlin vergangene Woche nannte Chefredakteur
Sven Afhüppe auch das Beispiel des SAP-Software-Konzerns, der es bald den Kunden ermöglichen möchte, in seiner Software eine eigene Klimawährung zu integrieren. Damit werden die industriellen Kunden in die Lage versetzt, Klimaschutz im täglichen Umgang mit ihren Produkten zu bewerten. Spannend wird in den kommenden Jahren zu beobachten sein, ob die Pläne zur Klimafreundlichkeit von großen Konzernen ernst genommen werden können. Um das zu belegen, müssten Projekte mit der Fossilindustrie auslaufen und nicht mehr verlängert werden. Und hier zeigt sich nun: Nicht nur Fridays for Future und andere Klimaschützer, sondern auch die Investoren beginnen langsam, Druck in diese Richtung auszuüben.
Druck von Finanzierern
Bei Geldgebern stehen in erster Linie Profit und die Perspektiven der Marktentwicklung im Vordergrund. Doch zur Einschätzung der Marktentwicklung gehört inzwischen auch, mögliche Zukunftsrisiken zu bewerten. Und hier wird derzeit umgedacht. Der Zufluss von Finanzmitteln wird langsam aber sicher umgelenkt von klimaschädlichen hin zu klimafreundlichen Technologien. Kapitalumschichtungen werden dann auch zwangsläufig die Änderung von Geschäftsmodellen verursachen. Noch erstaunlicher, dass diese Bewertung nicht in anonymen Tiefen der Bewertungscomputer von Wirtschaftsprüfern erfolgt, sondern inzwischen als Kriterium ganz offen ausgesprochen wird. „Der Klimawandel ist ein Investmentrisiko, denn er beeinflusst den langfristigen Erfolg eines Unternehmens und seinen Aktienkurs“, so ein deutscher Blackrock-Vertreter vor Kurzem in einem Interview gegenüber Focus Online. Der Chef dieses Konzerns, Larry Fink, lies dazu im Januar mit einem Schreiben aufhorchen, welches er an Firmenchefs von Unternehmen, an denen Blackrock beteiligt ist, gesendet hat: Fink betonte die Bedeutung des Klimaschutzes so: „Jede Regierung, jedes Unternehmen und jeder Anleger muss sich mit dem Klimawandel auseinandersetzen“. Das hat Blackrock viel Aufmerksamkeit verschafft, auch weil der Konzern Kundengelder in Höhe von 6.800 Mrd. Dollar verwaltet und damit der weltweit größte Investor ist. Auch viele deutsche Dax-Unternehmen, Blackrock ist dort mit rund 50 Mrd. Euro beteiligt, haben dieses Schreiben erhalten.
Interessant: Ungefähr die Hälfte der Blackrock-Gelder werden passiv investiert, also in Indicees angelegt und nicht auf einzelne Unternehmen oder Aktien. Damit wird ein Erfolg der ganzen Branche zugrunde gelegt und nicht auf einzelne Unternehmen gewettet. Zu den direkten Investitionen meinte Fink im Schreiben: „Wir werden uns von Anlagen trennen, die ein erhebliches Nachhaltigkeitsrisiko darstellen, wie zum Beispiel Wertpapiere von Kohleproduzenten“. Und Blackrock ist hier nicht allein: Beim Neujahrsempfang der Deutschen Bank hat auch deren Chef Christin Sewing die Bedeutung des Klimaschutzes betont: Langfristig werde „das Nachhaltigkeitsrating für ein Unternehmen genauso wichtig sein wie das herkömmliche Bonitätsrating“, so Sewing. Wie entzückt z.B. die Finanzierungskunden aus der deutschen Autoindustrie über dieses Statement waren, ist leider nicht überliefert.
Geld fließt zu Erneuerbaren Energien und Speichern
Im Jahr 2018 wurden über 300 Mrd. US-Dollar weltweit in Erneuerbare Energien investiert, Zahlen für 2019 liegen noch nicht vor. Und auch wenn die Zahl des letzten Jahres nicht weit darüber liegen wird: Durch die Preissenkungen gerade im PV-Markt kann selbstverständlich mit gleicher Investition mehr Anlagenleistung neu zugebaut werden.
Auch im Bereich der Speicherung lässt sich erkennen, dass diese Branche in den Fokus von Investoren gerückt ist: Nach einem Bericht der Mercom Capital Group wurde in 2019 doppelt so viel Venture Capital in diese Sparte investiert als noch 2018, insgesamt 1,7 Mrd. Dollar weltweit. Gesamt wurden Speicheranbieter mit 2,8 Mrd. Dollar finanziert. Von diesen Mittel floss der Großteil - 1,4 von 1,7 Mrd. Dollar - in die sehr kapitalintensive Errichtung von Batteriefabriken mit Li-Ionen-Technik, aber auch andere Batterietechniken wie Zink-Luft-Batterien oder auch Druckluftspeicher profitierten von diesen Finanzierungen.
Nicht nur große Investoren
Die großen Investoren geben oftmals die Linie der Unternehmenspolitik vor. Doch auch kleine Investoren wollen bald Druck machen. So hat in dieser Woche die DSW (Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz) angekündigt, bei den Hauptversammlungen auch auf Klimaschutz zu achten. Christiane Hölz, DSW-Landesgeschäftsführerin in Nordrhein-Westfalen, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: "Wenn die Strategie nicht ausreichend auf Nachhaltigkeit ausgerichtet oder der Nachhaltigkeitsbericht nicht aussagekräftig genug ist, werden wir das ansprechen." Gegebenenfalls würden DSW-Vertreter Vorstand oder Aufsichtsrat nicht entlasten. Das wird zwar nicht gefährlich für die Unternehmen werden, aber die eine oder andere negative Erwähnung in den Presseberichten zur Hauptversammlung wird das erzeugen und den Druck weiter erhöhen.
Jörg Sutter